01 - Nicht ohne meine Tochter
beschwerte. Später am Abend, nachdem Moody die Praxis geschlossen hatte, sagte er zu mir: »Ich mag Fereschteh. Was macht denn ihr Mann?« »Er ist Diplombetriebswirt.«, sagte ich.
»Kommen Sie so schnell Sie können.« Es war ein dringlicher Ton in Amahls Stimme, der mir das Herz klopfen ließ. »Ich kann frühestens am Dienstag kommen,«, sagte ich, »wenn Moody im Krankenhaus ist.« »Rufen Sie mich vorher an, damit ich Sie erwarten kann.«, sagte Amahl. Was konnte denn los sein? Ich setzte eher auf gute Nachrichten als auf Schwierigkeiten, denn Amahl klang vorsichtig optimistisch.
Am Dienstag wurde ich früh wach, sagte mit Moody meine Gebete und wartete auf das langsame Verstreichen der Zeit. Mahtab ging um sieben Uhr zur Schule, Moody ging fünfundvierzig Minuten später. Ich beobachtete ihn aus dem Fenster, bis er in einem Taxi verschwand, und dann rief ich Amahl an, um die Verabredung zu bestätigen. Ich raste nach draußen die Gasse hinunter bis zur Hauptdurchgangsstraße, um für mich selbst ein Taxi zu rufen.
Es war Anfang November. Eine kalte Brise deutete auf möglichen Schneefall hin. Der morgendliche Verkehr war stockend, und die schwierige Fahrt wurde dadurch verschlimmert, dass ich auf meinem Weg durch die Stadt mehrmals das Taxi wechseln musste. Als ich endlich das Bürogebäude erreichte und an Amahls Tür klopfte, schwirrte mein Kopf vor lauter Fragen. Er antwortete meinem Klopfen sofort und grinste breit. »Kommen Sie herein.«, sagte er. »Setzen Sie sich. Möchten Sie Tee? Oder Kaffee?« »Kaffee.«, sagte ich. »Bitte.« Ungeduldig wartete ich darauf, dass er meine Tasse bereitstellte, aber er genoss es, diesen Augenblick in die Länge zu ziehen. Endlich gab er mir eine Tasse Kaffee, setzte sich hinter seinen Schreibtisch und sagte: »Also, ich glaube, Sie nehmen besser Verbindung mit Ihrer Familie auf.« »Was ist passiert?« »Sie sollten ihnen sagen, dass sie noch zwei Gedecke für diesen Feiertag, den Sie Thanksgiving oder Erntedankfest nennen, auflegen sollen.« Ein großer Seufzer der Erleichterung entwich meinen Lippen. Diesmal, das wusste ich, diesmal würde es klappen. Mahtab und ich würden nach Amerika zurückkehren! »Wie?«, fragte ich.
Er erläuterte den Plan. Mahtab und ich würden mit einem iranischen Flugzeug nach Bandar Abbas in den äußersten Süden des Landes fliegen. Von dort würden wir mit einem Schnellboot über den Persischen Golf in eines der arabischen Emirate geschmuggelt werden. »In den Emiraten wird es einige bürokratische Schwierigkeiten geben.«, sagte Amahl. »Aber dann sind Sie ja aus dem Iran heraus, und man wird Sie nicht zurückschicken. Sie werden schnell einen Pass von der Botschaft bekommen und nach Hause fliegen können.« Der Gedanke, auf einem offenen Boot über das Meer zu rasen, war etwas beängstigend, aber wenn es die Eintrittskarte in die Freiheit für mich und meine Tochter war, würden wir es riskieren. »Brauche ich Geld?«, fragte ich. »Ich bezahle das schon.«, sagte Amahl und wiederholte das Angebot, das er schon einmal gemacht hatte. »Wenn Sie wieder in den Staaten sind, können Sie es mir ja schicken.« »Hier.«, sagte ich und warf ihm ein Bündel Banknoten zu. »Ich möchte, dass Sie dies für mich aufbewahren. Ich will nicht riskieren, dass Moody es findet.« Es waren ungefähr neunzig Dollar in amerikanischer Währung, die fast sechshundert Rials wert waren, das Geld, das von meinem alten Schatz übrig war. Amahl wollte es für mich aufheben.
»Sie brauchen Ausweise,«, sagte er, »um ins Flugzeug zu kommen.« »Die Botschaft hat meinen Führerschein.«, sagte ich, »Und meine Geburtsurkunde und meine Kreditkarten.« »Ihre iranische Geburtsurkunde?« »Nein. Sie haben nur meine amerikanische Geburtsurkunde, die ich mitgebracht habe. Moody muss meine iranische irgendwo versteckt haben.« »Wir könnten versuchen, Ihnen ein Ticket auf Ihre amerikanische Geburtsurkunde zu besorgen.«, überlegte Amahl. »Aber es wäre besser, wenn Sie Ihre iranische bekommen könnten. Holen Sie Ihre Sachen von der Botschaft, aber versuchen Sie auch, Ihre iranischen Papiere zu bekommen.« »Ja. Wann fliegen wir?« »Im Augenblick habe ich jemanden nach Bandar Abbas hinuntergeschickt, der alles vorbereitet, und ich erwarte ihn in zwei Tagen zurück in Teheran. Machen Sie sich keine Sorgen, Sie und Mahtab werden zu Thanksgiving zu Hause sein.«
Aus Amahls Büro rief ich Helen in der Botschaft an. »Ich muss Sie
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