01 - Nicht ohne meine Tochter
wo ich die Arbeit tat, die vorher ein Mann erledigt hatte, aber ich bekam weniger Geld dafür. Außerdem wurde es immer schwieriger, die Annäherungsversuche eines höheren Firmenangestellten abzuwimmeln, der annahm, nur weil ich eine alleinstehende Frau war, wäre ich auch verfügbar. Er gab mir schließlich zu verstehen, ich würde nicht weiterkommen, wenn ich nicht mit ihm schliefe. Das Theater wurde unerträglich, und ich brauchte die Wochenenden mit Moody, um mich von dem Stress zu erholen. Dieses nun war besonders erfreulich gewesen, denn ich hatte nicht nur Moody, sondern auch mich selbst überrascht. Ich war stolz darauf, dass ich dazu in der Lage war, die Party über diese Entfernung zu organisieren. Ich war die tüchtige Gastgeberin einer Gesellschaft von Ärzten und ihren Frauen, und diese Gesellschaftsschicht unterschied sich sehr von meiner Kleinstadtwelt. Die Party dauerte bis nach Mitternacht. Als der letzte Gast sich zum Gehen aufgerafft hatte, legte Moody den Arm um meine Taille und sagte: »Ich liebe dich für all das.«
Im Januar 1977 machte er mir einen Heiratsantrag. Drei Jahre früher hätte ich mich noch heftig gegen einen Antrag gewehrt, ob von Moody oder sonst irgend jemand. Aber jetzt wurde mir klar, dass ich mich geändert hatte. Ich hatte meine Freiheit erfahren und festgestellt, dass ich durchaus in der Lage war, für mich und meine Familie zu sorgen. Ich fand nicht länger Gefallen daran, allein zu leben. Ich hasste es, als Geschiedene gebrandmarkt zu sein. Ich liebte Moody und wusste, dass er mich liebte. In drei Jahren hatten wir keinen einzigen Streit gehabt. Jetzt hatte ich die Wahl, ein neues Leben als hauptamtliche Ehefrau und Mutter zu beginnen. Ich freute mich darauf, perfekte Gastgeberin bei zahlreichen gesellschaftlichen Anlässen zu sein, zu denen wir als Dr. Mahmoody und Frau einladen würden. Vielleicht würde ich das College abschließen. Vielleicht würden wir zusammen ein Kind haben.
Sieben Jahre danach, als ich mich eine schreckliche schlaflose Nacht lang im Bett neben meiner Tochter und dem Mann, den ich einmal geliebt hatte, hin und her wälzte, öffnete mir eine späte Einsicht die Augen. Es hatte so viele Hinweise auf dieses Ende gegeben, die ich ignoriert hatte. Aber wir leben unser Leben nicht rückblickend. Ich wusste, dass es mir jetzt nicht helfen würde, die Vergangenheit heraufzubeschwören. Hier saßen wir nun, Mahtab und ich, Gefangene in einem fremden Land. Die Gründe, die zu unserer Misere geführt hatten, waren im Augenblick zweitrangig. Was zählte, war die Wirklichkeit der Tage, die vor uns lagen.
Tage?
Wochen?
Monate?
Wie lange würden wir durchhalten müssen? Ich konnte mich nicht dazu durchringen, in Zeiträumen von Jahren zu denken. Moody würde - konnte - uns das nicht antun. Er würde den Dreck um sich herum sehen, und der würde ihn anwidern. Es würde ihm klar werden, dass seine berufliche Zukunft in Amerika und nicht in einem rückständigen Land, das noch die einfachsten Grundregeln von Hygiene und sozialer Gerechtigkeit lernen musste. Er würde seine Meinung ändern. Er würde uns nach Hause bringen, ungeachtet der Möglichkeit, dass ich in dem Augenblick, in dem meine Füße amerikanischen Boden berührten, Mahtab bei der Hand nehmen und zum nächsten Anwalt rennen könnte.
Was, wenn er seine Meinung nicht änderte? Bestimmt würde uns jemand zu Hilfe kommen. Meine Eltern? Meine Freunde zu Hause? Die Polizei? Das Außenministerium? Mahtab und ich waren amerikanische Staatsbürger, selbst wenn Moody es nicht war. "Wir hatten gewisse Rechte. mussten nun einen Weg finden, diese Rechte geltend zu machen. Aber wie? Und wie lange würde das dauern?
Nachdem Moody verkündet hatte, dass wir im Iran bleiben würden, vergingen mehrere Tage in einem alptraumartigen Nebel. Irgendwie hatte ich in dieser ersten Nacht die Geistesgegenwart besessen, eine Bestandsaufnahme meiner finanziellen Situation zu machen. Moody hatte zwar mein Scheckheft verlangt, hatte aber vergessen zu fragen, wie viel Bargeld ich bei mir hatte. Als ich meine Handtasche auspackte, fand ich ein kleines Vermögen, das wir beide in unserer Kaufwut vergessen hatten. Ich besaß fast zweihunderttausend Rials und einhundert Dollar in amerikanischer Währung. Die Rials waren ungefähr zweitausend Dollar wert, und das amerikanische Geld konnte versechsfacht werden, wenn es mir gelang, ein Tauschgeschäft auf dem Schwarzmarkt zu arrangieren. Ich versteckte mein Vermögen
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