Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
01-Unsterblich wie die Nacht-redigiert-25.10.12

01-Unsterblich wie die Nacht-redigiert-25.10.12

Titel: 01-Unsterblich wie die Nacht-redigiert-25.10.12 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mina Hepsen
Vom Netzwerk:
Bildes erblickte er  sie .
    Rabenschwarzes Haar und ein Gesicht, das es an Schönheit mit sämtlichen Modellen der alten Meister aufnehmen konnte. Er atmete ihren betörenden Duft ein und fragte sich gleichzeitig, warum es ihn nicht überraschte, sie hier zu sehen.
    Angelica wandte sich um, als sie seine Schritte hörte, fast so als fühlte sie, dass er es war. Er konnte ihre Gedanken zwar nicht lesen, doch ihre Augen verrieten auch so ihre Überraschung.
    »Prinz Kourakin.«
    Ihre Stimme hallte leise im Raum. Ein warmer Ausdruck trat in ihre Augen. »Ich bin so froh, Sie zu sehen.«
    Alexander freute sich über ihre Worte, ließ sich aber nichts anmerken. Er wusste immer noch nicht so recht, was er mit seinen Gefühlen für sie anfangen sollte.
    »Ich meine, was für eine angenehme Überraschung«, stammelte sie und wurde rot. Dennoch, er sollte ruhig wissen, wie dankbar sie ihm war.
    »Das Vergnügen ist ganz meinerseits«, antwortete er, diesmal ganz formvollendet.
    Angelica trat in der nun folgenden Stille verlegen von einem Fuß auf den anderen. »Und was führt Sie hierher?«, fragte sie schließlich, weil ihr nichts Besseres einfiel.
    Sie war verlegen. Das war gut. Alexander lächelte über ihren ungeschickten Versuch, eine Unterhaltung zu beginnen.
    »Ich will mir die Bilder ansehen, was sonst?«
    Bei der Erwähnung der Bilder wandte sich Angelica wieder zu dem Gemälde um, in dessen Betrachtung sie bis soeben noch vollkommen versunken gewesen war. Die Farbwahl war kühn, erregend. Und unendlich traurig.
    »Ja, es ist wunderschön, nicht wahr?«, sagte sie, erneut gefangen genommen von dem Gefühlssturm auf dem Gemälde.
    Alexander betrachtete ihr Profil und fragte sich, wie sie auf so einen Gedanken kam.
    »Als ›schön‹ würde ich es wohl kaum bezeichnen«, erwiderte er sarkastisch.
    Angelica schaute ihn überrascht und ein wenig verärgert an.
    »Und wieso nicht?«
    Er ging nicht auf ihre Frage ein. »Ist das Motiv nicht ein wenig zu viril für eine Unschuld wie Sie?«
    Angelica hatte keine Ahnung, wieso er so herablassend und abweisend war, aber allmählich wurde sie ärgerlich. Zu viril? Das war ja lachhaft. Die gesichtslose Gestalt auf dem Bild lag im Sterben!
    »Nein, durchaus nicht«, antwortete sie knapp.
    Alexander hob eine Braue. »Sie haben keine Angst vor dem Tod?«
    »Nein.«
    Sie sagte das so ernst und einfach - Alexander glaubte ihr.
    »Dann sind Sie wohl sehr religiös?«
    Angelica lachte auf, schlug dann aber sogleich ihre behandschuhte Hand vor den Mund. Sie konnte nur hoffen, dass ihre Tante sie nicht gehört hatte und angesegelt kam, um »auf sie aufzupassen«. Der Museumsbesuch war Lady Dewberrys Idee gewesen, und Angelica war froh, dass ihr diesmal der Vortrag über die Feinheiten der barocken Kunst erspart geblieben war - bis jetzt zumindest.
    »Das hat nichts mit Religion zu tun, Prinz Kourakin. Wir alle sterben, und das Tag für Tag.«
    Alexander musterte sie interessiert. »Erklären Sie das, bitte.«
    »Der Mann, der dieses Gemälde schuf, ist tot. Er ist gleich nach Fertigstellung des Bildes gestorben.«
    Alexander konnte sich nur mühsam ein Lächeln verkneifen. Wenn sie wüsste! ›Der Mann‹ stand nämlich vor ihr.
    »Woher wollen Sie das wissen? Der Künstler ist nicht bekannt.«
    Angelica schüttelte den Kopf. »Das spielt keine Rolle. Unsere Erfahrungen machen uns zu dem, was wir sind. Demnach ist es nur logisch, dass wir uns beständig verändern, und der Mensch, der wir einmal waren? Dieser Mensch ist nicht mehr.« Sie wies auf das große Gemälde. »Dieser Künstler ist nicht mehr. Was immer er war, als er dies malte, ist danach gestorben.«
    Sie hatte absolut recht. Der Mann, der gelacht und geliebt hatte, der Maler, der jede Minute seines Lebens genossen hatte, war nicht mehr. Ja, er war gestorben.
    Sie blickte ihm geradewegs in die Augen, wie um ihn zu zwingen, sie ernst zu nehmen. »Gestern war ich ein anderer Mensch, ein Mensch, der permanent litt. Jetzt bin ich ein neuer Mensch. Ähnlich, und doch anders.« Tief Luft holend, fuhr sie fort: »Gestern bin ich gestorben. Und ich bin froh und glücklich über den Menschen, der neu geboren wurde. Dafür habe ich Ihnen zu danken.«
    Alexander musterte sie schweigend. Plötzlich wurde ihm bewusst, dass er sie malen wollte. Er wollte sie küssen, bis sie ihn mit Augen ansah, in denen mehr lag als nur Dankbarkeit.
    »Im Übrigen«, sagte sie schulterzuckend und wandte sich wieder zu dem Gemälde um, »weiß ich eins

Weitere Kostenlose Bücher