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01 - Winnetou I

01 - Winnetou I

Titel: 01 - Winnetou I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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uns?“
    „In unserm Pueblo (burgartiger Steinbau der Indianer) am Rio Pecos.“
    „Sind alle eure Krieger, die uns gefangennahmen, hierher zurückgekehrt?“
    „Ja, alle. Sie wohnen in der Nähe des Pueblo.“
    „Und die gefangenen Kiowas sind auch da?“
    „Auch. Eigentlich sollten sie getötet werden. Jeder andere Stamm würde sie zu Tode martern, aber der gute Klekih-petra ist unser Lehrer gewesen und hat uns über die Güte des großen Geistes belehrt. Wenn die Kiowas einen Preis der Sühne zahlen, dürfen sie heimkehren.“
    „Und meine drei Gefährten? Weist du, wo sie sich befinden?“
    „Sie sind in einem ähnlichen Raume wie dieser hier, der aber finster ist, angebunden.“
    „Wie geht es ihnen?“
    „Sie leiden keine Not, denn wer am Marterpfahl sterben soll, muß kräftig sein, daß er viel aushalten kann, sonst ist es keine Strafe für ihn.“
    „Also sie sollen sterben, wirklich sterben?“
    „Ja.“
    „Auch ich?“
    „Auch du.“
    In dem Tone, in welchem sie dies sagte, lag nicht eine Spur von Bedauern. War dieses schöne Mädchen so gefühllos, daß es die qualvolle Ermordung eines Menschen gar nicht berührte?
    „Sag mir, ob ich sie vielleicht einmal sprechen kann“, bat ich.
    „Das ist verboten.“
    „Auch nicht bloß einmal sehen, nur von weitem?“
    „Auch das nicht.“
    „So darf ich ihnen aber doch wenigstens eine Botschaft senden?“
    „Auch das ist untersagt.“
    „Ihnen nur sagen lassen, wie ich mich befinde?“
    Sie überlegte eine kleine Weile und antwortete dann:
    „Ich will Winnetou, meinen Bruder, darum bitten, daß sie zuweilen erfahren, wie es dir geht.“
    „Wird Winnetou einmal zu mir kommen?“
    „Nein.“
    „Aber ich habe mit ihm zu sprechen!“
    „Er nicht mit dir.“
    „Was ich ihm zu sagen habe ist sehr notwendig.“
    „Für ihn?“
    „Für mich und meine Gefährten.“
    „Er wird nicht kommen. Soll vielleicht ich es ihm sagen, wenn es etwas ist, was du mir anvertrauen kannst?“
    „Nein; ich danke dir! Ich könnte es dir wohl sagen; ich könnte dir überhaupt alles, alles anvertrauen; aber wenn er zu stolz ist, mit mir zu sprechen, so habe auch ich meinen Stolz, nicht durch einen Boten mit ihm zu reden.“
    „Du wirst ihn nicht eher als am Tage deines Todes sehen. Wir werden jetzt gehen. Wenn du etwas wünschst und brauchst, so gib ein Zeichen. Wir hören es, und es wird dann sogleich jemand kommen.“
    Sie zog eine kleines, tönernes Pfeifchen aus der Tasche und gab es mir; dann entfernte sie sich mit der Alten.
    War es nicht eine ganz abenteuerliche Lage, in der ich mich befand? Ich lag todkrank und sollte gut gepflegt werden, um dann gute Kräfte zum langsamen Sterben zu haben! Der, welcher meinen Tod forderte, ließ mich durch seine Schwester pflegen und nicht etwa durch eine alte, unsaubere, häßliche Indianersquaw!
    Es braucht wohl kaum erwähnt zu werden, daß mein Gespräch mit Nscho-tschi nicht so glatt verlief, wie es sich lesen läßt. Das Reden machte mir Schwierigkeit und war mit ziemlich großen Schmerzen verbunden; ich sprach also sehr langsam und mußte oft innehalten, um auszuruhen. Das ermattete mich, und darum schlief ich ein, als ‚Schöner Tag’ sich entfernt hatte.
    Als ich einige Stunden darauf erwachte, hatte ich großen Durst und einen wahrhaft bärenmäßigen Appetit. Ich versuchte das Zaubermittel und blies in das Pfeifchen. Augenblicklich erschien die Alte, welche draußen vor der Tür gesessen haben mußte, steckte den Kopf herein und sprach eine Frage aus. Ich verstand nur die Worte ischha und iswchtla, wußte aber nicht, was sie bedeuteten. Sie hatte mich gefragt, ob ich essen oder trinken wolle. Ich machte das Zeichen des Trinkens und des Kauens, worauf sie verschwand. Kurze Zeit darauf kam Nscho-tschi mit einer tönernen Schüssel und einem Löffel. Sie kniete neben meinem Lager nieder und gab mir löffelweise zu essen, wie einem Kinde, welches noch nicht selbständig essen kann. Die wilden Indianer führen derartige Gefäße und Geräte nicht; der tote Klekih-petra war auch hierin der Lehrer der Apachen gewesen.
    Die Schüssel enthielt eine sehr konsistente Fleischbrühe mit Maismehl, welches die Indianerinnen derart bereiten, daß sie die Maiskörner mühsam zwischen Steinen zerstoßen und zerreiben. Für den Haushalt Intschu tschunas aber hatte Klekih-petra zu diesem Zwecke eine Handmühle gebaut, die mir später als eine große Sehenswürdigkeit gezeigt wurde.
    Das Essen wurde mir natürlich noch viel

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