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0101 - Die Menschentiger

0101 - Die Menschentiger

Titel: 0101 - Die Menschentiger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franc Helgath
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und Sekunden sammelten sich zu endlosen Minuten, in denen Zamorra seinen einsamen Kampf gegen den Tod ausfocht. Gegen Nicoles Tod.
    Dann ahnte er, daß sie beide siegen würden. Wenn er sich nur genügend anstrengte, würde er es schaffen, diese junge Frau, die er so sehr liebte, ins Leben zurückzuholen.
    Seine Hoffnungen wurden erfüllt. Nicoles Lippen wurden warm, und dann sah Zamorra zu, daß er die Frau zur Seite drehte. Nicole mußte eine Unmenge Wasser geschluckt haben. Der Magen gab seinen Inhalt her, die Lungen nahmen ebenso wie der Herzschlag ihre Arbeit wieder auf.
    Zamorra tätschelte Nicoles totenblasse Wangen, rieb die Stellen ab, an denen die Hauptschlagadern knapp unter der Haut lagen, um ihr Blut wieder zum Zirkulieren zu bringen. Er tat alles Menschenmögliche, und er tat es gut. Nicole atmete auch ohne seine Plilfe weiter. Ganz schwach und ganz flach zwar, doch das Leben hatte sie wieder. Zamorra hätte schreien mögen vor Freude.
    Dann blieb er matt neben ihr im Sand sitzen. Er hatte getan, was er tun konnte. Den Rest mußte Nicoles an und für sich robuste Natur besorgen.
    Womöglich war sie für Sekunden oder Minuten klinisch tot gewesen. Die Blutzufuhr zum Gehirn war abgeschnitten gewesen, und mit Schaudern fiel ihm ein, daß das Gehirn deshalb Schädigungen davongetragen hatte und Nicole als Kretin erwachte.
    Und wieder betete er Gebete ohne Worte, sandte seinen größten Wunsch hinaus ins All; seinen im Augenblick einzigen Wunsch: Nicole sollte wieder so sein, wie sie noch am Vortag war. Mit all ihren kleinen Fehlern und Launen, mit all ihrer Koketterie, die letzten Endes nichts anderes war als Äußerung einer ungebändigten Lebensbejahung. So ein Mensch durfte nicht verlorengehen! Es gab viel zu wenige von ihrer Sorte.
    Zamorra riß das Hemd vom Körper und säuberte die junge Frau sorgfältig vom Erbrochenen. Anschließend zog er sie weiter hinauf auf den Strand, dessen Sand bereits heiß zu werden begann.
    Er mußte abwarten, aber sein Warten wurde belohnt.
    »Chef…?«
    Zamorra wurde von Dankbarkeit und Zärtlichkeit erfüllt.
    ***
    Bill machte sich an seinem Safari-Anzug zu schaffen. Er hatte so ungeheuer viele Taschen. In einer von ihnen steckte Kon Siangs Karte, auf der er angekreuzt hatte, bei welchen Koordinaten Zamorra und Nicole aus dem Rumpf der Boeing verschwunden waren.
    Er winkte Khan Raf Shuk zu sich her, der lässig am Steuerhaus lehnte. Der Mann setzte sich schlurfend in Bewegung. Seit dem Zwischenfall vor einer Stunde hatten sie kein Wort mehr miteinander gewechselt. Raf Shuk hatte einen seiner Leute zu Bill geschickt, der ihm eine frische Ananas überreichtè. Dazu noch eine saubere Schüssel mit dampfendem Reis und eine kleine Schale braunen, mit Zimt vermischten Zuckers.
    »Sir?«
    Raf Shuk blieb steif vor Bill Fleming stehen. Seine Zigarette wanderte von einem Mundwinkel zum anderen.
    »Sie können sich setzen«, meinte Bill und wies auf die Kiste neben sich.
    Der Bengalese mit dem Mexikanerbart ließ sich zögernd nieder, als befänden sich Eier in diesem Karton, von dem die Aufschrift behauptete, er wäre mit Erbsendosen gefüllt.
    »Ja, Sir?«
    Bill war mittlerweile etwas gnädiger gestimmt. Er hoffte fest, zumindest für die nächste Zeit, dem Mann den Schneid abgekauft zu haben. Schließlich brauchte er ihn. Ohne Raf Shuk und seine Mannschaft war Bill hier verloren. Dummerweise verhielt es sich umgekehrt nicht ebenso. Shuk und seine Leute konnten durchaus ohne ihn auskommen.
    Aber wollten sie das auch, wenn sie erfuhren, daß er sein Geld nicht mehr mit, sich herumschleppte?
    Diesen Punkt wollte Bill Fleming so schnell wie möglich klären.
    Er war an Bord gekommen und hatte wieder nur sein Köfferchen bei sich gehabt, das so sehnsuchtsvolle Blicke auf sich zog. Er griff jetzt danach und schloß es auf.
    Raf Shuk bekam Stielaugen, als er sah, daß es bis auf Wechselwäsche leer war. Bill Fleming sah das und schnaubte zufrieden.
    »Ich habe keinen einzigen Cent bei mir«, verkündete er, und sein Grinsen fiel beinahe etwas jungenhaft aus. »Ich bin kein geeignetes Opfer für einen Raubmord, wie Sie sehen, Mr. Shuk. Und bevor Sie verfängliche Fragen stellen müssen: Ihr Schwiegervater war so freundlich, das Geld für mich in Verwahrung zu nehmen, bis ich wieder zurück bin.«
    Die Zigarette in Raf Shuks Mundwinkel erlosch. Er hatte vergessen, an seinem Glimmstengel zu ziehen, und brachte keinen Ton heraus. Bills Eröffnung war sichtlich unerwartet für ihn

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