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010 - Skandal in Waverly Hall

010 - Skandal in Waverly Hall

Titel: 010 - Skandal in Waverly Hall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Joyce
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jemand sie nervös machen wollen, indem er sie an den Unfall erinnerte, der zu einer Katastrophe hätte führen können? Weshalb sollte er sie ängstigen wollen? Dafür gab es keinen Grund. Nein, es mußte ein dummer Scherz gewesen sein.
    Trotzdem fröstelte Anne plötzlich.
    Sie zwang sich, an schönere Dinge zu denken, und betrachtete die Landschaft. Kahle Hügel mit zahlreichen Felsvorsprüngen umgaben Tavalon Castle. Sie waren noch feucht vom Gewitter der letzten Nacht und lagen entweder im Schatten oder glänzten in der Sonne. Auf der Ostseite der Burg zog sich die dunkelblaue Nordsee endlos dahin. Von Dominick war nichts zu sehen. Sie beneidete ihn richtig, denn es war ein wunderschöner Morgen zum Reiten.
    Plötzlich wurde Anne von einer heftigen Erregung erfaßt. Weshalb sollte sie Dominick nicht nachreiten? Nach der letzten Nacht würde er ihre Gesellschaft gewiß nicht als aufdringlich empfinden. Schließlich hatte sie ihm eine volle Woche ihrer Gesellschaft versprochen. Sie freute sich auf einen Galopp über die Heide, und hier mitten im wilden Schottland konnte sie ohne weiteres im Herrensattel reiten.
    Anne eilte zur Burg zurück und zog sich um. Kurz darauf kehrte sie in einem dunkelgrauen Reitkostüm zurück. Sie schwang sich auf den großen grauen Wallach und galoppierte von der einsamen roten Burg und dem windgepeitschten Meer landeinwärts.
    Ich habe mich bestimmt nicht verirrt, beruhigte Anne sich.
    Eigentlich hatte sie die Burg immer im Auge behalten wollen. Doch ein felsiger Pfad war dem nächsten gefolgt, und ihre Absicht, auf direktem Weg zu dem ersten Hügel zu reiten, hatte sich als undurchführbar erwiesen. Das Gelände war zu schroff, um es geradewegs zu durchqueren. Deshalb war sie gezwungen gewesen, die zahlreichen Pfade zu benutzen, von denen die Landschaft durchzogen wurde.
    Anne hielt den Grauen an und blickte in die Runde: überall Hügel und felsige Abhänge. Das dunkelblaue Meer lag unmittelbar vor ihr und glänzte flirrend in der Sonne. Doch der rote Bergfried von Tavalon Castle war nirgends zu sehen. Ein kalter Schauder rann ihr das Rückgrat hinab.
    Von Dominick gab es ebenfalls keine Spur. Es war ein unsinnige Gedanke gewesen, ihn in dieser wilden schottischen Landschaft suchen zu wollen. Außer einigen wenigen Schafen und einer aufsteigenden Krähe hatte sie kein einziges Lebewesen entdeckt.
    Anne zögerte. Sie mußte denselben Weg zurückkehren, auf dem sie gekommen war.
    Zwar war ihr Orientierungssinn nicht besonders ausgeprägt, doch sie hatte stets achtgegeben, daß sie sich nach rechts hielt, wenn sie zwischen zwei Wegen wählen mußte. Es konnte nicht allzu schwierig sein, zur Burg zurückzufinden.
    Trotzdem ritt Anne nicht los, sondern rutschte unbehaglich im Sattel hin und her. Sie wußte nicht recht, ob sie nervös war, weil sie sich möglicherweise verirrt hatte oder aus einem anderen Grund. Ihre Nackenhärchen richteten sich auf, und sie hatte das deutliche Gefühl, nicht mehr allein zu sein.
    Der graue Wallach schnaubte.
    Plötzlich war Anne sicher, daß sie beobachtet wurde. Das war absurd. Wenn jemand in der Nähe war, konnte es nur Dominick sein. Und der hätte sofort ihren Namen gerufen.
    Langsam führte Anne ihr Pferd in einem engen Kreis herum. Kein Mensch war zu sehen. Nur der Himmel und die Sonne, das Meer und die endlosen felsigen Hügel sowie die baumlosen, ausgebleichten Gebirgskämme.

    Sie wendete den Wallach und war enttäuscht, daß sie Dominick nicht gefunden hatte. Inzwischen war er wahrscheinlich längst wieder in der Burg. Sie ließ den Grauen in einen leichten Trab fallen und hatte erneut das Gefühl, beobachtet zu werden. Der Blick schien sich direkt in ihren Rücken zu bohren.
    Ihr Pferd schnaubte und zuckte mit den Ohren.
    Annes Herz begann zu pochen. Einen Moment glaubte sie, sie hätte einen Reiter auf dem Kamm bemerkt, der parallel zu ihrem Pfad verlief. Aber es war nur eine Bewegung aus Licht und Schatten gewesen. Die Augen hatten ihr einen Streich gespielt.
    Da war kein anderer Reiter. Sie war völlig allein. Erleichtert atmete sie auf. Es war dumm von ihr, sich derart zu fürchten.
    „Laß uns nach Hause zurückkehren", sagte sie laut zu ihrem Pferd. „Der Unsinn reicht."
    Gerade wollte sie die Absätze in die Flanken des Tieres drücken, da tauchte hinter einer Felsformation auf dem Kamm über ihr eine dunkle Gestalt auf, und Anne erstarrte.
    Diesmal gab es keinen Zweifel, daß es ein Reiter war.
    „Dominick", murmelte Anne unsicher

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