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01 - Nicht ohne meine Tochter

01 - Nicht ohne meine Tochter

Titel: 01 - Nicht ohne meine Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Betty Mahmoody
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kriegen!, sagte ich zu mir.
    Nach einer Weile wurde uns das Warten zu langweilig, sodass wir wieder über die Straße gingen, um nachzusehen, ob es nicht irgendeinen Hinweis darauf gab, wann das Geschäft wieder geöffnet wurde. Als wir auf die Straße traten, fuhr der Pakon schnell heran und hielt mit quietschenden Reifen vor uns. Vier weibliche Pasdaran sprangen heraus und umzingelten uns. Nur eine von ihnen sprach. »Sie sind wohl keine Iranerin?«, fragte sie anklagend in Farsi. »Nein.« »Woher kommen Sie?« »Ich komme aus den Vereinigten Staaten.«, sagte ich in Farsi. Sie sprach scharf und schnell, sah mir voll ins Gesicht und testete boshaft meine begrenzten Sprachkenntnisse. »Ich verstehe Sie nicht.«, stammelte ich. Das machte die weiblichen Pasdaran nur wütender. Sie fiel in ihrer unverständlichen Sprache über mich her, bis die kleine Mahtab schließlich eine Übersetzung zustande brachte. »Sie will wissen, warum du nichts mehr verstehst.«, erklärte Mahtab. »Sie hat gesagt, du hättest ja ganz gut begonnen, in Farsi zu reden.« »Sag ihr, dass ich nur ein paar Worte verstehe, sonst nichts.« Das besänftigte die Pasdar-Frauen etwas, aber sie plapperten weiter, bis Mahtab erklärte: »Sie haben dich angehalten, weil deine Strümpfe rutschen.« Ich zog meine anstoßerregenden Strümpfe hoch und die Frauen wandten sich zum Gehen, nicht ohne Mahtab eine letzte Anweisung zu geben. »Sag deiner Mutter, sie soll nie wieder mit rutschenden Strümpfen auf die Straße gehen.«

So gemaßregelt, kaufte ich endlich die Pistazien und bat Mahtab auf dem Heimweg, ihrem Daddy nichts von diesem Zwischenfall zu erzählen. Ich wollte nicht, dass Moody irgendetwas hörte, was ihn veranlassen konnte, unsere Bewegungsfreiheit wieder einzuschränken. Mahtab verstand das.
    An dem Abend gingen wir zu Amu (»Onkel« väterlicherseits) Shafiees Haus im Geisha-Viertel von Teheran und überreichten seinem Sohn das Pistazienbild. Es waren fünfzig oder sechzig Leute anwesend. Spät am Abend, nachdem einige der Gäste schon gegangen waren und wir uns auch auf den Weg machen wollten, kündigte plötzlich das unheilvolle Heulen der Sirenen einen Fliegeralarm an. Die Lichter gingen aus. Ich zog Mahtab an mich, und wir suchten ein Plätzchen, wo wir, engumschlungen, mit ungefähr vierzig anderen an einer Wand kauerten. In gespannter Stille warteten wir, wie sonst, auf das Geräusch der Flugabwehrraketen. Aus der Ferne hörten wir das schreckliche Dröhnen der herannahenden Flugzeuge, aber immer noch keine Flugabwehrraketen. »Irgendetwas stimmt nicht.«, sagte jemand. »Vielleicht haben wir keine Munition mehr.« Die angreifenden Flugzeuge flogen kreischend entsetzlich nahe über uns hinweg.
    Es gab eine ohrenbetäubende Explosion, und im gleichen Augenblick hatte ich das unheimliche Gefühl, ein dunkler Geist husche durch den Raum und ließ uns kalt und verletzt zurück. Die Wand stieß gegen meinen Rücken und schob Mahtab und mich nach vorne. Teetassen klapperten. Wir hörten Glas zerbrechen. Bevor wir reagieren konnten, erschütterte uns eine zweite Explosion, dann eine dritte. Das Haus zitterte. Putz bröckelte herunter. Ich hörte Schreie an meiner Seite, die dennoch seltsam schwach klangen. In der Dunkelheit warteten wir, dass das Dach auf uns herabfiel. Mahtab heulte. Moody umklammerte meine Hand. Wir warteten hilflos, hielten den Atem an, kämpften gegen die Panik. Nur langsam kehrte die Wirklichkeit wieder zurück Minuten vergingen, bevor irgendjemand merkte, dass statt des Heulens der Flugzeuge und des schrecklichen Dröhnens der Explosionen jetzt die Sirenen von Krankenwagen zu hören waren. Wir konnten die Opfer draußen schreien hören.
    »Wir müssen aufs Dach!«, sagte jemand, und alle zusammen rannten wir auf das flache offene Dach des Hauses. Die Lichter der Stadt waren verdunkelt, aber das Glühen vieler noch nicht unter Kontrolle gebrachter Feuer und die Scheinwerfer der zusammenkommenden Ambulanzen, Polizeiwagen und Löschzüge beleuchteten eine verwüstete Stadtlandschaft. Wir starrten durch Luft, die durch Staubpartikelchen in dichten Nebel verwandelt wurde, und sahen überall um uns herum Tod und Zerstörung. Anstelle der Gebäude in der Nähe gab es jetzt nur noch tiefe Risse in der Erde. Die Nacht roch nach Schießpulver und verbranntem Fleisch. Auf der Straße unter uns rannten hysterische Männer, Frauen und Kinder wie wild umher, schreiend, weinend und nach ihren verlorenen Familien

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