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0100 - Die Schule der Dämonen

0100 - Die Schule der Dämonen

Titel: 0100 - Die Schule der Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Wolf Sommer
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anderen wollten nicht zurückstehen. Weitere Steine kamen herübergeflogen. Einer der Krawallbrüder hatte sogar seinen Holzknüppel geworfen. Zamorra und Nicole kamen sich vor wie in einem Panzer, der in feindlichem Artilleriebeschuß lag.
    Zamorra sah die Sinnlosigkeit weiterer Beschwichtigungsversuche ein. Diese Burschen, anscheinend stark alkoholisiert, konnte er mit bloßen Worten nicht zur Räson bringen. Und sie handgreiflich auf andere Gedanken zu bringen, lag ihm fern. Es hätte nicht zu seiner Rolle als harmloser Bürokrat gepaßt.
    Er fuhr weiter, nicht ohne als Abschiedsgeschenk noch einen Stein einzufangen, der beinahe die Heckscheibe des Wagens durchschlagen hätte.
    »Hübsches Städtchen, dieses Limaux«, sagte er kopfschüttelnd zu Nicole.
    Es wurde noch »hübscher«.
    Ein Stück weiter die Straße hoch stießen sie auf die nächste ungewöhnliche Szene. Vor einem Haus ballten sich Menschen, zusammen. Männer, Frauen und auch ein paar Kinder. Ohrenbetäubendes Johlen drang durch die geschlossenen Fenster in den Renault.
    Zamorra fuhr wieder etwas langsamer. Im Erdgeschoß des betreffenden Hauses befand sich ein Geschäft. Ein Gemischtwarenladen, wie es ihn speziell in Orten wie Limaux überall gab. Hier wurde so ziemlich alles verkauft. Angefangen bei der Waschmaschine über das Fahrrad bis hin zur Glühbirne. Was dieses Geschäft anging, sah es allerdings nicht danach aus, als ob der Ladenbesitzer in Zukunft überhaupt noch etwas verkaufen würde. Das Geschäft wurde nämlich von der Menschenmenge geplündert. Die Leute hatten die Schaufensterscheibe eingeschlagen und schleppten nun heraus, was nicht niet- und nagelfest war.
    Und die Krönung des Ganzen war, daß ein Gendarm in Uniform dabeistand und keinen Finger rührte, um dem wüsten Treiben Einhalt zu gebieten. Gelassen, beinahe heiter sah er den Plünderern zu. Hätte nur noch gefehlt, daß er ihnen mit lauten Anfeuerungsrufen beigesprungen wäre.
    »Kaum zu fassen«, murmelte der Professor.
    Nicole warf ihm einen schnellen Seitenblick zu. »Weißt du was, Chef?«
    »Ja?«
    »Mir ist da gerade der perverse Gedanke gekommen, daß es vielleicht ganz lustig wäre, da mitzumachen.«
    »Nicole!« sagte der Professor strafend. Aber er konnte nicht vermeiden, daß sich ein kaum wahrnehmbares Lächeln auf seine Lippen stahl.
    Er nahm wieder Fahrt auf.
    Es gab weitere ungewöhnliche Dinge zu beobachten. Ein Haus brannte, ohne daß weit und breit etwas von der Feuerwehr zu sehen gewesen wäre. Dies schien nicht der erste Brand zu sein, der sich in jüngster Zeit ereignet hatte. Ein paar andere ausgebrannte Gebäude säumten den Weg.
    An einer Straßenecke war eine Schlägerei im Gange. Mindestens zehn Männer beteiligten sich daran. Wild und erbarmungslos schlugen sie aufeinander ein mit Fäusten, Stöcken und Steinen. Ein gewalttätig aussehender Kerl hatte sogar einen abgebrochenen Flaschenhals in der Hand, den er ohne Rücksicht auf Verluste einsetzte. Schreie der Kampfeswut und des Schmerzes brachen sich lautstark Bahn. Zamorra konnte nur mit Mühe den Impuls unterdrücken, in das Gekeile einzugreifen.
    Aber nicht nur die Gewalttätigkeit zeigte ihr Gesicht. Auch ihr Gegenteil kam zu ihrem Recht, wenn auch in reichlich befremdlicher Art und Weise.
    Zamorra und Nicole sahen in einem Hauseingang einen jungen Mann und ein Mädchen. Der Mann war gerade dabei, der jungen Frau die Bluse aufzuiknöpfen und sie ihr über die Schulter zu streifen. Und das auf offener Straße. Das Mädchen ließ es geschehen, ohne zu protestieren, lächelte dabei sogar.
    Diese Szene blieb nicht ganz ohne Einfluß auf den Professor. Er blickte auf Nicoles hochgeschlossenes, braunes Baumwollkleid und sagte: »Weißt du, Nicole, du sollst zwar wirken, wie eine kleine, graue Maus. Aber wie eine Nonne mußt du dabei ja auch nicht unbedingt aussehen.«
    Nicole verstand. Ihre Hände gingen zu den Knöpfeñ ihres Kleids und ließen die obersten drei aufspringen.
    »Gut so?« erkundigte sie sich.
    »Bon«, sagte der Professor.
    Langsam fahrend, um nicht irgendeinen über die Straße gehenden Passanten auf die Haube zu nehmen, setzte Zamorra die Fahrt durch Limaux fort.
    Plötzlich stieß ihn Nicole in die Seite.
    »Chef, sieh mal da!«
    Ihr Zeigefinger deutete auf den Straßenrand.
    Zamorra begriff nicht gleich, auf was sie hinauswollte. »Was ist denn? Wieder ein Pärchen, das die Zeit nicht abwarten kann?«
    »Nein, das Auto da! Jetzt bist du schon dran vorbei! Halt mal

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