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01 - Nicht ohne meine Tochter

01 - Nicht ohne meine Tochter

Titel: 01 - Nicht ohne meine Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Betty Mahmoody
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eine Frau mit wildblickenden Augen in das Zimmer, offensichtlich die Mutter des Mädchens. Sie schrie und zeigte mit einem anklagenden Finger auf ihre eigene Tochter und ließ ihre Wut an dem schutzlosen Kind aus. »Bad, bad!«, brüllte die Mutter. Das Mädchen reagierte mit erbärmlichem Wimmern. Die erniedrigende Szene dauerte viele Minuten, bis die Mutter ihre Tochter am Arm riss und sie aus dem Zimmer zerrte.
    Augenblicklich gaben Khanom Schahien und die anderen Frauen ihre wütende Haltung auf. Sie grinsten und beglückwünschten sich zum Erfolg ihrer Mission, die offensichtlich darin bestanden hatte, das Mädchen ordentlich spüren zu lassen, wie »bad« es war. Ich hatte keine Ahnung, was es verbrochen hatte, aber ich konnte nur Mitleid für das arme Kind empfinden. Ich betete, dass Mahtab nie Opfer eines solchen Spektakels werden würde. Mahtab kam einigermaßen gut, wenn auch nicht glücklich, durch den Morgen, weil sie wusste, dass ich in der Nähe war. Mittags, als die Vorschulklassen beendet waren, kam Moody, um uns im Taxi nach Hause zu begleiten.
    Als ich am folgenden Vormittag wieder im Sekretariat saß, brachte Khanom Schahien eine der Lehrerinnen zu mir. »Ich heiße Mrs. Azahr.«, sagte die Frau. »Ich spreche ein bisschen Englisch. Ich spreche mit Ihnen.« Sie setzte sich neben mich und betrachtete mein misstrauisches Gesicht. »Wir wissen, dass Sie uns nicht mögen.«, fuhr sie fort. »Wir möchten nicht, dass Sie uns für bad halten. Die Schule gefällt Ihnen nicht?« »Sie ist schmutzig.«, erwiderte ich. »Ich möchte Mahtab nicht hier haben.« »Das tut uns Leid!«, sagte Mrs. Azahr. »Wir bedauern Sie, weil Sie als Fremde in unserem Land sind. Wir würden gern etwas für Sie tun.« Khanom Schahien lauerte in unserer Nähe. Ich fragte mich, wie viel sie verstand. Sie sagte etwas in Farsi, und Mrs. Azahr übersetzte: »Die Schulleiterin sagt, alle würden gern Englisch können. Sie sagt, würden Sie jeden Tag kommen und ihnen Englisch beibringen, während Sie auf Mahtab warten? Und sie könnten Ihnen Farsi beibringen.« So werden meine Gebete also erhört, dachte ich. Wir können einander kennenlernen. »Ja.«, stimmte ich zu.
    Wir begannen mit der Arbeit. Die Frauen im Sekretariat hatten ohnehin wenig zu tun, außer den gelegentlichen Disziplinierungen und Erniedrigungen, deshalb konnten wir die Vormittage mit gegenseitigem Unterricht verbringen. Und während wir arbeiteten, begann ich diese Frauen wenigstens ansatzweise zu begreifen. Auch wenn sie in ihren Sitten und Träumen durch Welten von mir getrennt waren, waren sie doch Frauen, die Kinder liebten und sie in der einzigen ihnen bekannten Art hegen und pflegen wollten. Sie waren in einem Erziehungssystem gefangen, das ihnen genau vorschrieb, was sie wie zu tun hatten, aber einzelne Funken der Individualität schimmerten durch. Die Verständigung war schwierig, aber ich gewann den Eindruck, dass es hier mehr Iraner gab, die sich über den Zustand ihrer Nation keinen Illusionen mehr hingaben. Auf der persönlichen Ebene schienen meine neuen Freundinnen Mahtab und mich wirklich zu mögen.
    Allmorgendlich begrüßten sie Mahtab aufs herzlichste, immer hoben eine oder mehrere sie auf und küssten sie. Khanom Schahien sagte Mahtab immer, wie gut sie »dufte«, und meinten damit den Tupfer verbotenen Parfüms, den Mahtab jeden Morgen nahm. Diese Frauen zeigten, wenn sie unter sich waren, Verachtung für Moody, der in treuer Ausübung seiner Rolle als Gefängniswärter Mahtab und mich weiterhin morgens ablieferte und mittags wieder abholte. Obwohl sie sorgfältig ihre Einstellung verbargen, war ihnen sein herrischer Umgang mit seiner Frau und seiner Tochter zuwider.
    Mrs. Azahr musste unterrichten und konnte nicht viel Zeit mit uns verbringen, aber so oft wie möglich kam sie im Sekretariat vorbei. Zu meiner Überraschung erfuhr ich eines Tages, dass Mrs. Azahr früher selbst Schulleiterin in einer anderen Schule gewesen war. Das war vor der Revolution gewesen. Unter der neuen Regierung wurden kompetente Kräfte wie sie, mit akademischen Graden und jahrelanger Erfahrung, durch politisch aktivere Verwaltungskräfte ersetzt. Diese neuen Schulleiter waren im Allgemeinen jünger und schlechter ausgebildet, aber sie hatten den religiösen Eifer, der jetzt für das Regime an oberster Stelle stand. »Khanom Schahien wurde aus diesem Grunde ausgewählt.«, berichtete mir Mrs. Azahr. »Sie und ihre Familie waren sehr religiös. Man muss

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