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0100 - Die Schule der Dämonen

0100 - Die Schule der Dämonen

Titel: 0100 - Die Schule der Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Wolf Sommer
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Madame, ich habe keine weiteren Fragen«, ließ er die Frau wissen.
    Selten war ein Kopf so schnell aus einem Fensterrahmen gezogen worden.
    Etwas verspätet kam Zamorra noch ein Gedanke.
    »Madame!« rief er abermals nach oben.
    Zunächst erschien die Frau nicht wieder. Zamorra war gezwungen, einen zweiten Stein hochzuschleudern. Erst dann tauchte sie erneut auf.
    »Was ist denn noch? Ich denke, Sie haben keine verdammten Fragen mehr.«
    »Eine noch«, sagte der Professor. »Wo wohnt der Stadtrat?«
    »Welcher? Es gibt mehrere in Limaux, lieber Mann.«
    »Sieht aus wie ein Chefarzt im Fernsehen«, beschrieb ihn Zamorra. »Er hat am Markt die Zeremonie geleitet. Sie wissen bestimmt, was ich meine.«
    »Das wird Verlaine sein«, bekam er Auskunft. »Auguste Verlaine. Der wohnt… warten Sie mal… direkt neben dem Rathaus, glaube ich. Ja, da wohnt er. Sonst noch was?«
    »Au revoir, Madame.«
    Zamorra blickte an den Häusern in der Nachbarschaft hoch. Er sah keinen Menschen. Die Aussichten, daß niemand seinen Dialog mit der Frau mitbekommen hatte, standen gut.
    »Statten wir dem Herrn Stadtrat einen Besuch ab«, sagte er zu Nicole.
    ***
    Zamorra wußte, wo das Rathaus lag: unmittelbar am Markplatz. Er hatte das Gebäude vorhin bereits, ohne besonders darauf zu achten, gesehen.
    Um das Gebäude beziehungsweise das Haus daneben zu erreichen, mußten sie den Marktplatz überqueren. Das war nicht ganz einfach, denn das orgiastisehe Treiben rund um den Brunnen war in der Zwischenzeit nicht abgeklungen, sondern eher noch wilder, noch zügelund hemmungsloser geworden.
    Erneut mußten Zamorra und Nicole dagegen ankämpfen, sich gehen zu lassen und sich unter die Menge zu mischen.
    Noch andere Gefahren drohten. Latente und hier und dort bereits zum Ausbruch kommende Gewalttätigkeit machte sich bemerkbar.
    Obgleich Zamorra und Nicole das Getümmel ganz am Rand passierten, kamen sie nicht ungeschoren davon. Ein paar Männer, stark angetrunken und unsicher auf den Beinen, verstellten ihnen den Weg. Mit blutunterlaufenen Augen starrten sie die beiden Fremden an. Besonders Nicole natürlich.
    Und schon kam das, was kommen mußte. Lüsterne Hände streckten sich nach Nicole aus. Eindeutige und obszöne Redensarten machten klar, wonach den Betrunkenen der Sinn stand.
    Der Professor machte kurzen Prozeß mit ihnen. Seine Fäuste wirbelten wie ein Mixquirl. In Sekundenschnelle lagen die Kerle auf dem Pflaster. Einer von ihnen war jedoch hart im Nehmen. Er hatte auf einmal eine Jagdpistole in der Hand und legte auf Zamorra an. Seine tückisch blitzenden Augen versprachen Mord und Tod. Schon krümmte sich sein Finger um den Abzug. Im letzten Sekundenbruchteil traf Zamorras Schuhspitze seine Hand. Die Pistole wurde ihm aus den Fingern geprellt und flog in hohem Bogen davon.
    Das Jaulen des Kerls nicht beachtend, bückte sich Zamorra nach der Waffe und hob sie auf. Es war ein altersschwaches Ding, eins von der Sorte, mit der man glänzend um die Ecke, nur nicht geradeaus schießen konnte. Aber einem geschenkten Barsch schaute man nicht in die Kiemen. Der Professor steckte die Pistole in die Innentasche seines Jacketts. Dann quälten er und Nicole sich weiter ihrem Ziel entgegen.
    Zamorra vergaß nicht, die ganze Zeit über seine Augen offenzuhalten und nach dem so würdig aussehenden Stadtrat Ausschau zu halten. Er sah ihn jedoch nirgends. Am Brunnen hielt er sich jedenfalls nicht mehr auf.
    Dann standen sie vor dem Rathaus. Es war ein größerer, mehrgeschossiger Bau mit Stuckfassade. Unterhalb des in erhabenen und verschnörkelten Initialen gehaltenen Schriftzuges »Rathaus« prangte das Wappen von Limaux: ein von Reben gesäumtes Schwert.
    Zamorra interessierte sich jedoch nicht für das Amtsgebäude. Es ging um das Nachbarhaus, wobei noch fraglich war, ob das rechte oder das linke in Frage kam. Beide waren kleiner — natürlich — als das Rathaus, bildeten jedoch eine architektonische Einheit mit ihm.
    Links waren sie offensichtlich falsch. Es gab zwar mehrere Namensschilder, Verlaine war jedoch nicht darunter. Zamorra und Nicole versuchten ihr Glück auf der anderen Seite.
    Und hatten Glück. Ja, da stand es: Verlaine! Auf dem untersten Klingelschild, neben einem goldglänzenden Knopf.
    »Läuten?« fragte Nicole. Unwillkürlich flüsterte sie.
    »Nein«, sagte Zamorra. »Freunde soll man überraschen.«
    »Einbrechen also?«
    »So ungefähr.«
    Nicole machte ein bedenkliches Gesicht. »Aber das ist riskant, Chef. Wir stehen hier

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