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01 - Schatten der Könige

01 - Schatten der Könige

Titel: 01 - Schatten der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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und deutete auf einen Spalt hinter dem Gebüsch, das den Pfad säumte. »Hier entlang«, befahl er und verschwand nach einigen Schritten talwärts außer Sicht. Eine Vorahnung ließ sie erschaudern, aber sie folgte ihm ohne zu Zögern. Es war eine schmale, mit lockeren Kieseln bedeckte Kluft, die in eine dämmrige, steinige Schlucht mündete. Keren brach am ganzen Körper der Schweiß aus, als sie wenig würdevoll über die losen Steine kletterte. Sie wäre beinahe gestürzt, konnte sich jedoch mit den Händen abstützen. Orgraaleshenoth wartete bereits an der Sole und lächelte verächtlich.
    »Ich hoffe, du wirst nicht müde«, sagte er. »Wir haben heute noch einiges vor uns.« Keren klopfte sich den Staub von ihrer Hose und den Handschuhen. »Ich weiß Eure Anteilnahme zu schätzen«, erwiderte sie bissig. »Es geht mir gut, und ich bin nicht müde. Dennoch beschäftigt mich der Gedanke an unser Ziel.«
    Orgraaleshenoths Lächeln verstärkte sich, als er die Hand hob und nach oben deutete. »Aber der einzige Weg nach Trevada verläuft am anderen Ende des Oshang…«
    »Ich bahne uns einen anderen Weg.« Damit drehte er sich um und ging weiter. Keren hielt sich dicht hinter ihm, und hatte das Gefühl, dass sie sich mit jedem Schritt einem unbekannten Schrecken näherte.
    Obwohl die Schlucht karg war, fanden sich noch Spuren lange verdorrter Pflanzen am Wegesrand, dünne, vertrocknete Wurzeln, die Netze über dem blanken Fels bildeten, daneben kahle, graue Stümpfe toter Büsche. Auch Knochen lagen überall verstreut, winzige Schädel von Vögeln und Ratten, und einmal, als die Schlucht in einem kleinen Tunnel durch den Fels führte, stießen sie auf ein menschliches Skelett, von dem nur noch der Schädel, der Brustkorb und ein Arm übrig waren. Es lag in einer Senke zwischen der Schluchtwand und einem hervorstehenden Felsen. Vermutlich war es von einer Sturzflut dort angespült worden. Keren überlegte, wer der Tote wohl gewesen sein mochte. Ein Abenteurer, oder ein Dieb, der die Erhabene Basilika unbemerkt hatte erreichen wollen? Vielleicht war es auch ein Soldat, möglicherweise sogar ein Krieger der Mogaun? Unsicher entbot sie dem Gerippe mit einer knappen Verbeugung ihren Respekt und eilte weiter.
    Der Prinz der Dämonenbrut ging mittlerweile langsamer, blieb gelegentlich stehen, musterte die Felswand, berührte sie manchmal und setzte dann seinen Weg fort. Nach einer Weile blieb er stehen. »Wappne dich. Was du jetzt siehst, ist nur ein Blick in das Reich der Schleier. Vergiss nicht, dass wir nach wie vor auf festem Boden gehen.«
    Sie nickte, und er hob die Hand mit gespreizten Fingern. Dabei starrte er die Felswand mit einem eindringlich brennenden Blick an, und eine Sekunde lang glaubte Keren, sie sähe, wie eine gewaltige, kauernde Bestie um ihn herum trieb. Dann klatschte er einmal scharf in die Hände. Keren rang nach Luft, als ihre Umgebung plötzlich transparent schimmerte. Der Boden unter ihren Füßen verwandelte sich in ein rauchiges Nichts, und Panik stieg in ihr auf. Sie taumelte, behielt jedoch das Gleichgewicht und zwang sich, auf das Gefühl des felsigen Bodens unter ihren Stiefeln zu achten. Dann blickte sie hoch und stieß vor Staunen die Luft aus. Die Felswand, das ganze immense Gebirge des Oshang Dakhal, wirkte wie Glas, das von dunklen Flächen und schwachen, silbrigen Fäden durchzogen war. Weit oben erkannte sie Ansammlungen von winzigen schattigen Formen, die Tempel und die anderen Gebäude von Trevada. Was ihre Aufmerksamkeit jedoch vor allem fesselte, waren Ketten von schimmernden Lichtern, die kurz vor ihr begannen und sich bis zum Gipfel erstreckten. Sie sahen aus wie Perlmutt, und jede einzelne hatte eine andere Form. Es wirkte fast wie ein gewaltiges Gewebe aus Juwelen, das von dem höchsten Gipfel des Oshang Dakhal hing, direkt unterhalb der Erhabenen Basilika. Sie durfte diese perfekte, rätselhafte Schönheit noch ein paar Augenblicke lang betrachten, bevor Orgraaleshenoth eine kleine Handbewegung machte, und die graue Wirklichkeit der Steine und des Staubes zurückkehrte. In der Stille starrte der Prinz der Dämonenbrut kurz auf den blanken Fels, und ging dann weiter durch die Schlucht. »Hier entlang. Schnell jetzt.«
    Er führte sie zu einem Spalt in dem Felsen, der zwar höher war als er selbst, aber kaum zwei Finger breit. Die Dämonenbrut legte ihre Hände auf beide Seiten des Spalts, als wollte sie ihn mit roher Kraft auseinanderreißen. Dann hörte Keren, wie er Worte

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