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01 - Schatten der Könige

01 - Schatten der Könige

Titel: 01 - Schatten der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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bedeckt sind und führen dann Rituale mit ihnen aus.« Seine Stimme schwankte ein wenig. »Sie verraten kein Wort von dem, was danach geschieht.«
    Einige Kinder in der Nische zuckten zurück, als wollten sie nichts davon hören, und Suviel betrachtete sie mit entsetztem Blick. Sie hatte von den grausamen Riten des Brunn-Quell gehört, aber dies hier war neu für sie. Sie wünschte, sie könnte irgendetwas für die Kinder tun, ihnen ihr Leiden nehmen. Suviel atmete tief durch, um sich zur Ruhe zu zwingen. »Wie konnten sie entkommen?«, fragte sie nur. »Sie wurden in einen Freigeräumten Abschnitt in den Lagergewölben unterhalb der Großen Arena eingesperrt. Eines der Kinder fand einen Riss in der Wand, hat ihn verbreitert, sich hindurchgezwängt und gelangte schließlich in einen schmalen Gang dahinter.« Er zuckte mit den Schultern. »Der Oshang Dakhal war angeblich in uralten Zeiten ein Himmelspferd-Tempel. Vielleicht stammen die Gänge noch daher. Oder es war nur eine Lücke im Fels.
    Etwa zwanzig von ihnen waren gerade in der Passage verschwunden, als ein Steinschlag den Weg blockierte und einige von ihnen zermalmte. Die anderen gingen weiter, bis sie mitten in der Nacht auf dem blanken Fels des Oshang Dakhals herauskamen.« Er lächelte eines der jüngeren Kinder an, und Suviel sah, wie Tränen in seinen Augen glänzten. »Kannst du dir vorstellen, wie es ist, mit acht oder neun Jahre einen Weg über einen Sims zu suchen, der schmaler ist als dein Fuß? Irgendwie gelang es ihnen jedoch, die Felszacke zu überqueren. Ich habe sie erst gestern morgen in einer der steinernen Galerien hier in der Nähe gefunden, erschöpft und beinahe verhungert. Wenn Rovi nicht gewesen wäre, hätten sie nicht überlebt. Offenbar hat er ihnen auf dem Weg geholfen und sie ermutigt.« Er beugte sich vor und sprach ein dünnes, dunkelhaariges Mädchen an. »Ils, würdest du Rovi bitten, sich zu zeigen?«
    Nervös warf das Mädchen einen Blick auf die anderen und sah dann wieder Babrel an. »Er … er ist nicht hier.«
    Babrel wirkte plötzlich besorgt. »Wo ist er denn?«
    »Er wollte seinen Bruder treffen.«
    »Rovi hat nichts davon gesagt, dass einer der Jungen sein Bruder …«
    Ils schüttelte ungeduldig den Kopf. »Gawn war nicht bei uns, als du gekommen bist. Er wollte einen Ausweg finden, aber er ist zu uns zurückgekommen und hat mit Rovi in der Langen Stimme gesprochen.«
    Suviel lauschte mit wachsendem Unbehagen. War diese »Lange Stimme‹ vielleicht dasselbe wie die Gedankensprache der Magierzunft, und wenn ja, was bedeutete das?
    »Wir müssen die Kinder hier fortbringen«, sagte Babrel. »Wir können davon ausgehen, dass Rovi sich bereits in den Händen der Wachen befindet und ihnen verrät, wo wir sind …«
    Suviel…
    Sie brachte Babrel mit einer Handbewegung zum Schweigen. »Warte…«
    Suviel, wir haben Besuch. Komm rasch und bring den alten Mann mit…
    Sie erhob sich und half Babrel aufzustehen. »Meine Gefährtin braucht uns im Schankraum.« Er runzelte die Stirn, nickte jedoch, und nachdem er das Holzpanel wieder an seinem Angestammten Ort geschoben hatte, eilten sie in die Schänke zurück.
    Suviel hörte leise Stimmen, als sie durch den Dienstbotengang schlichen. Sie betraten den Schankraum von der Seite, an der die alte Treppe lag, und Suviel bemerkte sofort, dass er heller erleuchtet war als vorher. Dann konnte sie den ganzen Raum überblicken und blieb stehen.
    Nerek lehnte mit dem Rücken an dem langen, leeren Tresen. Sie lächelte böse, und eine feurige Aureole wand sich in ihrer rechten Hand. Vor ihr standen zwei kleine Jungen, die kaum älter als neun oder zehn Jahre alt waren und sie dennoch mit einer unheimlichen Gelassenheit musterten. »Ah, Suviel, ich bin froh, dass du kommst«, sagte Nerek. »Ich habe gerade unseren kleinen Besuchern ihr Schicksal erklärt. Sie glauben …«
    »Du bist ein Werkzeug des Feindes«, sagte einer der Jungen. »Nicht wir.«
    Während er sprach, starrte Suviel ihn überrascht und mit wachsender Furcht an. Denn es klangen zwei Stimmen aus seinem Mund, seine eigene und ein gedämpftes, heiseres Flüstern, das sie eher durch ihre Gedanken als mit ihren Ohren wahrnahm.
    »Du weißt so wenig«, erwiderte Nerek. »Deine Schatten sind die Schatten meines Meisters, deine Worte, jeder deiner Atemzüge kommt aus seinem Mund.« Jetzt glühten ihre beiden Hände. »Ich sehe, was eure Seelen teilen.«
    »Gawn«, stieß Babrel hervor, »du musst gehen, du und Rovi…!«
    »Zu

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