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01 - Wie Feuer im Blut

01 - Wie Feuer im Blut

Titel: 01 - Wie Feuer im Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Sutcliffe
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habe
verdammt großen Hunger.
    Aber
Jewel sagte nur: »Du hast es geschafft. Seine Lordschaft ist außer sich vor
Wut und ... «
    »Was
habe ich geschafft?« fragte Bonnie. Sie war noch zu benommen, um zu begreifen, wovon
dieser Hausdrachen redete.
    »Du
hast ein Erbstück zertrümmert. Eine Kostbarkeit.«
    Bonnie
rieb ihre Augen, sah sich im Zimmer um und kratzte sich dann am Bauch. »Was?«
fragte sie.
    »Das
Nachtgeschirr.«
    »Das
... «
    »Nachtgeschirr.
Es war seit mehr als hundert Jahren im Besitz der Familie.«
    Bonnie
schleuderte die Decke zurück. »Nun, dann wurde es Zeit, dass es kaputtging,
würde ich meinen.«
    »Er
droht damit, dich sofort wieder ins Arbeitshaus zu schicken, Mädchen. Ich
denke, das solltest du wissen.«
    Das
machte Bonnie nun allerdings hellhörig.
    »Wenn
Lady Marianne nicht gewesen wäre, hätte er dich schon längst aus dem Haus
geworfen. Lady Marianne ist ... «
    »Ich
weiß verdammt genau, was sie ist«, fiel Bonnie Jewel ins Wort. Um das nicht zu
merken, hätte man sie schon in einer Höhle oder einem Kloster aufwachsen
lassen müssen. »Woher hätte ich wissen sollen, dass dieser Pisspott eine verdammte
... «
    »...
Kostbarkeit war«, beendete Jewel den Satz für Bonnie. »Du hättest ja fragen
können.«
    »Ich
war nicht dazu aufgelegt, zu fragen. Ich war die ganze Zeit über mit Kotzen
beschäftigt.«
    »Seine
Lordschaft hat dich gewarnt ... «
    »Hören
Sie auf«, schnappte Bonnie. »Ich habe es satt, mir immer wieder anzuhören, was
Seine Lordschaft tut oder denkt.«
    Die Farbe
war nun wieder in Jewels Gesicht zurückgekehrt, und ihre Wangen glühten. Ihre
Hände kneteten nervös den Stoff ihrer Schürze, als sie sagte: »Deine
Einstellung gegenüber Seiner Lordschaft lässt viel zu wünschen übrig, meine
ich. Schließlich könntest du jetzt tot sein, wenn Seine Lordschaft nicht
gewesen wäre.«
    Bonnie
konnte darauf nichts erwidern. Die Dienstmagd hatte recht.
    Jewel
deutete auf den Eimer in der Ecke. »Von jetzt an benützt du das, bis man dir
etwas Besseres anvertrauen kann.«
    Bonnie
verdrehte die Augen und schlüpfte aus dem Bett. Sie sah Jewel ins Gesicht und
sagte: »Ich brauche Ihre Hilfe dabei nicht, danke.« Und dann, als sich die Magd
schon der Tür zuwandte: »Und Sie können Seiner großmächtigen Lordschaft
ausrichten, dass es eher in der Hölle schneien wird, als dass ich mich ihm
gegenüber unterwürfig zeige. Und außerdem soll er mir von jetzt an seine
Predigten selbst halten, falls er sich nicht zu fein dazu ist, sich in meiner
niedrigen Gesellschaft aufzuhalten. Und wenn ihm das nicht passt, kann er
meinetwegen seine kostbaren Pißpott-Erbstücke nehmen und sein Dinner
daraus essen.«
    Jewel
warf die Tür hinter sich zu.
    Bonnie
starrte auf die Tür, und das Lächeln auf ihrem Gesicht erlosch, als sich die
Schritte der Dienstmagd entfernten. Sie spielte mit dem Gedanken, ihr
nachzugehen und sie, in einem freundlicherem Ton, zu bitten, Seiner
allmächtigen Lordschaft nicht solche Dinge zu sagen. Sie hatte es bestimmt
nicht eilig, in das Caldbergh-Arbeitshaus zurückzukehren. Tatsächlich hatte
sie die Absicht, überhaupt nicht mehr in jenes Haus zurückzukehren; aber was
Seine allmächtige Lordschaft nicht wußte, konnte ihn auch nicht verdrießen.
    Sie war
überrascht, dass sie doch ein wenig das schlechte Gewissen plagte wegen dieses
Nachtgeschirrs. Schuldgefühle konnten sich eigentlich nur behütete brave
Kinder mit Schuhen leisten. Sie war selbst einmal ein solches Kind gewesen,
bevor sie nach Caldbergh gekommen war. Dort hatte sie rasch gelernt, dass man
kein Gewissen in dieser Welt, in der nur der Robusteste, Schnellste und
Grausamste überleben konnte, haben durfte. Man musste genauso austeilen wie
einstecken können, oder man verhungerte oder erfror.
    Bonnie
erinnerte sich noch gut an den Morgen, zwei Tage nach Ihrer Einweisung in das
Arbeitshaus, als sie beim Aufwachen entdecken musste, dass ihr jemand in der
Nacht die Schuhe von den Füßen gestohlen hatte. Sie hatte die nächsten zwei
kalten Monate ohne Schuhe verbracht. Und als sie eines Nachmittags auf ihrem
Strohsack auf dem Boden zu schlafen versuchte, war Birdie Smythe mit seiner
Birkenholzrute hereingekommen und hatte dem zitternden, halbverhungerten
Mädchen erklärt, dass jedem Schuhe zur Verfügung standen, wenn er sie sich
nahm.
    Bonnie
war die erste gewesen, die auf den Beinen war. Sie lachte und schwang die Arme
wie eine Verrückte. Sie wunderte sich, warum sie die einzige war,

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