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01 - Schatten der Könige

01 - Schatten der Könige

Titel: 01 - Schatten der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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Anstrengung trennte er den Kopf vom Körper, dann entglitt ihm der Dolch. Der Mann starrte eine Sekunde auf seine Hände und fiel dann schlaff zu Boden.
    »Pap!«, schrie Gevran und lief zu ihm.
    »Rasch, Gilly!«, rief Suviel ihren Gefährten zu. »Trennt Ihnen die Köpfe vom Rumpf!« Der Händler schüttelte seine Benommenheit ab, hob sein Schwert vom Boden auf und ließ die Klinge auf den Hals des Jüngers neben ihm herabsausen, der sich gerade aufrappeln wollte. Keren zwang sich, aufzustehen, und stolperte hinter dem dritten Jünger her, der auf allen Vieren in den Wald kroch. Mit beiden Händen packte sie den Griff ihres Schwertes und beendete das grausige Werk. Suviel lief zu Gevran und packte seine Hand, unmittelbar bevor er den Griff des Schwertes berühren konnte, das seinem Vater noch im Leib steckte.
    »Nein! Sein Fluch würde dich vergiften, Kind!«
    »Aber es steckt in ihm!«, weinte der Junge. »Pa …!«
    »Gev«, flüsterte der Vater. »Gev, nicht…«Er hustete, und starrte Suviel an. »Sind sie …?« Sie nickte. »Woher wusstest du, wie man sie töten kann?«
    »Mein Bruder…«Er verzog vor Schmerz das Gesicht.«… kämpfte mit Gunderlek und ist der Belagerung von Rauthaz entkommen. Vor seinem Tod konnte er es mir noch verraten. Er hat einen Pfeil in die Schulter bekommen, der mit der gleichen Hexerei belegt war wie diese Höllenklinge hier.« Er packte den Arm des Jungen. »Ich habe Verwandte in Beharis, gute Frau. Bringt ihn sicher dorthin, ich flehe Euch an, im Namen Der Mutter.« Er grub die Finger seiner anderen Hand in die Erde, und seine Augen blickten in die Ferne. »Seine Lieder waren so wundervoll, sie haben uns … so … glücklich gemacht…« Dann entspannte sich seine Finger, sein Kopf sank zurück und die Augen wurden leblos. Gevran umklammerte die Hand seines Vaters und weinte. Suviel stieß einen langen, traurigen Seufzer aus. Dann bemerkte sie, dass Keren neben ihr stand. Die Schwertkämpferin schwankte ein wenig und rieb sich die Ohren.
    »Könnt Ihr mich hören?« Suviel stand auf.
    Keren nickte. »Nur leise.«
    »Passt einen Moment auf den Jungen auf«, sagte Suviel. »Er darf den Griff des Schwertes nicht berühren. Ihr ebenso wenig.«
    Die Schwertkämpferin nickte erneut, und Suviel ging zum Tempel. Mit einem Winken bedeutete sie Gilly, ihr zu folgen. Das Dorf schien durch den rötlichen Schimmer der Flammen wie in Blut getränkt, als hätte ein Gott des Schmerzes seine Domäne darin errichtet. Sie zweifelte nicht daran, dass diese drei rot gekleideten Jünger ihre Macht vom Brunn-Quell bezogen, doch als ihr Anführer von
Ystregul
gesprochen hatte, spürte sie in seinen Worten nur reine, fanatische Überzeugung.
    Sie runzelte die Stirn. Was hatte er noch gleich vom Feuer-Baum gesagt, der auf dem Plateau von Arengia betrogen worden war? Handelte es sich vielleicht um eine Perversion des Glaubens an den Vater Baum, die Ystregul erschaffen hatte, um die Verzweiflung der einfachen Menschen zu schüren? Prophet, hatte sein Jünger ihn genannt. Schattenkönig. Was bedeutete das? Sie trat in das Innere des glühenden Tempels und alle Gedanken schwanden vor dem, was sie sah und hörte.
    »Sie kommen, die Vollstrecker des Schicksals.«
    Sie hörte, wie Gilly nach Luft schnappte. »Avaltü«, flüsterte er.
    »Nicht mehr, Cordales Sohn. Nunmehr bin ich ein Auge im Inferno. Und was ich erblicken muss!« Der Sprecher war mit Hals, Brust und Beinen an ein Rundholz gebunden worden, das man in die Mitte des geborstenen Altars gerammt hatte, der im hinteren Teil des Tempels der Erden Mutter stand. Selbst die Steine des Altars wurden langsam von den Flammen geschmolzen und verzehrt, und umhüllten den Mann, den Gilly Avalti genannt hatte, mit einem flackernden, smaragdgrünen Schleier. Seine Gestalt schien dennoch unversehrt, und seine Gewänder waren vom Feuer unangetastet. Doch seine Augen waren starre Scheiben, in denen helle Farben wirbelten. Als er ihren Blick auf sie richtete, konnte Suviel nicht unterscheiden, ob er sich in Agonie oder Ekstase befand.
    »Ja, ich … ich sehe eine Schlange, deren zwei Köpfe einen tödlichen Kampf austragen. Ich sehe eine gefesselte Bestie, ich sehe einen hohlen Gebieter, der daraufwartet, gefüllt zu werden, ich sehe …« Der Blick der vielfarbigen Augen suchte Gilly. »Ich sehe einen eisernen Fuchs, unsichtbar für die Meute …«Der Blick glitt weiter zu Suviel,»… einen gefrorenen Vogel, gefangen im Eis …«, er sah an ihnen vorbei,«… und

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