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01 - Schatten der Könige

01 - Schatten der Könige

Titel: 01 - Schatten der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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die Erinnerung an glücklichere Zeiten zu flüchten, aber er hatte gerade Tauric in dem Krankenzimmer im fünften Stock des Hohen Turmes zurückgelassen, das direkt neben Alaels Gemach lag, und Bardows Gedanken waren voller Grimm. Vor über einer Stunde waren der Waffenmeister und sein Trupp mit dem Thronerben zurückgekehrt, kurz nachdem Yasgur und seine Armee vor der Stadt Stellung bezogen und einen Angriff auf die Westmauer begonnen hatten. Laut Taurics Bericht war Yasgurs Körper vom Geist seines Vaters Hegroun besessen, der den Angriff auf Besh-Darok befohlen hatte. Vor dieser Besessenheit schien Yasgur geneigt gewesen zu sein, den kaiserlichen Truppen zu gestatten, die Stadt unbehelligt zu verlassen.
    Die Konsequenzen der geistigen Unterjochung Yasgurs erfüllten Bardow mit einer finsteren Vorahnung. Die Akolythen waren für ihre Fertigkeiten in dem Binden von Seelen berüchtigt, aber den Geist eines Toten aus den Klauen der Erde zu lösen, erforderte ein weit größeres Maß an Macht. Eine Macht, über die angeblich die Schattenkönige Grazaan, Thraelor und Byrnak verfügten. Falls einer von ihnen in der Nähe war, standen die Chancen, die Stadt zu halten, wahrlich sehr schlecht. Schließlich erreichten Bardow und seine Leibwache den obersten Treppenabsatz, dessen hohe Holztüren weit offen standen und deren komplizierte Schnitzereien, die den Vater Baum zeigten, von Axtschlägen und Schwerthieben zerstört waren. Bardow blieb unter dem Rahmen stehen und lehnte sich gegen einen Türflügel, um Atem zu schöpfen.
    Der Eingang führte zu einem kleinen Absatz mit einem Balkon, der ein Stück an der Silbernen Aggor entlang führte, der inneren Befestigungsmauer, die den Palast und den Hohen Turm umgab. Ihre verschiedenen Gänge und Zugbrücken führten zu den Bastionen der Goldenen Aggor, deren Wälle die Form einer langgezogenen Raute bildeten, welche die Silberne Aggor, die Höfe des Morgens und den Platz der Klingen umschloss. Drei von Säulen gestützte schmale Brücken führten von der Goldenen Aggor zu einem Abschnitt der Stadtbastionen. Fackeln beleuchteten die langen Wälle der Stadtmauern, von der südwestlichen Ecke bis hin zum Nordwall in der Nähe des Wehrs, an welchem der Olodar in die Stadt floss. Am Fuß dieser Mauer bildeten die Lagerfeuer des Feindes kleine Flammeninseln in der Nacht, von denen aus die Fackeltragenden Kompanien zum Angriff auf die Stadtmauern marschierten.
    Bardow erkannte sofort die Widrigkeit ihrer Lage. Die Verteidiger waren gezwungen, eine dünne, lange Verteidigungslinie über die ganze Mauer zu bilden. Einige sammelten sich an den Toren, und andere eilten hin und her, um die Angriffswellen zurückzuschlagen. Noch während er zusah, enterten Yasgurs Truppen an drei verschiedenen Stellen die Zinnen und wurden erst nach einem heftigen, verzweifelten Kampf zurückgeschlagen.
    Wir können diese Stellung nicht halten, dachte Bardow düster. Ikarno muss bald damit beginnen, die Stadt zu räumen. Mit entschlossenen Schritten steuerte er einen nahegelegenen Übergang an, der zur Goldenen Aggor hinabführte.
    An jedem Ende des Aggor standen schwer befestigte Türme, jeder so mächtig, dass sie eigene Brückenköpfe bildeten. Im Süden lag der Nachtfried, der die Unterkünfte der Schlossbewohner, das Kolleg und die Handwerksstätten überblickte. Der Tagfried im Norden dagegen bot einen weiten Blick über den größten Teil der Stadt. Auf diesem Turm fand Bardow den Lordkommandeur, der über einer Karte Besh-Daroks brütete. Neben ihm standen eine Handvoll Ruls, die ihren Befehlshaber unsicher betrachteten.
    Die Turmspitze war von einer hüfthohen Mauer umgeben, maß etwa zwanzig Schritt im Durchmesser und wurde zum Teil von einem halbkreisförmigen, hölzernen Baldachin überspannt. In schmiedeisernen Ständern flackerten Fackeln im Nachtwind, und in einem Feuerkorb in der Nähe des Klapptisches, vor dem Mazaret stand, strahlte glühende Holzkohle ein schmutzig-orangenes Licht aus. Er drehte sich um, als Bardow sich näherte, und der Erzmagier bemerkte die Erschöpfung in dem tief gefurchten Gesicht des Mannes.
    Ach, mein Freund, wir sind zu alt für einen solchen Krieg, dachte Bardow. Aber was bleibt uns übrig? »Wie geht es dem Jungen?«, erkundigte sich Mazaret.
    »Recht gut«, erwiderte Bardow. »Er hat eine robuste Konstitution, ehrlich gesagt. Es gab allerdings nicht mehr viel zu tun, als ich im Krankensaal eintraf. Kodel und sein Waffenmeister hatten Taurics geringfügige

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