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0101 - Die Menschentiger

0101 - Die Menschentiger

Titel: 0101 - Die Menschentiger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franc Helgath
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anwesenden Bengalesen zu bestehen, über jene Region Schweigen zu bewahren. Sie verbargen Bill etwas. Etwas, von dem der Amerikaner annahm, daß es für ihn von Wichtigkeit sei.
    Die Unterhaltung erstarb, und es wurde später Nachmittag. Der halbe Garten lag bereits im Schatten. Ublai Ergh drängte darauf, entlassen zu werden. Er müsse unbedingt vor Einbruch der Dunkelheit in Chittagong zurück sein. Wenn Bill sich den Zustand seiner Cessna ins Gedächtnis zurückrief, hatte er Verständnis dafür.
    Bill Fleming öffnete sein Köfferchen, um den Mann auszuzahlen. Dabei behielt er Khan Raf Shuk heimlich im Auge.
    Es entging ihm nicht, daß der Bengalese mit der Ähnlichkeit eines Schmierenmexikaners eine gewisse Nervosität nicht verbergen konnte. Bill zahlte dem Piloten den vereinbarten Preis. Er war gering genug. In den Staaten hätte er dafür nicht einmal von Coney Island nach Long Island jumpen können, doch Ublai Ergh strahlte, und sein dankbares Lächeln war ehrlich.
    Nein — Bill Fleming war über seinen künftigen Reisebegleiter wirklich nicht glücklich. Er hätte gerne einen anderen gehabt. Aber die Auswahl war so ungeheuer klein. Dazu kam die Herzlichkeit des Empfangs, die der Dorfälteste ihm entgegengebracht hatte, und auch diese Herzlichkeit war ehrlich gewesen. Bill brachte es nicht übers Herz, diesem alten Mann weh zu tun, indem er dessen Schwiegersohn ablehnte.
    Bill Fleming klappte den Koffer wieder zu und schloß ihn sorgfältig ab, wobei ihn Khan Raf Shuk genau beobachtete, damit ihm nicht entging, wo der blonde Amerikaner den Schlüssel deponierte. Bill trug ihn offen in einer der Außentaschen seines Hemdes, doch er schwor sich, bei der nächstbesten Gelegenheit ein anderes Versteck dafür zu suchen.
    Dieser Khan Raf Shuk mit seinen so knapp nebeneinanderstehenden Augen war ihm nicht ganz geheuer.
    Und Bill hielt sich für einen Menschenkenner.
    Er war auch einer.
    ***
    Zamorra und Nicole waren bald nach dem Mahl in einen tiefen Schlummer versunken. Shurina hatte ihnen ein herrlich bequemes Lager aus Schilfrohren bereitet.
    Außerhalb der Pagode.
    Doch Zamorra und Nicole waren viel zu müde, um noch irgendwelche Einwände gegen diese Art der Unterbringung zu erheben. Sie waren ausgelaugt und müde, und ihre vorangegangenen Erlebnisse rechtfertigten diesen Zustand.
    Als Zamorra wieder erwachte, war es bereits dunkel geworden. Die Pagode lag im grünen Licht wie eine steingewordene Beschwörungsformel. In breiten Streifen durchglitzerte der Mondschein die Wasser, einem riesigen, weißglühenden Schwert gleich, dessen Spitze sich in der Ferne verlor.
    Die Tide hatte sich umgekehrt. Es war Flut. Wie ein brausender Lobgesang des Meeres an Shiva dröhnten und hallten die Wogenschläge des aufsteigenden Meeres aus den Höhlengängen der Pagode als Echo zurück.
    Lauter und grollender schwollen die Töne an, wie der Tag hinter der Dschungelkulisse versank und der Nacht wind sich in den Höhlengängen verfing.
    Nirgendwo eine Spur von Khube. Shurina schritt mit einer Fackel voran auf die Pagode zu. Es sei Zeit zu Abend zu essen, hatte sie gesagt. Außerdem sollten ihre »Gäste« noch ihre Tochter kennenlernen. Sie würden zu dritt hier leben, doch Rahndra wäre tagsüber auf Jagd gewesen.
    Zamorra und Nicole folgten. Ein Gefühl der Beklommenheit stieg in ihnen auf. In der Pagode brannten noch mehrere Fackeln in Bambusschlingen, die als Halterungen dienten.
    Das Innere war ein Gewirr von Nischen und Winkeln. Viele dunkle Gänge zogen durch die Felswände, und phantastische Götterstatuen in tanzender Stellung, die Handflächen vorgestreckt, mit geheimnisvoller Fingerhaltung, deckten mit ihren Schatten die Eingänge wie Hüter die Schwelle.
    Zamorra fiel ein, wie wenige Abendländer wissen, daß alle diese bizarren Figuren, ihre Anordnung und ihre Stellung zueinander, die Zahl und Höhe der Säulen und Lingams Mysterien von ungeheuerer Tiefe andeuten.
    Der Geisterjäger verharrte kurz vor einem Sockel mit einem Ornament, das einen Stab mit vierundzwanzig Knoten zeigte, von dem links und rechts Schnüre herabhingen, die sich unten teilten: Ein Symbol, das Rückenmark des Menschen darstellend, und in Bildern daneben Erklärungen der Ekstasen und übersinnlichen Zustände, deren ein Yogi auf dem Weg zu den Wunderkräften teilhaftig wird, wenn er Gedanken und Gefühl auf die betreffenden Rückenmarksabschnitte konzentriert.
    Shurina hatte Zamorras Stocken bemerkt. Sie wandte sich ihm zu. »Das ist

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