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01 - Winnetou I

01 - Winnetou I

Titel: 01 - Winnetou I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Wurst gesehen hat. Ihr seid doch nicht etwa noch sonst blessiert?“
    „Kolbenhiebe – – – – Kopf und – – – Schulter“, antwortete ich.
    „Also niedergeschlagen seid Ihr worden? Ich dachte, der Stich sei allein schuld. Da wird Euch freilich der Kopf verteufelt brummen. Aber das vergeht; die Hauptsache ist, daß das bißchen Verstand, welches Ihr hattet, nicht mit erschlagen worden ist. Die Gefahr, in welcher ihr schwebt, liegt in der zerstochenen Zunge, die man nicht verbinden kann. Ich werde – – –“
    Mehr hörte ich nicht, weil ich jetzt wieder ihn Ohnmacht fiel.
    Als ich aus derselben erwachte, fühlte ich, daß ich mich in Bewegung befand; ich hörte den Huftritt vieler Pferde und schlug die Augen auf. Ich lag – man denke sich! – auf der Haut des Grizzlybären, den ich erstochen hatte. Sie war in die ungefähre Form einer Hängematte zusammengeschnürt worden und hing zwischen zwei Pferden, die mich auf diese Weise tragen mußten. Ich steckte so tief in dem Fell, daß ich nur die Köpfe dieser beiden Pferde und den Himmel sehen konnte, mehr nicht. Die Sonne warf glühende Strahlen auf mich herab, und brennend, wie flüssiges Blei, flutete es mir in den Adern. Mein Mund war geschwollen und von geronnenem Blut voll. Ich wollte es mit der Zunge ausstoßen, konnte sie aber nicht bewegen.
    „Wasser, Wasser!“ wollte ich rufen, denn ich fühlte einen geradezu entsetzlichen Durst, brachte aber keinen Laut, nicht einmal einen hörbaren Hauch hervor. Ich sagte mir, daß es um mich geschehen sei, und wollte, wie jeder Sterbende es soll, an Gott und das, was jenseits dieses Lebens liegt, denken, wurde aber von der Ohnmacht wieder übermannt.
    Nachher kämpfte ich mit Indianern, Büffeln und Bären, machte Todesritte durch die ausgedorrten Steppen, schwamm monatelang über uferlose Meere – – – es war im Wundfieber, in welchem ich lange, lange mit dem Tode rang. Zuweilen hörte ich Sam Hawkens' Stimme wie aus weiter, weiter Ferne; zuweilen sah ich zwei dunkle, sammetne Augen vor mir, die Augen Winnetous; dann starb ich, wurde in den Sarg gelegt und begraben; ich hörte, daß die Erdschollen auf den Sarg geschaufelt wurden, und lag dann eine ganze, ganze Ewigkeit, ohne mich bewegen zu können, in der Erde, bis auf einmal der Deckel meines Sarges geräuschlos nach oben schwebte und dann verschwand. Ich sah den hellen Himmel über mir; die vier Seiten des Grabes senkten sich. War dies denn wahr? Konnte dies geschehen? Ich fuhr mir mit der Hand nach der Stirn und – – –
    „Halleluja! Halleluja! Er erwacht vom Tode; er erwacht!“ jubelte Sam.
    Ich wendete den Kopf.
    „Seht Ihr es, daß er sich mit der Hand an den Kopf gegriffen, daß er jetzt gar den Kopf herumgedreht hat!“ schrie der Kleine.
    Er beugte sich über mich. Sein Gesicht strahlte förmlich vor Entzücken; das sah ich, trotzdem der dichte Bartwald es fast ganz bedeckte.
    „Seht Ihr mich, Sir, geliebter Sir?“ fragte er. „Ihr habt die Augen geöffnet und Euch bewegt. Ihr lebt also wieder. Seht Ihr mich?“
    Ich wollte antworten, konnte aber nicht, erstens vor übergroßer Mattigkeit und zweitens weil die Zunge mir schwer wie Blei im Munde lag. Darum nickte ich.
    „Und hört Ihr mich?“ fuhr er fort.
    Ich nickte wieder.
    „Da seht ihn an – seht her – seht her!“
    Sein Gesicht verschwand und dafür erschienen die beiden Köpfe von Stone und Parker. Die braven Kerls hatten Freudentränen in den Augen. Sie wollten auf mich einsprechen; aber Sam schob sie fort und sagte:
    „Laßt mich zu ihm! Ich will mit ihm reden, ich, ich!“
    Er nahm meine beiden Hände, drückte diejenige Stelle seines Bartes, unter welcher der Mund zu vermuten war, darauf und fragte:
    „Habt Ihr Hunger, Sir? Habt Ihr Durst? Werdet Ihr etwas essen oder trinken können?“
    Ich schüttelte den Kopf, denn ich fühlte kein Bedürfnis, irgend etwas zu genießen. Ich lag in einer Schwäche, welche selbst den Genuß eines einzigen Wassertropfens ausschloß.
    „Nicht? Wirklich nicht? Herrgott, ist das denn möglich! Wißt Ihr, wie lange Ihr hier gelegen habt?“
    Ich antwortete wieder durch eine leises Schütteln.
    „Drei Wochen, volle, ganze drei Wochen! Denkt Euch nur! Ihr wißt jedenfalls auch gar nicht, was nach Eurer Verwundung geschehen ist und wo Ihr Euch befindet. Ihr habt ein fürchterliches Wundfieber gehabt und seid dann in Starrkrampf gefallen. Die Apachen wollten Euch einscharren; aber ich konnte nicht an Euren Tod

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