01 - Nicht ohne meine Tochter
»Außerdem ist es dein Problem, nicht unseres.«
So waren diese schiitischen Moslems, die sich immer noch im Erfolg der Revolution sonnten und mit dem selbstgerechten Mantel des Fanatismus schmückten. Wie konnte ich - als Christin, Amerikanerin und Frau - es wagen, meine Auslegung des Korans über die Ansichten des Imam Reza, des Ayatollah Khomeini, Baba Hadschis und auch meines eigenen Ehemanns zu stellen? Jeder war der Meinung, dass ich als Moodys Frau seine Leibeigene war. Er konnte mit mir machen, was er wollte.
Am dritten Tag unserer Haft, an dem wir eigentlich wieder zu Hause in Michigan hätten ankommen sollen, zwang mich Moody, meine Eltern anzurufen. Er schrieb mir vor, was ich zu sagen hatte, und folgte der Unterhaltung aufmerksam. Sein Verhalten war drohend genug, um mich gehorsam zu machen. »Moody hat beschlossen, dass wir ein bisschen länger hier bleiben.«, erklärte ich meiner Familie. »Wir kommen jetzt noch nicht zurück.« Mom und Dad waren bestürzt. »Macht euch keine Sorgen.«, sagte ich und versuchte, fröhlich zu klingen. »Wir werden bald wieder zu Hause sein. Auch wenn wir noch ein Weilchen bleiben, kommen wir doch in absehbarer Zeit zurück.« Das beruhigte sie. Ich hasste es, sie anzulügen, aber Moody im Rücken hatte ich keine Wahl. Ich sehnte mich danach, bei ihnen zu sein, Joe und John in die Arme zu schließen. Würde ich jemals einen von ihnen wiedersehen?
Moody wurde launisch. Oft war er mürrisch und bedrohte jetzt auch Mahtab genauso wie mich. Zu anderen Zeiten versuchte er, sanft und freundlich zu sein. Vielleicht, dachte ich, war er ebenso verwirrt und durcheinander wie ich. Er machte gelegentlich Versuche, mir bei der Anpassung zu helfen. »Heute Abend kocht Betty für uns alle.«, verkündete er Ameh Bozorg eines Tages. Er nahm mich mit auf den Markt. Trotz meiner anfänglichen Freude über die warmen Sonnenstrahlen waren die Anblicke, Geräusche und Gerüche der Stadt fremder denn je. Wir gingen mehrere Häuserblocks weit zu einer Metzgerei, nur um uns sagen zu lassen: »Wir bekommen erst um vier Uhr heute Nachmittag neues Fleisch. Kommen Sie dann wieder.« In mehreren anderen Geschäften gab man uns dieselbe Antwort. Als wir die Expedition am Nachmittag wiederholten, fanden wir schließlich einen Rinderbraten in einem Geschäft, das mehr als drei Kilometer von unserem Haus entfernt lag.
In Ameh Bozorgs verkommener Küche tat ich mein Bestes, die Küchengeräte zu scheuern, ein bekanntes amerikanisches Gericht zuzubereiten und die finsteren Blicke meiner Schwägerin zu ignorieren. Nach dem Essen machte Ameh Bozorg an diesem Abend wieder ihren mütterlichen Einfluss auf ihren jüngeren Bruder geltend. »Unsere Mägen vertragen kein Rindfleisch.«, sagte sie zu Moody. »In diesem Haus wird es kein Rindfleisch mehr geben.« Im Iran wird Rindfleisch als minderwertiges Fleisch angesehen. Was Ameh Bozorg wirklich sagen wollte war, dass ich ein Essen gekocht hatte, das unter ihrer Würde war. Unfähig sich gegen seine Schwester aufzulehnen, ließ Moody das Thema fallen. Es war klar, dass Ameh Bozorg sich weigerte, irgendeinen Beitrag zu akzeptieren, den ich zum täglichen Ablauf in ihrem Haus beisteuern konnte. In der Tat ignorierte mich ihre gesamte Familie; man drehte mir den Rücken zu, wenn ich ein Zimmer betrat, oder sah mich böse an. Die Tatsache, dass ich Amerikanerin war, schien schwerer zu wiegen als meine zweifelhafte Position als Moodys Ehefrau.
In dieser ersten Woche der Gefangenschaft sprach nur Essey freundlich mit mir. An einem Tag, als sie und Reza zu Besuch waren, gelang es Essey, mich für einen Augenblick beiseite zu nehmen. »Es tut mir wirklich Leid!«, sagte sie. »Ich mag dich, aber sie haben uns allen befohlen, uns von dir fernzuhalten. Wir dürfen nicht bei dir sitzen oder mit dir reden. Du tust mir Leid für das, was du durchmachen musst, aber ich kann es mir nicht leisten, mich mit der ganzen Familie anzulegen.« Erwartete Ameh Bozorg, dass ich auf unbegrenzte Zeit in Isolation und Verachtung leben sollte?, fragte ich mich. Was ging vor in diesem Irrenhaus?
Moody schien damit zufrieden zu sein, von der Großzügigkeit seiner Familie zu leben. Vage murmelte er davon, sich um einen Job zu kümmern, aber seine Vorstellung von Arbeitssuche bestand darin, einen seiner Neffen loszuschicken, damit der sich nach der Anerkennung seiner Arztlizenz erkundige. Er war sicher, dass seine Ausbildung als amerikanischer Mediziner ihm sofort Eintritt
Weitere Kostenlose Bücher