01 - Wie Feuer im Blut
gegen ihn empfunden hatte, sich nun in etwas verwandelt hatte, dass einer
Zuneigung beängstigend ähnlich war? Dass sie verloren war, wenn sie jetzt nicht
aus seinem Haus floh?
»Also
gut«, sagte er. »Du lässt mir keine andere Wahl. Sobald es hell wird, kehrst
du nach Caldbergh zurück.«
Einige
Bediensteten stöhnten laut.
Bonnie schloss
die Augen. Sie bemühte sich nach Kräften, die Nerven zu behalten, und zwang
sich, Warwick ins Gesicht zu sehen.
»Hast
du gar nichts zu deiner Verteidigung vorzubringen?« höhnte er. »Nein,
vermutlich nicht. Schön. - Stanley!«
»Ja,
Sir?«
»Hast
du den Schlüssel zum Kohlenkeller?«
»Die
Köchin müsste ihn haben, Sir.«
»Hol
ihn«.
Es
herrschte einen Moment Schweigen, bevor Stanley sagte: »Ich verstehe nicht
ganz, Mylord.«
»Da
diese Göre beschlossen hat, sich wie eine Kriminelle zu benehmen, wird sie auch
so behandelt. Bonnie wird im Kohlenkeller eingesperrt, bis es hell wird. Ich
möchte, dass sie Braithwaite verlässt, bevor die Gäste aufstehen.«
»Jawohl,
Sir. Ich werde sie persönlich nach Caldbergh bringen.«
Bonnie
wurde nun den Korridor hinunterbefördert, bis sie vor dem Kohlenkeller ankamen.
Sie starrte auf das pechschwarze Gewölbe und fragte zaghaft: »Kann ich
wenigstens ein Licht haben, bitte?«
Jemand
trat vor und gab ihr eine Laterne. Sie nahm sie in beide Hände und trat über
die Schwelle des Gewölbes. Sie hörte Stanley im mitfühlenden Ton sagen: »Es
sind nur noch drei Stunden bis zum Sonnenaufgang.«
Bonnie
drehte sich noch einmal um und sah Warwick vor dem Keller im Schatten stehen.
Einen Moment lang glaubte sie ... nein, es konnte nicht Kummer sein, der seine
hübschen Züge verdüsterte.
Damien ging im
Zimmer auf und ab und versuchte verzweifelt, seine Handlungsweise vor sich
selbst zu rechtfertigen.
»Wir
haben ihr alles gegeben, Mari.«
»Nicht
alles«, erwiderte Marianne.
»Kost,
eine bequeme Unterkunft ... «
»Mitgefühl?«
Damien
ging zum Fenster.
»Nun?«
fragte sie. »Hast du Bonnie auch nur einmal gezeigt, dass du ihre Nöte
verstehst?« Marianne verließ das Bett und ging zum Feuer. »Kannst du dir
vorstellen, wie ihr Leben in Caldbergh ausgesehen hat? Mein Gott, Damien, ich
habe gehört, dass die Kinder dort viele Stunden damit verbringen müssen, Steine
zu Sand zu zermahlen.«
Marianne
drehte ihm ihr blasses Gesicht zu. »Sie haben Bonnie mit Hunden gehetzt«, fuhr
sie heiser fort. »Sie war fast tot, als sie sich in dieses Haus flüchtete.
Kannst du sie guten Gewissens in diese Anstalt zurückschicken?«
»Sie
hat versucht, uns auszurauben, Mari.«
»Was
bedeuten schon ein paar Kerzenhalter für dich?«
»Es
geht ums Prinzip ... «
»Du und
deine großartigen Prinzipien! Das Mädchen schreit nach Liebe und Zuwendung, und
du sperrst sie wie ein Tier in ihr Zimmer und meinst, wenn du sie hin und wieder
fütterst, müsste sie zufrieden sein.« Marianne ging auf ihn zu, ihr Haar wie
einen Mantel aus Feuer um ihre weißen Schultern gebreitet. »Was ist nur los mit
dir? Der Damien, den ich einst kannte, hatte ein Herz, das so groß war wie ganz
Yorkshire. Wie seine sanfte, gütige Mutter hätte er zumindest ein paar Tränen
um eine Waise namens Bonnie vergossen.« Sie schüttelte den Kopf. »Ich möchte
es mir selbst nicht eingestehen, aber dieser Mann existiert nicht mehr.«
»Das
genügt!«
Marianne
lachte schrill. »Wirst du mich jetzt auch aus dem Haus werfen? Sind Sie so
rasch mit mir fertig, Mylord? Keine Antwort? Dann möchte ich dich davon in
Kenntnis setzen, dass ich nach London abreisen werde, sobald die Gäste aus dem
Haus sind, wenn du das Kind bei Sonnenaufgang nach Caldbergh zurückschickst.«
Damien
sah Marianne schweigend an, während er ihr Ultimatum bedachte. Dann sagte er
trocken: »Ich bin überzeugt, dass sich dein Gatte freuen wird, dich
wiederzusehen. Vorausgesetzt, er ist von Paris zurück, um sich von seinen Affären
mit seinen jungen Männern zu erholen.«
»Im
Augenblick wäre mir selbst Harry lieber als du. Harry mag seine Eigenheiten
haben; aber er hat wenigstens ein Herz.«
Damien
drehte sich um und verließ das Zimmer. Warum hatte er ihr nicht seine wahren
Gründe dargelegt, die in zwangen, Bonnie nach Caldbergh zurückzuschicken?
Er
wollte nicht - konnte nicht - die Verantwortung für sie übernehmen.
Sie stiftete Unruhe im Haus, und Schwierigkeiten hatte er im Augenblick schon
reichlich genug. Zudem würde er England bald verlassen und musste jede
Verpflichtung
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