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010 - Die Bestie mit den Bluthänden

010 - Die Bestie mit den Bluthänden

Titel: 010 - Die Bestie mit den Bluthänden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Brent
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Das
diffuse Licht, das von der schwachen Deckenleuchte des Korridors noch bis
hierher in den Kellervorbau Eingang fand, wies ihm den Weg zu den schmalen,
nach unten führenden Treppen.
    Dumpf und hohl hallten seine Schritte an der rohen Wand wider, und das
Gefühl der Verlorenheit und des Grauens stieg wieder seinen Nacken empor.
    »Blandeau? Blandeau?!« Sandos stand an der untersten Treppenstufe und rief
den Namen des menschenscheuen Sonderlings.
    Doch alles blieb still; Blandeau meldete sich nicht.
    Wie in Trance näherte sich Sandos der Tür, die er in den zurückliegenden
Wochen schon so oft geöffnet hatte, und hinter der er Mitwisser eines
gefährlichen Geheimnisses geworden war. Der Schlüssel steckte?! Er zuckte
zusammen, als er es sah. Etwas stimmte hier nicht.
    Unwillkürlich blickte er sich um. Aber da war nichts Besonderes. Die
kahlen, rohen Mauern des Kellergewölbes ragten neben ihm hoch, die Treppe
hinter ihm lag im Halbdunkel, und die Gestalt des Aztekengottes Chacmool
zeichnete sich oben im Zwielicht schemenhaft ab. Die Götzenfigur wirkte in den
verzerrten Licht- und Schattenverhältnissen wie ein großes Ungeheuer, das sich
zum Sprung duckte.
    Sandos presste die Lippen zusammen. Ohne dass es ihm bewusst wurde, wischte
er die blutigen Hände an seiner Hose ab. Es interessierte ihn mit einem Mal
nicht mehr, wo das Blut herkam, obwohl er es sich denken konnte, und es
interessierte ihn auch nicht, wen der unheimliche Mörder sich diesmal als Opfer
auserwählt hatte.
    Er war in der Nähe des Bildes. Und alles andere verlor automatisch für ihn
an Bedeutung.
    Das Bild, das sein Denken und Fühlen bestimmte, das sein Leben von Grund
auf verändert hatte, befand sich hinter dieser Tür. Er brauchte nur den
Schlüssel im Schloss herumzudrehen ...
    Er tat es und drückte die Tür auf. Henri Blandeau hatte damit gerechnet,
dass Sandos auch in dieser Nacht wiederkommen würde. Er selbst war
offensichtlich verhindert. Irgendetwas hielt ihn außerhalb des Hauses fest.
    Sandos stand in dem kahlen, fast quadratischen Raum.
    Sekundenlang umgab ihn vollkommene Dunkelheit. Dann erst drückte seine Hand
den Lichtschalter. Zwei scheinwerfermäßig ausgerichtete Lichtröhren strahlten
ein auf einem Betonpodest stehendes Gestell an. Auf diesem stand ein etwa
anderthalb Meter langes und etwa siebzig Zentimeter breites Bild. Es war mit
einem schwarzen Tuch verhängt.
    Sandos schluckte. Er ging auf das Gestell zu. Seine Hand berührte einen
Zipfel des Tuches und wollte es ganz langsam herunterziehen.
    Ein Geräusch ließ ihn herumwirbeln. Die Tür hinter ihm öffnete sich.
    »Blandeau?« fragte er abwartend. Seine Augen verengten sich.
    Er erblickte eine Gestalt auf der Türschwelle. Es waren die Umrisse einer
Frau.
    Sandos musste ein zweites Mal hinsehen. Alles in ihm wehrte sich.
    Sie war jung, hübsch, attraktiv. Blondes Haar. Es war seine Sekretärin –
Nicole.
    »Nicole?« Seine Stimme war ein Hauch Ratlosigkeit. Erstaunen und
Überraschung schwangen in ihr mit. Und Verständnislosigkeit.
    Wie unter dem Druck einer unsichtbaren Hand löste er sich von dem Bild. Der
schwarze Vorhang über dem verdeckten Gemälde verrutschte ein wenig, gab ein
kleines Ende der bemalten Fläche frei. Sandfarbener Hintergrund.
    »Was suchen Sie hier, Doktor?« Ihre Stimme klang warm und zart. Sie passte
nicht zwischen diese kahlen Wände. Auch ihre Erscheinung gehörte nicht hierher.
»Warum sind Sie in diesem Haus?«
    Furcht schien sie nicht zu kennen. Sie kam ihm entgegen und blickte sich
aufmerksam um. Sie trug etwas in der Hand. Er erblickte den schimmernden Lauf
eines kleinen Damenrevolvers. Sie war nicht ungeschützt, das verlieh ihr
Sicherheit. »Ich beobachte Sie seit Tagen, seit Wochen! Immer wieder bin ich
Ihnen zu dem Haus gefolgt, aber ich konnte nie hinein. Dabei interessierte es
mich brennend, was Sie hier zu suchen hätten – bei einem Mann, dem man
Menschenfeindlichkeit, ja Menschenhass nachsagt.« Sie trat mit einer Sicherheit
auf, die ihn mehr als überraschte.
    Er nutzte die kleine Gesprächspause, um selbst etwas zu sagen.
    »Warum sind Sie mir gefolgt, Nicole?« fragte er heiser. Er konnte sich nur
langsam von dem Bann lösen, der ihn befallen hatte.
    »Warum?« entgegnete sie. »Ich bin Tag für Tag in Ihrer Nähe. Ich habe
gelernt, Sie zu verstehen. Mir fiel jede Veränderung auf. Ich merkte die krasse
Wandlung in Ihrem Wesen, ich machte mir Sorgen, Doktor. Ich fühlte – dass Sie
krank waren, aber Sie merkten es

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