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01-Unsterblich wie die Nacht-redigiert-25.10.12

01-Unsterblich wie die Nacht-redigiert-25.10.12

Titel: 01-Unsterblich wie die Nacht-redigiert-25.10.12 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mina Hepsen
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Kiril.«
    Er ging zur Tür und wollte sie schon schließen, als ihm offenbar noch etwas einfiel.
    »Das habe ich gern getan, vor allem, weil Sie ja meinetwegen solche Schwierigkeiten hatten.«
    Angelica wusste sofort, was er meinte, und war verblüfft. Als Entschuldigung dafür, dass er sie in jener schicksalhaften Nacht an der Flucht gehindert hatte und sie beinahe getötet worden wäre, war es zwar ein bisschen schwach. Aber er hatte sich wohl nicht direkt dafür entschuldigen wollen, denn sicher hatte er es für seine Pflicht gehalten. Kiril wollte damit wohl ganz allgemein sein Bedauern über den Schlamassel, in den er sie durch seine Pflichteifrigkeit gebracht hatte, ausdrücken.
    »Danke«, wiederholte sie.
    Er wandte sich zum Gehen, doch Angelica, hielt ihn auf. »Moment! Ich wollte Sie noch etwas fragen.«
    »Bitte sehr.« Kiril kam zurück und setzte sich unweit von ihr in einen Sessel.
    »Ich musste gerade an dieses Gedicht denken, das vorne in eurem Gesetzbuch steht.« Angelica überlegte kurz, dann rezitierte sie: »›Der Vampir wandelt ungesehen, getrieben von Blutgier. Er wandelt, ohne Spuren zu hinterlassen: So muss es sein …‹«
    Kiril ergänzte, den Blick ins Leere gerichtet: »›Eines Tages wird er aus der Dunkelheit hervortreten, vom Durste befreit. Die Auserwählten werden ihn ins Licht führen.‹«
    »Was heißt das?« Angelica beugte sich neugierig vor, und Kiril rutschte unbehaglich hin und her.
    »Sie werden ja inzwischen wissen, dass wir Vampire nicht ohne Blut überleben können.« Das war zwar keine Frage, aber Kiril wartete dennoch, bis sie genickt hatte.
    »Nun, in diesem Gedicht geht es um den Durst, der uns bis an unser Lebensende quält. Wie viel Blut wir brauchen, hängt davon ab, was wir tun, wie wir uns verhalten. Wenn man sich nicht übermäßig anstrengt oder verletzt, kann man ein, zwei Tage ohne auskommen. Aber ganz ohne geht nicht. Dann müssten wir sterben, so wie die Menschen sterben, wenn sie keine Nahrung finden.«
    »Ich verstehe. Und mit ›ungesehen‹ ist gemeint, dass die Menschen nichts von der Existenz der Vampire wissen?«
    Kiril zuckte die Achseln. »Ich denke schon.«
    »Und die Auserwählten? Was ist damit gemeint?«
    »Die Auserwählten?« Kiril lachte. »Das stammt aus einer uralten Prophezeiung und ist wahrscheinlich bloß eine Legende, ein Ammenmärchen.«
    »Bitte erklären Sie’s mir trotzdem.« Angelica hatte sich gefragt, was wohl damit gemeint sein könnte, seit sie es zum ersten Mal gelesen hatte.
    Kiril gab sich seufzend geschlagen. »Nun, Sie werden vielleicht gehört haben, wie schwer es für Vampire ist, sich fortzupflanzen. Mit Menschen können wir keine Kinder zeugen, und die meisten von uns sterben, ehe sie zeugungsfähig werden. Die Prophezeiung jedoch besagt, dass eines Tages ein Menschengeschlecht auftauchen wird, das mit Vampiren Kinder zeugen kann.
    Und die Kinder aus einer solchen Verbindung sind die Auserwählten. Sie sind halb Mensch, halb Vampir. Sie würden den Blutdurst nicht spüren, so wie wir. Sie würden kein Blut brauchen.«
    Angelica überlegte einen Moment, aber sie konnte sich nicht denken, wie das die Vampire ›ins Licht führen‹ sollte. »Aber diese Auserwählten wären doch dann wie Menschen, oder? Was würde euch das nützen?«
    Kiril lächelte. »Sie missverstehen mich, Prinzessin. Die Auserwählten sind Vampire, aber ohne unsere Schwächen. Sie brauchen kein Blut, so wie wir, aber wenn sie sich verletzen, kann sie schon ein einziger Schluck heilen. Weil sie kein Blut brauchen, altern sie jedoch schneller, werden schneller geschlechtsreif. Die Auserwählten leben zwar nicht so lange wie normale Vampire, aber sie könnten schon mit zwanzig Jahren Kinder zeugen oder bekommen. Mit den Auserwählten würde eine neue Rasse entstehen, eine Rasse, die sich nicht mehr vor den Menschen verstecken müsste. Und das wäre, so denken jedenfalls die meisten von uns, ein Ausweg aus unserer Hoffnungslosigkeit.«
    Hoffnungslosigkeit. Es fiel Angelica schwer, die Männer und Frauen, die sie kennen gelernt hatte, als hoffnungslos zu betrachten. Am allerwenigsten jemanden wie Alexander. Dennoch verstand sie, zum Teil wenigstens, wie deprimierend es sein musste, sich andauernd vor aller Welt verstecken zu müssen.
    Sie selbst hatte sich wegen ihrer Fähigkeit, die Gedanken anderer hören zu können, in ihren vier Wänden versteckt. Sie hatte Zuflucht bei ihrem Klavier und ihren Büchern gesucht. Hunderte hatte sie laut gelesen, als

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