01 - Suche bissigen Vampir furs Leben
vom anderen Geschlecht nahm.
Und die andere? Ein frisch geschiedener Mann, der immer noch hoffnungslos in seine Ex verliebt war. Der einsame Damenslip, der sich zwischen seine Socken verirrt hatte, hätte sie eigentlich über die Lage ins Bild setzen müssen, aber sie hatte im Zweifel für den Angeklagten entschieden und ihn einem Fetisch zugeschrieben.
Hey, wir alle hatten es irgendwann einmal erst lernen müssen.
Wir wollten gerade den achten Waschsalon verlassen, als mich Evies Stimme kurz vor der Tür aufhielt.
„Hey, ist das nicht eine unserer Kundinnen?“
Ich wandte mich um und folgte Evies Blick bis zu dem großen Fernseher, der oben an der gegenüberliegenden Wand angebracht war. Gerade lief eine Wiederholung der Lokalnachrichten von heute Abend, die ich natürlich verpasst hatte. Wie immer.
Mir starrte das vertraute Gesicht einer Frau entgegen, mein Magen schnürte sich zusammen.
„Sie wäre fast eine unserer Kundinnen geworden“, sagte ich zu Evie. Bevor ich sie während des kleinen Vorfalls mit der gefälschten Prada-Tasche vertrieben hatte. Mir waren der Kaffee und die Kekse ausgegangen, also war sie zur Konkurrenz gegangen, wo es kostenlose Donuts mit Erdbeerfüllung gab (und Puderzucker). Und jetzt wurde sie vermisst.
„... sucht die Polizei nach Zeugen.“ Die Stimme des Sprechers übertönte das monotone Surren der Waschmaschinen und Trockner. „Sollten Sie diese Frau gesehen haben oder Informationen über ihren gegenwärtigen Aufenthaltsort besitzen, rufen Sie bitte bei unserer Hotline an. Die Nummer wird unten eingeblendet.“
Mit zitternden Händen zog ich mein Handy raus und wählte Ty Bonners Telefonnummer.
„Ich kannte die Frau“, berichtete ich Ty eine halbe Stunde später. Ich hatte Evie erst bei ihrer Wohnung abgesetzt, und als ich im Büro angekommen war, hatte er schon auf mich gewartet. „Ich kannte sie.“
„Dann weißt du ja auch, dass sich der Kerl an seine bisherige Herangehensweise hält.“ Er trug schwarze Jeans, ein San Antonio Spurs-T-Shirt in Schwarz und Silber sowie Stiefel. Seinen schwarzen Ledermantel hatte er über den Stuhl gelegt, auf dem er saß. Die Beine hatte er vor sich ausgestreckt und die Knöchel übereinander gelegt. Kräftige Muskeln und ein düsterer, grüblerischer Gesichtsausdruck. Er beobachtete mich unter einem schwarzen Cowboyhut hervor, den er sich tief in die Stirn gezogen hatte. Seine neonblauen Augen verfolgten jeden - meiner Schritte, als ich immer wieder rastlos von einem Ende zum andern über den Perser wanderte. „Er hat zwar den Ort gewechselt, doch er ist immer noch hinter demselben Typ Frau her.
Laura Lindsey passt haargenau ins Schema.“
„Laura?“
„Die Frau, die er gerade entführt hat. Sie war geschieden. Keine Kinder. Sie hat eine Großmutter irgendwo in Kentucky, aber keine anderen lebenden Verwandten. Sie hat sich letztes Jahr hierher versetzen lassen und seitdem noch nicht viele Freunde gefunden. Sie hat im Metropolitan Life Building gearbeitet, ist zweimal die Woche in die Bücherei gegangen und hat ihren Kaffee gern mit Zucker und viel Milch getrunken.“
„Na schön, ich hab sie natürlich nicht richtig gekannt, aber ich hatte sie immerhin kurz gesehen. Sie hat einen Fragebogen bei uns ausgefüllt.“
Seine Miene veränderte sich nicht, aber in seine Augen war ein Leuchten getreten. „Hast du ihr ein Date mit jemandem verschafft?“
„Die Gelegenheit dazu hatte ich gar nicht.“ Ich erklärte das mit der Annonce und der Gratisverpflegung und erzählte, wie mir der Nachschub ausgegangen war. (Da ich nach wie vor das Image des scharfen, unerreichbaren gebürtigen Vampirs verbreiten wollte, ließ ich den Teil aus, wo ich auf der Suche nach dem verloren gegangenen Prada-Firmenschild auf dem Boden herumgekrabbelt war.) „Sie wurde erst wütend und ist dann richtig ausgeflippt. Trotzdem, so was hat sie nicht verdient.“ Ich blieb stehen, unsere Blicke trafen sich. „Du musst sie finden. Oder zumindest herausfinden, was mit ihr passiert ist.“
„Das werde ich.“ Er stand auf und kam die paar Schritte zu mir herüber.
Am liebsten wäre ich weggelaufen. Leider hätte ich zugleich auch am liebsten etwas ganz anderes getan (wobei es mehr ums Berühren als ums Weglaufen ging). Und so blieb ich, wo ich war.
„Was?“, fragte ich, als er mit einem komischen Gesichtsausdruck einfach nur auf mich hinabstarrte. „Du bist wirklich .. zu viel.“ „Was soll das heißen?“
Er schob seinen Hut so zurück, als
Weitere Kostenlose Bücher