01-Unsterblich wie die Nacht-redigiert-25.10.12
die Dankbarkeit in ihrem Blick … das machte vieles wieder wett.
Angelicas Verschwinden hinterließ eine angespannte Stille. Wenig später drang von drinnen, aus dem hinteren Teil des Hauses, leises Klavierspiel zu ihnen.
»Ich weiß nicht, was da gerade vor sich gegangen ist«, sagte Mikhail leise und zögernd. Alexander sah seine Verlegenheit und verstand, dass der junge Mann nach einer Erklärung für ihr Verhalten suchte.
»Keine Entschuldigung nötig, Mikhail. Ich kann deine Fürsorge und Liebe für deine Schwester nur bewundern.«
»Dann ist es ja gut.« Mikhail grinste erleichtert. »Darauf einen Wodka, na, wie wär’s?«
»Ich kann nicht lange bleiben, aber für einen Wodka reicht es.«
»Verstehe. Also, ich habe dir die Männer aufgelistet, die am Schmuckhandel Interesse haben könnten. Ich weiß nicht warum, aber ich hätte nicht gedacht, dass ausgerechnet du dich für Schmuck interessierst.«
Alexander erwiderte nichts darauf und folgte dem jüngeren Mann ins Haus. Mikhail begann entspannt zu plaudern, sobald sie sich in einem gemütlichen Studierzimmer niedergelassen hatten, aber Alexander hatte Mühe, sich auf das Gespräch zu konzentrieren. Er vernahm die Klänge einer sehnsüchtigen Melodie aus dem Musikzimmer, und sie schlug ihn in ihren Bann.
»Das ist ihre Art, mit Leid umzugehen.«
»Was?« Alexander blickte auf. Sein Gegenüber machte auf den ersten Blick einen eher leichtfertigen Eindruck, aber das täuschte. Mikhail war intelligent, wie Alexander bereits bemerkt hatte; doch offensichtlich hatte er sein scharfes Wahrnehmungsvermögen unterschätzt.
»Die Musik. Sie nimmt einen gefangen, nicht?«
Das ließ sich nicht bestreiten. Erst jetzt wurde ihm bewusst, dass sich seine Empfindungen wohl auf seinem Gesicht abgezeichnet hatten.
»Ja. Sie ist wunderschön in ihrer Traurigkeit.« Alexander schwenkte die wasserklare Flüssigkeit in seinem Glas und wechselte das Thema: »Habe ich dir schon von Murat Yavidoglu erzählt …«
Die beiden waren in eine lebhafte Debatte über die politische Situation im Osmanischen Reich vertieft, als ein Diener mit einer Nachricht eintrat, die er Alexander auf einem Silbertablett überreichte.
»Ein Bote hat diese Nachricht gebracht, Sir. Er wollte nicht auf eine Antwort warten.«
Alexander nahm den Zettel entgegen, und der Diener zog sich wieder zurück.
»Du entschuldigst mich einen Moment.« Alexander machte Anstalten, sich zu erheben, aber Mikhail winkte ab.
»Bitte, bleib sitzen! Ich höre gerade, dass Angelica zu spielen aufgehört hat; ich werde wohl besser mal nach ihr sehen. Lass dir ruhig Zeit.« Mikhail erhob sich.
Alexander nickte und wartete, bis Mikhail den Raum verlassen hatte, bevor er die Nachricht las.
10. Kapitel
Angst. Alexander spürte den unangenehmen Geschmack im Mund, während er über die gekieste Auffahrt auf James’ Residenz zuging.
»Willkommen, Clanführer.«
Der treue alte Butler des Herzogs von Atholl schwang die schweren Flügel des Eichenportals auf, bevor Alexander die Marmortreppe ganz erklommen hatte. »Sie werden bereits im Salon erwartet.«
Alexander nickte und eilte durch die prächtige Eingangshalle.
»Alexander.« James löste sich aus einer Gruppe von Vampiren und kam auf ihn zu, Besorgnis im Blick. Alexander sah sich um. Dreißig ebenso besorgte Mienen starrten ihm entgegen.
»Schon wieder eine Leiche?«
»Ein Vampir.«
Alexanders Hände ballten sich unwillkürlich zu Fäusten. Aber da war mehr. James hatte noch nicht alles gesagt. Das Einzige, was schlimmer sein konnte …
»Wie hat sie der Vampirjäger erwischt?«
James schien nicht überrascht zu sein, dass Alexander die richtigen Schlussfolgerungen gezogen hatte: Das Opfer war eine Frau, und sie war von einem Jäger getötet worden.
»Das wissen wir noch nicht so genau. Sie gehörte zum Südclan und war zu Besuch hier. Wir haben bereits eine Nachricht an Ismail geschickt, dass sie getötet wurde. Die Zeremonie wird noch heute Nacht stattfinden.«
So wollte es das Gesetz. Aber Alexander wünschte, sie müssten sich nicht mit einer Beerdigungszeremonie aufhalten, solange ein Vampirjäger frei herumlief.
Sein Blick wanderte über die anwesenden Vampire. Er blieb an Henry, Christophers Vater, hängen. Alexander winkte ihn heran und erteilte ihm seine Befehle.
»Du musst sofort zu Scotland Yard gehen und uns alles beschaffen, was sie haben: Spuren, Hinweise, was auch immer. Er ist ein Mensch, also wird er auch Spuren hinterlassen
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