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01 - Schatten der Könige

01 - Schatten der Könige

Titel: 01 - Schatten der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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konnte Bardow einen Blick auf deren Gesicht werfen und hatte erstaunt Keren erkannt. Erst nach einigen Momenten waren ihm die feinen Unterschiede aufgefallen, und er begriff, dass es sich bei ihr um das Spiegelkind Nerek handeln musste, Byrnaks Ausgeburt. Suviel saß ruhig auf dem Karren, und ihr gesenkter Kopf sowie ihr erschöpftes Gesicht verrieten ihre Verzweiflung. Sie wirkte hilflos und abgekämpft und dennoch nicht besiegt. Bardow sah, wie sie zweimal den Kopf schüttelte, als Nerek etwas sagte. Suviel erweckte sein Mitgefühl, und er näherte sich ihr beinahe unwillkürlich, um ihr zu zeigen, dass sie nicht vergessen war.
    Es hätte beinahe seinen Untergang bedeutet. Das Spiegelkind wirbelte zu ihm herum. Ihre Hände glühten in einem smaragdgrünen Licht, das einen geisterhaften Glanz auf ihr Gesicht warf. Bardow schaffte es gerade noch, sich zurückzuziehen, als das tödliche Feuer auf ihn zuschoss, und sich ausbreitete, um ihn zu umhüllen. Einen Moment schien es ihn zu packen, in einem schmerzhaften Augenblick voller brennender Pein, bis der Geflügelte Geist sich befreite und Bardow wieder in die Schlünde der Leere schleuderte, von wo aus er die Suche nach dem Thronfolger der Jäger-Kinder begann.
    Im Taubenschlag beobachtete Bardow jetzt, wie Mecadri seinen Vögeln einen endlosen Strom beruhigender Laute zuflüsterte, während er die winzigen Botenhüllen an ihren Beinen befestigte, sie einen nach dem anderen aus ihren Verschlagen holte, sie zu dem mit Schlitzen versehenen Fenster trug und sie in den Himmel empor warf. Jede Nachricht übermittelte bestimmte Befehle an die Rebellen, in denen ihnen befohlen wurde, in den kommenden Tagen jede Auseinandersetzung mit den Jäger Kindem und ihren Verbündeten zu vermeiden. Die Nachricht nach Oumetra kündigte außerdem Mazarets persönliches Eintreffen dort an und wurde als letzte abgeschickt. Doch als der Vogelhüter den ersten der drei Vögel losschickte, beschlich Bardow eine finstere, unheilvolle Vorahnung. Während er erschöpft schlief, hatte Mazaret die Führer von Süd-Cabal überzeugt, keine folgenschweren Entscheidungen zu treffen und ihnen versichert, dass er in der Lage wäre, die Jäger Kinder zu einer Fortsetzung des Paktes zu bringen. Dann hatte er sich eines der besten Pferde in Krusivel satteln lassen, einen grauen Hengst aus Yularia, der für seine Ausdauer berühmt war, und war mitten in der Nacht aufgebrochen.
    Was hatte Mazaret vor? Bardow konnte sich nur zwei Möglichkeiten denken. Bardow war sich beinahe sicher, dass der Thronerbe des Hauses Tor-Cavarill männlichen Geschlechtes war. Entweder wollte der Lordkommandeur versuchen, den Jungen selbst zu entführen, oder er wollte ihn umbringen. Nein, dachte er. Zu so etwas wäre Ikarno niemals fähig!
    Aber es fröstelte ihn, als er ihre Lage bedachte, und seine Gedanken verfinsterten sich, während er auflistete, was er wusste und fühlte, und auch die Ungewissen Launen des Schicksals in Betracht zog. Oumetra nahm immer mehr Platz in seinen Überlegungen ein. Dort liefen viele Fäden zusammen, und verwoben sich zu einem Knoten, der fürchterliche Konsequenzen mit sich bringen mochte. Und trotz aller Mühe, die Bardow sich gab, konnte er das Knäuel nicht entwirren.
    Mecadri, der Vogelhüter, trug derweil unbeachtet am anderen Ende des Schlages den dritten und letzten Botenvogel zu dem geschlitzten Fenster. Er hob das kleine Wesen an sein Gesicht, drückte seine Lippen einen Augenblick gegen seinen Schnabel und murmelte ein Lebewohl, bevor er es aus dem Schlag in die Luft hinaufwarf und der Vogel mit heftig flatternden Flügeln ihren Blicken entschwand.
    Ikarno Mazaret ritt in scharfem Galopp unter einem bleiernen Himmel und schützte sein Gesicht mit einem Tuch gegen den eiskalten Regen, den der Wind von Norden heranpeitschte. Es war mittlerweile Vormittag, und der Pfad, dem er folgte, war kaum mehr als ein Band aus Erde, das von Hufen festgestampft war und sich durch die bewaldeten Hügel und Hänge westlich des Audagal-Sees schlängelte. Es war sehr unwahrscheinlich, auf dieser Strecke auf eine Patrouille der Mogaun zu stoßen.
    Nachdem er Krusivel am Tag zuvor verlassen hatte, hatte er einige Stunden in einer schäbigen Herberge am Roten Weg gerastet, der Straße aus Erde und Holz, die pfeilgerade nordwärts durch Zentral-Kejana verlief. Aber er hatte nicht schlafen können, war wieder aufgestanden, hatte den Grauen gesattelt und war schon beim ersten Lichtstrahl am Horizont im Galopp

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