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01-Unsterblich wie die Nacht-redigiert-25.10.12

01-Unsterblich wie die Nacht-redigiert-25.10.12

Titel: 01-Unsterblich wie die Nacht-redigiert-25.10.12 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mina Hepsen
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der Hand am Türknauf, lauschte sie noch einen Moment länger. Das Holz der Türe vibrierte unter den zögernden Klängen des Klaviers.
    Ein leiser Schauder überlief sie, und sie ließ ihre Hand sinken. Das war nicht Alexander, dessen war sie sich absolut sicher.
    Alexander Kourakin würde nichts auf der Welt so zögerlich machen. Wenn er Klavier spielen müsste und nicht damit zurechtkäme, würde er in die Tasten hämmern, bis sie spurten, so viel war sicher!
    Wer war es dann, der dort spielte? Die gleiche Neugier, die sie dazu getrieben hatte, das Buch aufzuschlagen, drängte sie nun vorwärts.
    Zu Angelicas großer Überraschung war es Joanna, die mit gerunzelter Stirn am Piano saß und mit der relativ einfachen Mozart-Partitur rang.
    Sie wäre im ersten Moment am liebsten auf ihre Freundin zugerannt, um sie zu begrüßen, hielt sich jedoch zurück. Joanna war ein Vampir wie all die anderen.
    Obwohl … obwohl sie so normal schien. Sie hatte sie in den letzten Tagen besser kennen gelernt und wusste daher, dass sie Wünsche, Träume und Sehnsüchte hatte wie jeder andere auch.
    Aber das spielte im Moment keine Rolle.
    Angelica gab sich einen Ruck.
    »Klavierspielen ist nicht gerade deine Stärke, was?«
    Die Musik brach abrupt ab, und Joanna blickte auf. Ein strahlendes Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus, und zu Angelicas großer Überraschung rannte die Rothaarige auf sie zu und umarmte sie.
    Dann wich sie ein wenig zurück und blickte Angelica forschend an.
    »Um ehrlich zu sein, Angelica, ich habe mir schreckliche Sorgen um dich gemacht. Ich war fast sicher, dass du einen Weinkrampf kriegen oder dich zumindest weigern würdest, das Bett zu verlassen.«
    Angelica grinste trocken. »Letzteres habe ich sogar ernsthaft in Erwägung gezogen, wenn du’s genau wissen willst.«
    Joanna lachte, wurde aber gleich wieder ernst. »Bist du wütend auf mich?«
    Angelica zuckte die Schultern und ging mit ihr zur Fensterbank. »Zuerst schon. Aber wie soll man auf jemanden wütend sein, der sein Leben für einen riskiert?«
    Joanna blickte sie bittend an. »Ich habe die ganze Nacht nachgedacht, und mir kam der Gedanke, du könntest vielleicht glauben, dass ich dich betrogen habe, weil ich dir verschwieg, was ich bin.« Joanna blickte, nach Worten ringend, auf den Hinterhof hinaus. »Du musst das verstehen … wir … wir Vampire dürfen uns den Menschen nicht anvertrauen.«
    »So viel hab ich inzwischen verstanden«, sagte Angelica, nicht ohne Bitterkeit.
    Joanna runzelte die Stirn. »Was gestern geschah, muss schrecklich für dich gewesen sein, aber wir haben gute Gründe für unsere Geheimniskrämerei und für unsere strengen Gesetze. Oder glaubst du vielleicht, eure Rasse würde uns ungehindert weiterleben lassen, wenn sie von unserer Existenz erführe?«
    Angelica wollte schon ja sagen, klappte im letzten Moment aber den Mund zu. Würden die Menschen einer anderen Rasse gegenüber Toleranz zeigen, wo sie doch immer noch Mitglieder der eigenen Rasse versklavten, bloß weil sie eine andere Hautfarbe oder eine andere Glaubenszugehörigkeit hatten?
    »Wir sehen aus wie Menschen, wir verhalten uns wie Menschen, aber gleichzeitig besitzen wir überlegene Körperkräfte, eine schärfere Sehkraft, besseres Gehör, sind agiler, schneller … nein, man würde in uns eine Gefahr für die Menschheit sehen, Blutsauger, die man ausrotten muss …«
    Angelica spürte, wie traurig und zornig ihre Freundin war. Könnten ihre Gesetze tatsächlich sinnvoll sein?
    »Mit ›man‹ meinst du die Angehörigen meiner Rasse. Aber es gibt auch Menschen, die euer Vertrauen verdienen.«
    Joanna lächelte traurig. »Vampire können sich im Charakter eines anderen ebenso irren wie Menschen. Früher oder später würde man dem Falschen Vertrauen schenken, und was dann? Ein Einziger würde schon genügen, um uns zu verraten. Und dann kämen sie mit Fackeln und Heugabeln, wie schon einmal.«
    Angelica erkannte, dass Joanna wohl recht hatte. Die Geheimhaltung ihrer Existenz schien tatsächlich eine Überlebensfrage zu sein. Aber das rechtfertigte noch lange nicht, dass man sie gestern hatte  töten  wollen.
    Aber man hatte sie ja nicht getötet, oder? Sie hatten überlegt, wie sie ihre Gesetze umgehen könnten, damit sie am Leben bleiben konnte.
    Gott, sie bekam noch Kopfschmerzen!
    »Moment mal.« Angelica erhob sich und schaute sich mit großen Augen um. »Es ist helllichter Tag, wie kannst du da überhaupt hier sein und mit mir

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