01-Unsterblich wie die Nacht-redigiert-25.10.12
in ihr erloschen. Mikhail, dieser Schuft, war einfach verschwunden und hatte sie mit diesem arroganten Lord, den er ohne ihr Wissen in ihre Loge eingeladen hatte, sitzen gelassen.
Zugegeben, der Mann hatte einen reinrassigen Stammbaum, aber er war der überheblichste Snob, der ihr je untergekommen war.
»Also, wie gesagt, Lady Shelton … oder sollte ich Prinzessin Belanow sagen? Was würden Sie vorziehen, meine Liebe?« Lord Anthony Hettinger zwirbelte seinen Schnurrbart und musterte sie durch sein Monokel.
Angelica warf zum fünfzehnten Mal in ebenso vielen Minuten einen hilfesuchenden Blick zum Vorhang, der ihre Loge vom Gang abteilte.
»Das spielt wirklich keine Rolle«, stieß sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Sie musste sich wirklich beruhigen, denn wenn sie Lord Anthonys Gedanken noch länger lauschte, müsste sie sich übergeben.
Dieser fürchterliche Mensch hatte während der ganzen letzten Stunde nur an eins denken können: wie vorteilhaft - oder nicht vorteilhaft - eine Verbindung mit ihr wäre, sowohl finanziell als auch was den gesellschaftlichen Status betraf, der ihm daraus erwachsen würde. Er schien nichts dagegen zu haben, eine blaublütige russische Prinzessin in seinen Stammbaum aufzunehmen; sein einziges Problem war ihre Augenfarbe.
Tatsächlich tobte in seinem Inneren ein Kleinkrieg. Die Aussicht, möglicherweise blauäugige Kinder zu bekommen, stieß ihn ein wenig ab, waren die Hettingers doch immer dunkeläugig gewesen. Nun, dies galt es sorgfältig zu bedenken.
»Vielleicht sollte ich Sie ja Angelica nennen«, spekulierte Lord Anthony, ohne sie aus den Augen zu lassen. Falls er glaubte, sich solche Freiheiten bei ihr herausnehmen zu können, dann hatte er sich getäuscht!
Schärfer als beabsichtigt sagte sie: »Ich kenne Sie ja kaum, Lord Anthony. Ich denke nicht, dass eine solche Vertraulichkeit angebracht wäre.«
Erst als der Lord daraufhin zufrieden lächelte, erkannte sie ihren Fehler und fluchte innerlich. Mist! Dem Kerl gefiel es, dass sie so konservativ und zugeknöpft war. Wahrscheinlich, weil er selbst nicht anders war. Was für ein trüber Gedanke!
Wo blieb nur Mikhail? Eine Frechheit, ihr einfach diesen Mann vor die Nase zu setzen und dann zu verschwinden. Sobald er auftauchte, würde sie ihm ordentlich eins hinter die Ohren geben!
Ein Prickeln im Nacken veranlasste sie, sich dem Zuschauerraum zuzuwenden. Man unterhielt sich, ging von Gruppe zu Gruppe, nutzte die Pause für einen Plausch. Ihr Blick glitt über Rüschen und frisch gestärkte Krägen - bis er an einem Augenpaar hängen blieb, das sie so schnell nicht vergessen würde.
8. Kapitel
Alexander war einen Moment lang wie erstarrt. Dort war es wieder, dieses Gesicht, das ihn nicht mehr losließ. Was wollte er bloß von ihr? Etwas … was?
Sie sah atemberaubend aus in ihrem grünen Abendkleid, das rabenschwarze Haar kunstvoll hochgesteckt, die Stirn von ein paar zierlichen Locken umrahmt, um die Strenge der Frisur zu mildern. Das Bemerkenswerteste an ihr waren jedoch ihre Augen - diese Augen, in denen sich ein Mann verlieren konnte.
Sie besaßen die Farbe des Mittelmeers bei Sturm, ein tiefes, dunkelblaues Türkis, wach und intelligent. Aber da war noch eine andere Empfindung, die er gut kannte: Leid.
Abermals überfiel ihn drängende Lust. Und Zorn. Zorn auf den Mann, der neben ihr saß. Da wurde ihm klar, dass er sie begehrte.
Dass er sie ganz für sich allein haben wollte.
»Alexander?«
Ohne die Augen von seiner türkisäugigen Hexe abzuwenden, sagte er: »James, hat sich diese Vampirin, die zu Besuch ist, schon bei dir gemeldet?«
James schüttelte den Kopf und zog seine Manschetten zurecht. Was für ein frustrierender Tag! Sie hatten ein Blumenmädchen entdeckt, das Sergej gesehen zu haben schien. Doch als sie den Mann, den sie beschrieb, dann fanden, stellte sich heraus, dass es nur ein ganz gewöhnlicher Halsabschneider war.
Sie hatten ihn der Polizei übergeben, da er ein Dieb und Schurke war, aber Sergej waren sie dadurch keinen Schritt näher gekommen.
James konzentrierte sich wieder auf Alexander. »Nein. Wahrscheinlich ist sie wieder abgereist.«
»Ist sie nicht.«
Erst jetzt fiel James auf, dass sein Freund einen der jenseitigen Balkone anvisierte. Er blickte dorthin, runzelte die Stirn, dann schüttelte er den Kopf.
»Ich sehe keinen Vampir.«
Das war verständlich.
»Sie verdeckt ihre Aura. Sie wirkt wie ein Mensch.«
Das ließ James aufhorchen. »Das können
Weitere Kostenlose Bücher