01 - Neptun kann warten
Charlie, bis wir hier wieder raus sind./
///Auch wenn er ein …?///
/Ja. Besonders weil er das ist. Wie dem auch sei, wo hast du denn auf einmal gelernt, so gut mit Schimpfwörtern umzugehen?/
///Ich erforsche die Erinnerungen deiner Kultur.
Derartige Ausdrücke sind in deiner Gesellschaftsschicht Üblich, oder nicht?///
Bandicut musste zugeben, dass dem tatsächlich so war. Es entging ihm nicht, dass Massengale ihn misstrauisch musterte. Um den ausdruckslos starrenden Blick zu überspielen, den er zweifellos momentan hatte, rieb Bandicut sich den Kiefer, als wolle er eine nervöse Gesichtszuckung beruhigen. »Also«, murmelte er. »Ich nehme an, Sie haben eine andere Arbeit für mich?«
»Ja«, sagte Massengale. »Ich finde, Sie haben genug da draußen auf den Förderfahrzeugen herumgelungert; es ist an der Zeit, dass Sie was für Ihr Geld leisten. Und da man es in Ihrer eigenen Abteilung nicht für nötig gehalten hat, sie erneut anzufordern …« Er vollendete den Satz nicht, damit seine Worte besser wirken konnten, aber Bandicut erwiderte seinen Blick mit ausdrucksloser Miene. Massengale zuckte die Achseln. »Ich brauche Sie in Schacht Drei. Verletzungsbedingt sind mir einige Männer ausgefallen, und wir sind knapp an Arbeitskräften.«
»Ich weiß nicht das Geringste über Grubenarbeit«, gab Bandicut zu bedenken.
Massengale kicherte. »Sonst noch was Neues auf Lager?« Bandicut errötete. »Man wird Ihnen zeigen, was Sie wissen müssen. Vermasseln Sie diesmal bloß nichts!« Massengale starrte ihn noch einen Moment lang an, und Bandicut konnte seine Gedanken förmlich hören: Und wir brauchen keine gottverdammten Neuro-Homos da unten, also was auch immer dieser Ausdruck in deinem Gesicht bedeutet, ich will ihn nicht sehen. Aber alles, was Massengale tatsächlich sagte, war: »In zwanzig Minuten fährt ein Versorgungswagen raus. Sie müssten also noch genügend Zeit haben, sich einen Druckanzug zu schnappen.« Massengale verzog die Lippen zu einem dünnen Lächeln.
/Sie müssten also noch genügend Zeit haben/, äffte Bandicut ihn innerlich nach, während er zum Lagerraum ging, um sich einen Grubenanzug aushändigen zu lassen. /Nur zu gern würde ich den Kerl in einen seiner eigenen Minenschächte werfen!/
///Würde er bei dieser Schwerkraft nicht sehr langsam fallen? Ich weiß nicht, ob das Endergebnis tatsächlich das wäre, das du dir wünschst.///
Das war auch eher ein rhetorischer Kommentar./ Der erste Charlie hätte das begriffen, verdammt noch mal. Doch Bandicut hatte jetzt keine Zeit, darüber zu reden, und er wollte diesem Quarx auch nichts erklären müssen. Der Lagerraumroboter übergab ihm die Komponenten seines Anzugs, und Bandicut hatte nicht vor, den Vorbereitungsraum zu verlassen, bevor er die Einzelteile gründlich inspiziert hatte, die seine Haut vom Beinahe-Vakuum trennen würden. Also trat er erst weitere dreißig Minuten später durch die Luftschleuse, um nach dem Versorgungsfahrzeug Ausschau zu halten.
///Wodurch unterscheidet sich dieser Anzug so sehr von dem anderen?///,
fragte Charlie, als Bandicut am Abfahrtsdock der Förderraupen entlang schritt.
/Ein paar Lichter mehr, mehr Atemluft, größerer Schutz vor Höhleneinsturz/, murmelte Bandicut.
///Ach so. Höhleneinsturz? … ///
/Keine Sorge, das kommt nur selten vor./ Bandicut spähte über das Gelände und entdeckte schließlich den Transporter im gleißenden Schein der Flutlichter. Zwei Männer in Druckanzügen liefen vor dem Fahrzeug herum. /Zumindest hoffe ich das./
Charlie überdachte Bandicuts Worte für einen langen Moment.
///War das ein Beispiel für … Humor?///
/Ha ha ha./ Bandicut winkte der Gestalt zu, bei der es sich augenscheinlich um den Fahrer der Versorgungstransporters handelte. Die Gestalt gab ihm mit einer Geste zu verstehen, er solle sich beeilen und einsteigen.
Charlie schwieg, als Bandicut im hinteren Teil des Fahrzeugs Platz nahm und die Handgelenke in die Halteringe hakte. Der Transporter setzte sich mit einem Ruck in Bewegung, und Bandicut sah stumm zu, wie sie von den Parkdocks gen Süden fuhren, fort von den Oberflächenförderzonen, in Richtung von Schacht Drei.
Die Fahrt währte nicht lange. Trotzdem hatte Bandicut das schreckliche Gefühl, sich sehr weit von der Stelle zu entfernen, zu der er eigentlich wollte. Weit fort erschien ihm die Höhle von Charlie-Eins, weit weg der Translator. Bandicut war weit davon entfernt zu begreifen, worin zum Teufel die Aufgabe bestand, die er
Weitere Kostenlose Bücher