0100 - Die Schule der Dämonen
sagte es ihm. Und auf das hatte er sich in der Vergangenheit meistens verlassen können.
Am vierten Tag hielt es der Professor dann für angebracht, endlich etwas zu unternehmen. Nach menschlichem — und dämonischem — Ermessen mußte inzwischen jeder Verdacht zerstreut sein, daß er die Angelegenheit d’Avallon noch weiter verfolgen würde.
Zamorra ging ganz planmäßig und gezielt vor.
Er packte Nicole in den Citroën und fuhr mit ihr nach Lyon. Dort durfte seine Freundin dann etwas tun, was sie für ihr Leben gern tat. Zum Friseur gehen nämlich. Und anschließend auch noch in einen Kosmetiksalon und eine Boutique. Zamorra selbst tat ebenfalls etwas für die Pflege seines Äußeren.
Als sich die beiden Stunden später trafen, hätten sie sich auf den ersten Blick fast nicht erkannt. Zamorra, der sich auch eine Brille und einen schütteren Spitzbart zugelegt hatte, sah aus wie irgendein verknöcherter Buchhalter. Und Nicole sah in erster Linie unglücklich aus. Kein Wunder, hatte Zamorra sie doch angewiesen, sich als kleine, graue Büromaus zurechtmachen zu lassen. Nur ihre Traumfigur paßte nicht so ganz zum Image einer Tippse, die in irgendeinem Schreibzimmer dahindämmerte.
Der Professor war dennoch sehr mit ihrer äußeren Erscheinung zufrieden.
»Mach dir nichts draus, daß du etwas kümmerlich wirkst«, tröstete er sie. »Ich bin sowieso ein Mensch, der mehr auf innere Werte aus ist.«
Nicole kommentierte diese Worte mit einem langen Gesicht.
Anschließend gingen sie zu einer Leihwagenfirma. Zamorra hatte einige Mühe, ein Fahrzeug zu finden, das zu ihrem Erscheinungsbild paßte. Ein Renault, den die Verleihfirma eigentlich schon ausrangiert hatte, fand schließlich sein Wohlgefallen.
In dem Bewußtsein, unscheinbarer und unauffälliger kaum noch wirken zu können, traten Zamorra und seine Sekretärin ihre Reise nach Limaux an.
***
Es war später Nachmittag, als die beiden mit ihrem Renault die Champagne erreichten. Der Landschaft fehlte die Romantik ihres heimischen Loire-Tals, hatte aber trotzdem ihre Reize. Die Zeit der Weinlese war angebrochen. Fleißige Menschen arbeiteten an den sonnenbeschienenen Hängen und holten die Ernte ein, die dann später Gourmets in aller Welt erfreuen würde.
Je näher sie jedoch Limaux kamen, desto mehr veränderte sich das Bild. Kaum jemand arbeitete in den Weinbergen. In Limaux schien man der Ansicht zu sein, daß sich die reifen Trauben von selbst in die Körbe legen würden.
Dann tauchten die ersten Häuser des kleinen Städtchens vor ihnen auf.
Auf den ersten Blick war Limaux ein Ort wie viele andere in Frankreich. Früher war es wohl mal ein größeres Dorf gewesen, das dann im Zuge der Industrialisierung kleinstädtischen Charakter angenommen hatte.
Aber schon sehr schnell merkten Zamorra und Nicole, daß es in Limaux anders zuging als in vergleichbaren Ortschaften. Lärm schallte ihnen entgegen. Lautes Grölen wie bei einem Winzerfest, Geschrei, undefinierbares Getöse.
Die beiden sahen sich an.
»Scheint, daß die ihren Champagner nicht verkaufen, sondern sich selbst in den Hals schütten«, spekulierte der Professor.
»Und das nicht zu knapp«, stimmte ihm Nicole zu.
Sie sahen die ersten Menschen. Es waren ein paar Halbwüchsige, so zwischen vierzehn und sechzehn. Hingebungsvoll beschäftigten sie sich damit, mit Hilfe dicker Knüppel ein am Straßenrand geparktes Auto zusammenzudreschen. Glas klirrte, und malträtiertes Blech quietschte.
Unwillkürlich verlangsamte Zamorra die Fahrt, drehte das Seitenfenster herunter und hielt den Renault schließlich auf gleicher Höhe mit den zerstörungs- wütigen Halbstarken an.
»He!« rief er ihnen über die Straße hinweg zu. »Wollt ihr wohl damit aufhören?«
Ungerührt machten die meisten der Burschen weiter. Zwei von ihnen wandten sich jedoch dem Renault zu. Zamorra erschrak ein wenig, als er den Audruck der Wildheit in den jungen Gesichtern bemerkte.
»Fahr schnell weiter, du alter Bastard!« brüllte einer der Bengel zurück. »Sonst schlagen wir deine alte Dreckskarre auch gleich zu Klump!«
»Unglaublich!« zischte Nicole.
Zamorra wollte dem Halbstarken eine gebührende Antwort erteilen, kam aber nicht mehr dazu. Ein anderer Halbwüchsiger hatte sich gebückt und richtete sich jetzt wieder auf. Er holte mit dem Arm aus. Ein faustgroßer Stein löste sich aus seiner Hand und krachte gegen die Karosserie des Renault.
Ein Beifallssturm seiner Kumpane begleitete die hinterlistige Tat. Die
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