010 - Die Bestie mit den Bluthänden
in der vergangenen
Nacht eingesetzten Beamten zugegangen waren.
Und nicht nur das.
Sehr eingehend beschäftigte er sich auch mit der Arbeit der Kommission, die
den Mord an Armand Dupont untersucht hatte.
Der Name Larry Brent spielte eine große Rolle.
Dieser Mann war gestern sehr spät im Kommissariat aufgetaucht und hatte
sich nach Fernand Rekon erkundigt. Was wollte er von ihm?
Dann war da dieser Monsieur Feydeau, der auf Grund von Brents Aussage in
Untersuchungshaft saß. Sogar der Richter hatte die beantragte Haft bestätigt.
Für Fernand Rekon gab es nicht den geringsten Zweifel, dass in dem einsamen
Waldhaus, das Feydeau erstanden hatte, derselbe Mörder aktiv geworden war, der
auch Projcest auf dem Gewissen hatte.
Zwei Morde in einer Nacht!
Und von einem Erfolg war er genauso weit entfernt, wie zu Beginn seiner
großangelegten Strategie, von der er sich so viel versprochen hatte.
Fernand Rekon war mit der mageren Ausbeute der Informationen im Ganzen
äußerst unzufrieden. Er seufzte und fuhr sich durchs Haar. Die Angelegenheit
fing an, seine Nerven zu strapazieren.
»Wenn das so weitergeht, reiche ich meinen Rücktritt ein«, knurrte er. Zum
Glück konnte ihn niemand hören. Er war allein in seinem Büro. »Da wird man doch
idiotisch! Hier geht's nicht mit rechten Dingen zu. Da muss ein Spezialist her.
Der Schuh ist 'ne Nummer zu groß für mich.«
Er studierte weiter seine Berichte und verfiel wieder in nachdenkliches
Grübeln. Der Einsatz hatte nichts gebracht. Im Gegenteil. Er hatte einen Mann
verloren. Projcest war ein Opfer des Unheimlichen geworden. Die Überwachung von
Dr. Sandos war durch diesen Vorfall nicht lückenlos erfolgt. Eines nur stand
fest: Der Südamerikaner hatte gegen Mitternacht sein Grundstück verlassen. Doch
damit hatte sich seine Spur auch schon verloren.
Mit einer Gruppe von Beamten hatte Fernand Rekon die nähere Waldumgebung
abgesucht, in der Hoffnung, noch auf eine Spur des Täters zu stoßen, der
Projcest ermordet hatte. Doch es gab keine Hinweise. Außer Blutspuren – nichts.
Fernand Rekon seufzte. Der Fall ging über seine Kräfte. Er war nicht mehr
fähig, einen klaren Gedanken zu fassen, geschweige denn die Dinge übersichtlich
zu ordnen und logisch zu betrachten.
Zuviel war während der letzten Wochen geschehen. Er war praktisch keinen
Schritt weitergekommen. Es gab für ihn nur einen Ausgangspunkt: Dr. Sandos.
Wieder stand sein Besuch bevor, wieder Routinefragen. Wie würde der Psychologe
reagieren, wenn er auf den nächtlichen Ausflug angesprochen wurde? Würde Sandos
leugnen? Hatte er eine Ausrede parat?
Er wurde in seinen Gedankengängen unterbrochen. Im Vorzimmer entstand ein
Geräusch. Stimmen wurden laut. Susan, deren Dienst um sechs Uhr früh zu Ende
ging, klopfte an und trat ein.
Sie war hager und groß. Der Kommissar mochte Frauen dieses Typs nicht. Aber
bei Susan fiel dieser körperliche Nachteil kaum ins Gewicht. Sie war eine Seele
von Mensch. Sympathisch, freundlich, hatte für jeden immer ein gutes Wort. Sie
war schon über ein Jahrzehnt im Kommissariat angestellt, tippte die Berichte,
nahm die Telefonanrufe entgegen und kochte frühmorgens, wenn die ersten wieder
kamen, gleich einen starken Kaffee. Aus Erfahrung wusste sie, dass viele Beamte
in diesem Kommissariat hin und wieder nachts ihr Bett nicht zu sehen bekamen.
Und ehe sie es zuließ, dass einer hinter seinem Schreibtisch einschlief und die
Arbeit liegenblieb, spendierte sie einen Kaffee, der es in sich hatte. Es war
die berühmt-berüchtigte Brühe, in die man den obligaten Löffel stecken konnte.
»Ein Herr, Kommissar Rekon«, sagte sie, während sie leise die Tür hinter
sich zudrückte. »Brent ist sein Name. Er wünscht Sie dringend zu sprechen.«
»Brent?!« Fernand Rekon blickte elektrisiert auf. »Brent ist sein Name? Er
wünscht mich zu sprechen? Herein mit dem Mann!«
Susan nickte und öffnete die Tür. Noch ehe sie etwas sagen konnte, stand
Larry Brent schon auf der Schwelle.
»Ich habe Ihnen doch gesagt, dass mich der Kommissar zu sehen wünscht.«
X-RAY-3 lachte sympathisch, während er lässig Fernand Rekons Büro betrat. Seine
ungezwungene Jungenhaftigkeit war wie ein frischer Wind in diesem alten,
verstaubten Büro, in dem sich die Akten in den Regalen stapelten, und in dem
schon der Holzwurm in den ausgetretenen Dielen nagte. Die Stadtväter schienen
das Kommissariat ein wenig stiefmütterlich zu behandeln. Neue Tapeten und ein
neuer Bodenbelag wären dringend
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