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01 - Gott schütze dieses Haus

01 - Gott schütze dieses Haus

Titel: 01 - Gott schütze dieses Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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auf den Tisch im Dove and Whistle und ließ sich müde auf den Stuhl ihm gegenüber sinken.
    »Mit anderen Worten, niemand hat Russell Mowrey gesehen?«
    »Niemand hat ihn auch nur gekannt. Tessa allerdings wurde von den meisten wiedererkannt. Einige zogen pikiert die Brauen hoch und stellten ein paar spitze Fragen.«
    »Und wie haben Sie reagiert?«
    »So vage wie möglich, mit vielen lateinischen Sprüchen, um die Klippen zu umschiffen. Es klappte ganz gut, bis ich zu caveat emptor kam. Das hatte irgendwie nicht den gleichen beeindruckenden Klang wie die anderen Sprüche.«
    »Möchten Sie Ihre Enttäuschung vielleicht in einem Bier ertränken, Sergeant?« fragte er.
    »Nur ein Tonic«, antwortete sie und fügte, als sie seinen Gesichtsausdruck sah, erklärend hinzu: »Wirklich. Ich trinke nur selten, Sir. Ehrlich.« Mit einem Lächeln.
    »Ich hab' einen ziemlich faszinierenden Tag hinter mir«, berichtete Lynley, als er mit ihrem Getränk zurückkam. »Erst traf ich Madeline Gibson in einem heißen Negligé aus smaragdgrünem Satin mit nichts darunter.«
    »Ja, das Leben eines Kriminalbeamten ist schwer«, stellte Barbara ironisch fest.
    »Und oben wartete Gibson, bereit, in den Kahn zu springen. Ich war höchst willkommen.«
    »Das kann ich mir vorstellen.«
    »Dann hab' ich heute eine Menge über Gillian erfahren. Sie war ein Sonnenschein und ein Engel, eine rollige Katze oder das hinreißendste junge Mädchen, das man sich vorstellen kann. Es kommt ganz darauf an, wen man nach ihr fragt. Entweder ist diese Frau ein Chamäleon, oder die Leute hier geben sich die größte Mühe, den Anschein zu erwecken.«
    »Aber warum?«
    »Keine Ahnung. Es sei denn, sie haben aus bestimmten Gründen ein Interesse daran, sie als möglichst geheimnisvolles Wesen erscheinen zu lassen.«
    Er trank den letzten Schluck seines Biers, lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und streckte seine müden Glieder.
    »Aber den richtigen Spuk hab' ich heute auf dem Hof erlebt, Havers.«
    »Wieso?«
    »Stellen Sie es sich bitte bildlich vor: Ich heiß auf der Spur von Gillian Teys. Ein Gefühl sagte mir, daß des Rätsels Lösung sich in Robertas Zimmer befinden mußte. Ich stürzte mich also mit Leidenschaft in meine Nachforschungen, riß den Überzug von ihrem Sprungrahmen herunter und wäre beinahe in Ohnmacht gefallen vor Entsetzen.« Er schilderte ihr farbenfroh den Anblick.
    Barbara schnitt eine Grimasse. »Ich bin froh, daß ich da nicht dabei war.«
    »Oho, keine Sorge. Ich war viel zu erschüttert, um das Bett wieder in Ordnung zu bringen. Dazu brauche ich morgen Ihre Hilfe. Sagen wir, gleich nach dem Frühstück?«
    »Sie Ekel!« Sie lachte.

    In dem Häuschen an der Ecke der Bishop Furthing Road saß man offenbar beim Tee; einem späten Tee allerdings, der vermutlich auch gleich das Abendessen war. Constable Gabriel Langston hielt nämlich, als er ihnen öffnete, einen Teller mit diversen Leckerbissen in der Hand - kaltes Huhn, Käse, Obst und Kekse drängten sich auf dem angeschlagenen braunen Keramikteller.
    Langston wirkte sehr jung für einen Polizeibeamten, doch der Name Gabriel paßte zu ihm. Er war ein schmächtiger Mensch mit dünnem gelbem Haar, dessen Beschaffenheit an weihnachtliches Engelshaar erinnerte, und mit einer babyglatten Haut. Sein Gesicht wirkte irgendwie unfertig, so als wären die Knochen unter Haut und Muskeln zu weich.
    »Ich - ich w-w-wäre gleich zu Ihnen ge-gekommen«, stotterte er, vom Hals bis zur Stirn errötend, »als Sie hier ank-kamen. Aber man s-s-sagte mir, Sie würden zu mir k-k-kommen, wenn Sie etwas b-b-brauchen.«
    »Das hat Ihnen zweifellos Nies gesagt«, vermutete Lynley.
    Langston nickte verlegen und bat sie mit einer Geste in sein Haus.
    Der Tisch war für eine Person gedeckt. Langston stellte hastig seinen Teller ab, wischte sich die Hände an der Hose und bot Lynley dann die Rechte.
    »Freut m-m-mich, Sie beide k-k-kennenzulernen. T-t-tut mir leid, daß ...« Er errötete noch tiefer und wies hilflos auf seinen Mund, als fühle er sich für seine Sprachstörung verantwortlich. »T-tee?« fragte er eifrig.
    »Gern, danke. Und Sie, Sergeant?«
    »Ja, ich nehme auch gern eine Tasse«, sagte Barbara.
    Langston nickte mit offenkundiger Erleichterung, lächelte sie an und verschwand in einer winzigen Küche, die sich an das Zimmer anschloß. Das Häuschen war, das konnten sie deutlich sehen, gerade groß genug für eine Person. Es war peinlich sauber - gefegt, geschrubbt, ordentlich aufgeräumt.

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