01-Unsterblich wie die Nacht-redigiert-25.10.12
nichts Ungewöhnliches. Wenn sie seine Geliebte wurde, könnte er seinen Verpflichtungen als ihr Führer so viel leichter nachkommen.
Ja, sie war unschuldig und unentschlossen, aber sie begehrte ihn auch, dessen war er sicher. Und wenn sie einmal zusammen wären, würde er sie besuchen, wann immer es ihm passte. Und dieses unangenehme Feuer, das in ihm loderte, würde sich bald genug abkühlen. Dann könnte er sich wenigstens wieder auf seine Aufgabe konzentrieren, etwas, das ihm nicht mehr gelungen war, seit er sie kennen gelernt hatte.
Sei mein. Angelicas Hände zuckten von den Tasten zurück. Hatte sich ihre Blockade beim Klavierspiel aufgelöst? Die Stimme klang nach Alexander, aber das konnte nicht sein. Alexander war nicht hier. Und so etwas würde er sowieso nie sagen.
Ihr Blick schweifte suchend über das begeistert applaudierende Publikum. Nein, sie hatte sich von ihrer Musik hinreißen lassen, das geschah oft genug. Einmal hatte sie sich so vom Türkischen Marsch mitreißen lassen, dass sie glaubte, Trompeten und Trommeln zu hören.
»Unglaublich!«, rief Lord Summers ein ums andere Mal aus, während die Diener das Licht anzündeten. »Einfach fantastisch!«
»Danke.« Angelica machten diese Lobeshymnen allmählich verlegen. Der Applaus hatte immer noch nicht aufgehört. Ihre Wangen brannten.
»Ah, da sind ja auch unsere letzten Gäste.« Lord Summers eilte auf die Herzogin zu. »Eure Hoheiten, so geehrt, so geehrt! Und Prinz Kourakin! Willkommen, willkommen, was für eine wundervolle Überraschung.«
Angelica machte große Augen. Er war also doch da! Aber die telepathische Botschaft konnte doch nicht von ihm gekommen sein, oder? In diesem Moment vertrat ihr Mikhail die Sicht auf den umwerfenden Mann, der die Blicke aller anwesenden Frauen auf sich zog.
»Das war wundervoll.«
Ihr Herz, das bei Alexanders Anblick einen Schlag ausgesetzt hatte, führte nun einen verlegenen kleinen Tanz auf. Sie biss sich in die Lippe. Mikhails strahlende Miene machte ihre Schuldgefühle nur noch schlimmer, und die Distanz zwischen ihnen erschien ihr schier unerträglich. Sie wünschte so sehr, ihm alles sagen zu können.
»Danke.«
Ihr Bruder hob die Hand und schob eine Haarnadel in ihre Coiffure zurück.
»Superb gespielt, wenn auch - wie immer - mit undamenhafter Leidenschaft!« Er grinste. »Trotzdem: Ich bin stolz auf dich.«
Die Gefühle drohten sie zu überwältigen, und sie sehnte sich danach, ihre Arme um ihren kleinen Bruder schlingen zu können, wie sie es früher so oft getan hatte.
»Mikhail, ich hab dich von Herzen gern, das kann ich gar nicht oft genug sagen.«
Mikhail ergriff ihre Hände und blickte auf die schlanken Finger, die so wunderbare Musik hervorbrachten.
»Ich dich auch. Ich versteh’s zwar nicht, aber du fehlst mir.«
Angelica verstand es sehr wohl, durfte aber nichts sagen.
Mikhail tätschelte lachend ihre Hand. »Und wo ist Nicholas?«
Angelica zuckte mit den Schultern, froh, dass er das Thema gewechselt hatte. »Er musste weg, seine Mutter ist krank. Ich soll ihn bei dir entschuldigen.«
»Komisch, ich dachte, seine Mutter …«
»Guten Abend!« Joanna tauchte lächelnd neben Mikhail auf.
»Joanna, bist du meinem Bruder überhaupt schon offiziell vorgestellt worden?«, fragte Angelica.
Mikhail verbeugte sich lächelnd. »Mikhail Belanow, zu Diensten.«
Joanna lachte. Ihre Augen funkelten. »Nennen Sie mich bitte Joanna. Und es ist mir ein Vergnügen, ehrlich! Ich habe schon so viel von Ihnen gehört. Darf ich Ihnen dazu etwas sagen? Wenn Sie als Ehemann ebenso hingebungsvoll sind wie als Bruder, dann hätte ich da ein paar Freundinnen, die ich Ihnen unbedingt vorstellen möchte!«
Mikhail brachte dieser reichlich ungewöhnliche Auftakt ihrer Bekanntschaft keineswegs aus der Fassung. Angelica dagegen räusperte sich verlegen.
»Joanna … also wirklich«, begann sie halb lachend, wurde jedoch von ihrem Bruder unterbrochen.
»Heißt das, Sie sind schon vergeben, Lady Joanna?«
Angelica traute ihren Ohren nicht. Und Joanna lachte auch noch! Oh, diese beiden waren einfach unmöglich.
»Hört sofort auf, alle beide! Man wird euch noch hören, und dann ist mein Ruf ruiniert!«, zischte sie erzürnt.
Joanna legte nachdenklich den Kopf zur Seite. »Aber du bist doch schon so gut wie verheiratet, mit diesem gutaussehenden Teufelskerl. Wozu brauchst du da noch einen makellosen Ruf?«
Mikhail lachte, Angelica schüttelte nur den Kopf. Glücklicherweise verkündete
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