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01 - Nicht ohne meine Tochter

01 - Nicht ohne meine Tochter

Titel: 01 - Nicht ohne meine Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Betty Mahmoody
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von Gläubigen, die auf öffentlichen Plätzen zusammengepfercht waren und sich umdrehten, um in Panik zu fliehen. Die Kameras wurden zum Himmel geschwenkt und zeigten, dass dort tatsächlich irakische Flugzeuge flogen. Die Explosionen ließen Löcher mit Toten und Sterbenden in der Menge zurück. »Baba Hadschi ist dort.«, erinnerte mich Moody. Er nahm immer am Freitagsgebet teil. Im Teheraner Geschäftsviertel herrschte große Verwirrung. Die Nachrichtensprecher blieben ungenau in ihren Angaben über die Opfer der Katastrophe, aber der gut kalkulierte Angriff war ein eindeutiger materieller und emotionaler Sieg für den Irak.
    Die Familie wartete ängstlich darauf, dass Baba Hadschi nach Hause zurückkehrte. Es wurde zwei Uhr, dann halb drei. Baba Hadschi kam nie später als zu dieser Zeit vom Freitagsgebet wieder. Ameh Bozorg verlor keine Zeit, sondern nahm Trauerhaltung ein, wehklagte und raufte sich die Haare. Sie wechselte den buntgemusterten Tschador gegen einen weißen aus, saß auf dem Boden und las eintönig leiernd den Koran, weinte und schrie gleichzeitig. »Sie wird verrückt.«, sagte Moody von seiner Schwester. »Alles, was wir tun können, ist abwarten. Sie sollte warten, bis wir wirklich die Nachricht haben, dass er getötet worden ist.« Die Verwandten rannten der Reihe nach hinaus auf die Straße, um nachzusehen, ob das Familienoberhaupt nahte. Stunden vergingen in gespannter Erwartung, unterbrochen von Ameh Bozorgs rituellem Geschrei. Sie schien sich in ihrer neuen Position als Witwe eines Märtyrers zu sonnen. Es war fast fünf Uhr, als Fereschteh mit der Nachricht ins Haus gerannt kam. »Er kommt!«, rief sie. »Er kommt gerade die Straße herauf.« Die ganze Sippe versammelte sich an der Tür und drängte sich dicht um Baba Hadschi, als er hereinkam. Er trat langsam ein, wortlos, die Augen auf den Boden gerichtet. Die Menge teilte sich, um den heiligen Mann durchzulassen. Blut und Stückchen von Menschenfleisch waren überall auf seinen Kleidern. Zu jedermanns Überraschung steuerte er sofort auf das amerikanische Badezimmer zu, um zu duschen.
    Moody sprach später mit ihm und erzählte mir dann: »Er ist sehr erregt, dass er nicht getötet worden ist. Er will ein Märtyrer sein wie sein Bruder.« Moody teilte das blinde Draufgängertum seiner Familie nicht. Er hatte tödliche Angst. Als Teheran sich mit der Realität des Krieges abgefunden hatte, erließen die zivilen Verteidigungskräfte neue Instruktionen. Während eines Angriffs musste jeder in einem geschlossenen Raum am Boden Schutz suchen. So gingen wir in unsere Betten und ruhten unruhig in Erwartung des gefürchteten Signals, das uns alle in die Eingangshalle am Fuße der Treppe hasten ließ. Dort konnte Moody, sogar vor Reza und Mammal, seine Panik nicht verbergen. Er weinte vor Entsetzen. Es schüttelte ihn in ohnmächtiger Angst. Später versuchte er seine Feigheit hinter Wutausbrüchen gegen die Amerikaner zu verstecken, aber mit jedem neuen Angriff wurden seine Worte hohler. Gelegentlich trafen sich unsere Augen in einem kurzen Moment des gegenseitigen Verständnisses. Moody wusste, dass er für unsere Not verantwortlich war, aber er wusste nicht mehr, was er dagegen machen sollte.
    Ein Mal im Jahr nimmt jeder Iraner ein Bad. Der Anlass ist Nouruz, das persische Neujahr, ein zwei Wochen dauerndes Fest, zu dem die Frauen auch ihre Häuser putzen. Nouruz wird auch von den Schuhgeschäften sehnsüchtig erwartet, denn alle kaufen dann neues Schuhwerk. Während dieser zwei Wochen wird wenig gearbeitet, denn die Familien vertreiben sich die Zeit mit Festessen, Teegesellschaften und Empfängen bei den Verwandten. Nach einer strengen Familienhierarchie wechseln sich die Verwandten mit gegenseitigen Einladungen zu den täglichen Festlichkeiten ab. Nouruz selbst fiel auf den 21. März, Frühlingsanfang. An jenem Abend versammelten wir uns mit Reza, Mammal und ihren Familien um das Haft sin (»siebenmal das S«), ein Sofre, auf dem symbolische Speisen angerichtet waren, die alle mit dem Buchstaben S anfangen. Im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit standen einige auf einem Spiegel liegende Eier. Nach der persischen Sage ruht die Erde auf den Hörnern eines Bullen, und jedes Jahr verlagert er seine Last von einem Horn auf das andere. Den genauen Moment, in dem das persische Neue Jahr beginnt, erkennt man durch das Beobachten der Eier auf dem Spiegel, denn wenn der Bulle die Welt von einem Horn auf das andere verlagert, wackeln die

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