01 - Nicht ohne meine Tochter
bekommen. Mal sehen, ob wir Ihren Mann nicht damit beschäftigen können.« Wir gingen zurück zu den Männern. »Kannst du ihnen helfen?«, fragte ich Moody. »Ja. Das würde ich gerne tun.« Ich konnte sehen, dass Moody sich jetzt wieder als Arzt fühlte, so wie er es monatelang nicht mehr getan hatte. »Ich schreibe einen Brief.«, schlug er vor. »Ich weiß, an wen man sich wenden muss. Ich habe sogar Briefpapier mit einem amerikanischen Briefkopf dabei.« Er dachte einen Moment nach. »Aber ich brauche eine Schreibmaschine.«, fügte er hinzu. »Ich kann eine besorgen.«, sagte Judy. Wir tauschten Telefonnummern aus und machten aus, uns bald wieder im Park zu treffen. Der kurze Weg nach Hause war erfrischend. Moody war bester Laune. Er war so beeindruckt von seinem wiederbelebten Ansehen, dass er die Tatsache, dass ich mich gerade heimlich mit einer Amerikanerin unterhalten hatte, gar nicht registrierte.
Judy arbeitete schnell. Zwei Tage später rief sie an und lud Mahtab und mich ein, sie im Park zu treffen. Ich hegte die schwache Hoffnung, dass Moody uns allein gehen lassen würde, aber nun hatte er sich einmal ein bestimmtes Verhaltensmuster angewöhnt. Er schien keine Verschwörung zu befürchten, bestand aber darauf, uns im Auge zu behalten. Diesmal war ein kleiner Iraner mit Bart von ungefähr dreißig Jahren bei Judy im Park. Sie stellte ihn uns vor. Er hieß Raschid und war Verwaltungsleiter einer großen Klinik. Moody war begeistert, schon wieder ein medizinisches Fachgespräch führen zu können, und bombardierte den Mann mit Fragen zum Zulassungsverfahren für Ärzte im Iran. Währenddessen gingen Judy und ich wieder voraus, um uns unter vier Augen zu unterhalten. »Machen Sie sich keine Sorgen!«, sagte sie. »Raschid weiß Bescheid über ihre Lage. Er passt auf, was er Ihrem Mann erzählt und was nicht. Wir hatten gehofft, mit Ihnen allein sprechen zu können, aber Raschid weiß, wie er Ihren Mann beschäftigt, damit wir beide in Ruhe reden können.« Sie steckte mir ein paar Briefmarken zu. »Damit Sie Briefe abschicken können, wenn Sie an einen Briefkasten kommen.«, sagte sie. Dann erklärte sie mir den nächsten Schritt ihres Plans. An einem der nächsten Abende wollte ihre Schwiegermutter ein Abschiedsessen für sie und die Kinder geben, und Judy hatte es so eingerichtet, dass wir auch eingeladen wurden.
Sie hatte sich eine Schreibmaschine ausgeliehen, damit ich Moodys Brief für Ali tippen konnte. Sie hoffte, dass ich in dem Trubel beim Abendessen Gelegenheit finden würde, allein mit Raschid zu sprechen, denn, so sagte sie: »Er kennt jemanden, der Leute über die Türkei hinausschmuggelt.« Die nächsten zwei Tage, in denen ich auf das Abendessen und eine Möglichkeit wartete, mehr über eine eventuelle Flucht aus dem Iran zu erfahren, krochen nur langsam dahin. Flogen sie die Leute raus? Fuhren sie mit Autos? Was waren ihre Motive? Warum riskierten sie die schweren Strafen, die der Ayatollah gegen jede Verletzung des islamischen Gesetzes verhängt hatte? Würde es viel kosten? Würden Mahtab und ich unsere Pässe brauchen? Lieber Gott, betete ich, bitte richte es so ein, dass ich auf der Party Zeit habe, allein mit Raschid zu sprechen.
In der Zwischenzeit beschloss ich, Judy als Kurier zu benutzen. Ich schrieb Briefe an Mom und Dad und Joe und John, um ihnen zu sagen, wie lieb ich sie hatte und wie sehr ich sie vermisste, und um ihnen Einzelheiten über unsere momentane Situation mitzuteilen. Als ich sie durchlas, merkte ich, wie deprimiert und völlig verzweifelt sie klangen. Beinahe hätte ich sie zerrissen, aber dann beschloss ich, sie trotzdem abzuschicken, sie spiegelten ja meine Stimmung wider. Ich schrieb noch einen Brief an meinen Bruder Jim und seine Frau Robin, in dem ich ihnen einen Plan unterbreitete. Ich erklärte, dass Moody Geldsorgen hatte. Wir hatten hier schon ziemlich viel Geld ausgegeben, und er hatte immer noch keinen Job. Unser gesamtes Vermögen befand sich in den USA. Vielleicht brauchte Moody nur eine Entschuldigung, um zurückzukehren. Ich schlug vor, dass Tim uns anrufen sollte, um uns auszurichten, dass sich der gesundheitliche Zustand meines Vaters verschlechtert hatte und wir deshalb »zu Besuch« nach Hause kommen sollten. Jim konnte sagen, dass die Familie Geld zusammengelegt hatte, um die Kosten für unseren Flug zu tragen. Dies würde Moody einen Ausweg aus seiner finanziellen Misere bieten - ein Gratisflug nach Hause.
Die Party im Haus
Weitere Kostenlose Bücher