01-Unsterblich wie die Nacht-redigiert-25.10.12
will, dass du dich vollkommen zu Hause fühlst, und dein Nicholas ist mir immer willkommen.« Die Herzogin biss ekstatisch in ein Hörnchen. »Aber was ist denn so dringend, dass er dich unbedingt sofort sehen muss?«
Angelica setzte nachdenklich ihre Teetasse ab. »Vielleicht ist es wegen seiner Mutter. Soweit ich weiß, ist sie ziemlich krank. Vielleicht muss er ja plötzlich weg und will nicht gehen, ohne mich noch einmal gesehen zu haben.«
»Ja, das könnte es sein«, vermutete auch Margaret.
Angelica wünschte nur, es würde ihr mehr ausmachen, dass er weg musste. Eigentlich sollte es sie ärgern, dass ihre Heiratspläne dadurch eine Unterbrechung erfuhren - die Zeit drängte. Und dennoch konnte Angelica nicht die gebührende Traurigkeit aufbringen.
Das heißt, traurig war sie schon, aber aus den falschen Gründen. Seit sie aufgewacht war, musste sie an Alexander denken und dass er nach Moskau zurückgehen würde - eine Vorstellung, die kaum auszuhalten war.
Dummkopf! Jetzt gib’s schon zu: Du hast dich in ihn verliebt!
»Angelica, hast du mich gehört?« Die Herzogin musterte sie forschend.
»Ich, äh, nein, ich war ganz in Gedanken …«
Margaret lachte, zu Angelicas Erleichterung. Warum war sie bloß so nervös?
»Ja, das hab ich gemerkt! Aber während du in irgendwelchen gedanklichen Höhen - oder Tiefen - weiltest, habe ich mich hier auf Erden über diese köstlichen Hörnchen hergemacht.« Sie tätschelte liebevoll ihren Bauch. »Der kleine Racker macht mich so hungrig!«
Angelica betrachtete die Herzogin und fragte sich unwillkürlich, ob sie selbst je ein Kind haben würde. »Sehen Vampirbabys eigentlich genauso aus wie Menschenbabys?«
Die Herzogin lächelte. »O ja! Unsere Babys sehen nicht nur so aus, sie sind auch genauso wie Menschenbabys.«
»Was meinst du damit?«
Die Herzogin legte ihre bestrumpften Füße aufs Sofa. Sie hatte diesen Raum schon immer gemocht, und es freute sie, dass auch Angelica die Bibliothek der herzoglichen Residenz allen anderen Räumen vorzog. Mit ihrer hohen Decke und den hohen Fenstern hatte man fast das Gefühl, im Freien zu sitzen.
»Ich meine, dass unsere Kinder kein Blut brauchen; sie besitzen aber auch nicht die besonderen Fähigkeiten unserer Rasse. Die zeigen sich erst in der Pubertät.«
»Ach!«, stieß Angelica überrascht hervor. »Aber wieso …«
»Moment!« Die Herzogin hob die Hand und schloss die Augen. Die Sekunden vergingen, aber sie rührte sich nicht. Angelica begann sich Sorgen zu machen.
»Hoheit, stimmt etwas nicht?«
Margaret schlug die Augen auf und schüttelte den Kopf. »Ich hab doch gesagt, du sollst mich Margaret nennen. Und nein, es ist alles in Ordnung. Das war bloß James.«
»Wie bitte?«
»Ich habe mit James geredet. Er wird bald hier sein.«
Angelica starrte die Ältere verständnislos an.
»Ach, verzeih!«, rief Margaret. »Man vergisst so leicht, dass du nicht zu uns gehörst. Nun, weißt du, wenn zwei Vampire übereinstimmen, spielt die Distanz keine Rolle mehr. Man kann dann immer miteinander kommunizieren.«
»Dann kannst du also jederzeit mit jedem Vampir sprechen?«
»Nein, das nicht«, bedauerte Margaret, »mit ›übereinstimmen‹ meine ich ein ganz starkes Band zwischen zwei Vampiren. Das kann ein naher Verwandter sein, oder aber natürlich der Lebensgefährte - wenn man das Glück hat, einen zu haben.«
»Lebensgefährte?« Angelica hatte das Gefühl, dass Margaret chinesisch sprach. Alles, was sie sagte, war so verwirrend und warf immer neue Fragen auf, anstatt sie zu beantworten.
»Das, was Vampire unter der wahren Liebe verstehen.«
Angelica fiel ein, wie Mikhail im Theater ihren Ruf aufgefangen hatte.
»Kann ich das auch? Könnte ich auch auf diese Weise mit jemandem kommunizieren?«
Margaret überlegte. »Ich weiß zwar von keinem Menschen, der so etwas kann, aber bei deinem starken Geist, wer kann das schon sagen?«
Der Butler tauchte im Türrahmen auf. »Euer Hoheit?«
»Ja?«
»Lord Adler ist hier. Er erwartet Prinzessin Belanow im Empfangszimmer.«
»Ach ja, natürlich. Danke, Thomas.«
Angelica erhob sich mit einem seltsamen Flattern im Bauch.
»Ich bin sicher bald wieder da.«
Margaret winkte lächelnd ab. »Geh ruhig, geh ruhig! Aber erzähl mir nachher alles!«
Angelica nickte und ging.
»Angelica!«
Nicholas lief ihr entgegen und zog ihre Hand an seine Lippen. Angelica fiel auf, dass er ein wenig erhitzt aussah, aber das war ja angesichts der Sorgen, die er sich um
Weitere Kostenlose Bücher