01-Unsterblich wie die Nacht-redigiert-25.10.12
ja?«
Mikhail nickte und stellte glücklicherweise keine weiteren Fragen. Sie verließen das Theater und gingen die Straße entlang zu ihrer Kutsche. Die beiden Männer waren nirgends zu sehen, aber das verwunderte Angelica nicht. Es war inzwischen viel zu viel Zeit vergangen und die beiden konnten wer weiß wo sein - auf halbem Weg nach Schottland.
Ungewöhnlich schweigsam half Mikhail ihr in die Kutsche. Abermals wunderte sie sich, was passiert sein mochte, weil er so zerzaust aussah.
Aber vielleicht ging es ihm ja wie ihr, und er wollte im Moment nicht reden. Sie beschloss, ihn noch ein Weilchen in Frieden zu lassen.
»Hopkins, schicken Sie bitte einen Jungen zu Loge zwölf, mit einer Nachricht für Lord Anthony«, bat Mikhail ihren Kutscher. Angelica lehnte sich derweil aufatmend zurück.
Als dies erledigt war, signalisierte Mikhail dem Kutscher, sie nach Hause zu bringen. Beide schwiegen zunächst. Angelica blickte aus dem Fenster, um sich zu sammeln. Sie durfte sich nicht aufregen, das brachte nichts.
»Tut mir leid, dass ich dich allein gelassen habe, aber mir ging’s nicht gut«, gestand Mikhail leise.
Angelica blickte ihn besorgt an. »Was soll das heißen?«
Mikhail fuhr sich mit der Hand durch seinen zerzausten Haarschopf und schloss erschöpft die Augen.
»An der Bar gab es eine Auseinandersetzung. Zwei Männer stritten sich wegen irgendwas, ich glaube, sie waren betrunken. Sie wollten mit den Fäusten aufeinander losgehen, wurden aber von zwei anderen festgehalten. Als ich sah, dass einer davon ein Bekannter von mir war, beschloss ich zu helfen. Das Ganze artete ein bisschen aus und …« Mikhail schaute sie mit einem eigenartigen Ausdruck an, dann stieß er einen tiefen Seufzer aus. »Wir hatten unseren Kerl gerade in eine Droschke geschubst, als … nun, ich merkte auf einmal, dass ich mich ein bisschen hinsetzen musste.«
Mikhail beugte sich vor und ergriff die Hand seiner Schwester, die ihn erschrocken ansah. »Es geht schon wieder, Angelica, es war nichts weiter. Ich war dumm, ich hätte mich nicht einmischen sollen. Tut mir leid, dass ich dich im Stich gelassen habe.«
Angelica begann plötzlich zu weinen. Es war einfach zu viel. Zuerst Lord Anthony mit seinem unerträglichen Snobismus, dann ihr geheimnisvoller Unbekannter, der ihr einen Hoffnungsschimmer zeigte, nur um ihr dann die Tür vor der Nase zuzuschlagen. Und dann Nicholas, zu dem sie netter hätte sein sollen, in Anbetracht der Tatsache, dass sie einen reichen Mann brauchte. Und jetzt auch noch Mikhail, auf den sie so wütend gewesen war - dabei war er in Not gewesen und hätte dringend ihre Hilfe gebraucht.
Sie klammerte sich an seine Hand wie an einen Rettungsanker. »Nein, nein, mir tut es leid. Ich hätte wissen müssen, dass du mich nicht einfach so im Stich lässt. Bitte versprich mir, dass du nie mehr so was Dummes tust, Mikhail! Du bist alles, was ich noch habe! Ohne dich wäre ich ganz allein.«
Mikhail nahm sie in seine Arme und strich ihr tröstend übers Haar. »Sch, sch, weine nicht, Angel. Es wird alles wieder gut. Ich verspreche, dass ich in Zukunft vorsichtiger bin.«
Nachdem sie eine Weile geschwiegen hatten, sagte Mikhail plötzlich trocken: »Wenn ich’s mir recht überlege, wäre ich vielleicht doch lieber tot umgefallen. Das hätte mir dein Geheule erspart.«
Angelica musste lachen. Sie versetzte ihrem Bruder einen Hieb. »Du Schuft! Du bist unmöglich.«
Mikhail grinste. Immerhin hatte er es geschafft, die Tränenflut zu stoppen.
»Ist dir eigentlich klar, dass ich viel klüger bin als du, Mikhail Belanow? Was ich sage, hat zumindest philosophischen Wert!«
»Du bist dermaßen eingebildet! Ich schaudere bei dem Gedanken daran, was du gemacht hättest, wenn du ein Mann geworden wärst. Wahrscheinlich hättest du dich Napoleon angeschlossen und versucht, die Welt zu erobern«, sagte Mikhail erbost, doch seine Augen funkelten vergnügt.
Jetzt, wo sie an der Krise vorbeigeschrammt waren, fiel Angelica wieder der Ärger von vorhin ein. Stirnrunzelnd sagte sie: »Wie kamst du bloß auf die Idee, diesen schrecklichen Lord Anthony anzuschleppen?«
Mikhail hob in gespielter Unschuld die Brauen. »Was meinst du damit, Schwesterherz? Er ist ein guter Freund von mir!«
Das kaufte ihm Angelica nicht ab. »Ach ja? Dann kannst du mir ja sicher ein paar Fragen über ihn beantworten.«
Mikhail nickte. »Schieß los.«
»Hat er ein Haus in London?«
»Natürlich«, sagte Mikhail langsam.
»Und er stammt aus
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