Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
01 - Schatten der Könige

01 - Schatten der Könige

Titel: 01 - Schatten der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
Vom Netzwerk:
Aufgaben, meine Herren. Die Erden Mutter sei mit Euch!«
    Noch während die Ruls den Turm verließen, fiel Bardows Blick auf einen Punkt am Himmel, der in rasender Geschwindigkeit vom Westen her nahte. Es war ein hell schimmernder Punkt, der von einer dunstigen, schwachgrünen Aureole umgeben war. Als Bardow sah, wie die Erscheinung über die Stadtmauern flog, packte ihn beklemmende Furcht.
    »Befehlt Euren Leuten, nach unten zu gehen, Ikarno«, sagte er.
    »Was ist das, im Namen Der Mutter?«, fragte Mazaret.
    Bevor Bardow seine Aufforderung wiederholen konnte, zerbarst der Körper lautlos, und Dutzende glühender Funken regneten auf die Stadt herab. Doch sie flogen nicht einfache in sinkenden Bögen, sondern ihre Flugbahnen waren unregelmäßig, als würden sie einem bestimmten Ziel folgen. Einer dies Funken segelte in einer langen, gebogenen Kurve auf den Palas zu, bis er plötzlich scharf abschwenkte und Kurs auf die Turmspitze des Tagfrieds nahm.
    »Geht, Mylord, sofort!«, schrie Bardow und stürzte an Mazaret vorbei unter das hölzerne Dach. Als er sich umdrehte, sah er den Lordkommandeur an seiner Seite. Er wollte ihn gerade warnen, als ein schimmernder, glühender Brocken aufschlug. Es blitzte, und der Turm erbebte unter ihren Füßen. Steinsplitter und Brocken wurden von der Einschlagsstelle durch die Luft geschleudert, und Wellen aus zähem Dampf stiegen auf. Brunn-Quell-Hexerei. Bardow schmeckte ihre schwere, widerliche Aura in seinem Mund.
    Dann fegten plötzlich Windböen heran, die einige Fackeln ausbliesen und den Nebel vertrieben. Plötzlich barst ein Pflasterstein, und der Dampf sank den Turm herab, während um ihn herum weitere Steine zersprangen. Die Stücke bewegten sich und glitten zur Seite, während eine große, graue Gestalt aus dem zerklüfteten Loch im Stein emporstieg, als würde sie sich aus einer kauernden Haltung erheben. Es war ein bärtiger, älterer Mann, der in einer archaisch wirkenden Robe mit einem hohen, steifen Kragen gekleidet war, die protzig erschienen wäre, hätte sie nicht die aschgraue Farbe von Stein gehabt. Alles an dem Mann war von einem tödlichen Grau, bis auf die starren Augen, in denen ein smaragdgrünes Feuer glomm.
    Staub und Schmutz rieselten von dem alten Mann herunter, als er sich umdrehte und Bardow anklagend anstarrte.
    Dann glitt er rasch über die Turmspitze, seine krallenartigen Finger ausgestreckt. Mazaret zog sein Schwert, schüttelte Bardows einhaltgebietende Hand ab, und griff die Erscheinung an. Nach einem beiläufigen Schlag mit dem Handrücken segelte Mazaret gegen die Brüstung, wo er halb benommen liegen blieb. Bardow wich zurück, und bereitete den Gedankengesang der Kadenz vor, doch er erstarb in seiner Kehle, und einen Moment später packten harte, erbarmungslose Hände seine Arme. Das graue, zerfressene Gesicht mit den leuchtenden Augen schob sich vor seines, und Bardows würgte unter dem überwältigenden Gestank nach faulendem Fleisch und rostendem Eisen.
    »Alles muss ein Ende finden«, sagte der steinerne Geist mit staubtrockener Stimme. »Die Leere verlangt es.«
    Bardow rang verwirrt nach Luft. Die Unheil verkündenden Worte erschienen ihm irgendwie vertraut. Dann verlor er den Boden unter den Füßen, als der steinerne Geist aufstieg, während er ihn festhielt, und durch den hölzernen Baldachin barst. Holzsplitter flogen durch die Luft, und der Turm unter ihm brach zusammen.
    Bardow sah, wie neben ihm andere, sich heftig wehrende Gestalten, durch die Luft schwebten und zur Spitze des Hohen Turmes getragen wurden. Er kämpfte gegen sein hilfloses Entsetzen an, erinnerte sich plötzlich, woher er diese Worte kannte und starrte den alten Mann erschüttert an. Das war Tokrin, Orosiadas Gefährte und der erste der Erzmagier. Er war bereits vor Jahrhunderten gestorben. Erfüllt von Trauer und Verzweiflung hing er in dem unnachgiebigen Griff, doch selbst als der dunkle Spalt an der Seite des Hohen Turmes ihn verschluckte, weigerte er sich, seine bedrängte Hoffnung aufzugeben oder den Mut zu verlieren.
    Nicht, solange ich lebe!, dachte er. Nicht, solange ich lebe.
    Tauric und Alael ruhten in ihrem Versteck, einer dunklen Nische in der Galerie. Nach einer langen, angsterfüllten Flucht waren sie schließlich hier gelandet. Tauric wusste nur, dass sie sich wenigstens vier Stockwerke unterhalb des Krankensaals befanden. Erneut sah er das Chaos vor seinem inneren Auge, das dort ausgebrochen war. Nachdem Kodel und Bardow verschwunden waren,

Weitere Kostenlose Bücher