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0101 - Die Menschentiger

0101 - Die Menschentiger

Titel: 0101 - Die Menschentiger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franc Helgath
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Außerdem konnte Khan Raf Shuk seinen Blick nicht erwidern. Er schaute weg und hinunter aufs Wasser.
    Ganz anders der Händedruck des Alten. Er wünschte Bill alles Glück für sein Unternehmen und gab seiner Hoffnung Ausdruck, ihn bald gesund wiederzusehen.
    Bill konnte ihn kaum verstehen, denn der Alte hatte sich in Englisch versucht. Es klang schauderhaft, und er hatte für diese wenigen Sätze vermutlich die halbe Nacht geübt.
    Schließlich begann der Diesel zu tuckern. Das breite Boot mit dem geringen Tiefgang legte ab. Bill kam sich einsam und verlassen vor. Barisal und damit die letzte Bastion der Zivilisation auf mehrere -zig Kilometer Umkreis tauchten zurück in den Morgendunst.
    Der Mündungsarm des Ganges, an dem Barisal lag, war breit wie ein Strom. Bald war nichts mehr um sie herum als milchigtrübe Morgennebel, durch die die Sonne einen dunstigen Kreis zeichnete. Sie stieg schnell, und der Wind, der vom Meer herblies, würde auch bald die Nebelschwaden vertreiben und die Sonne erbarmungslos auf sie herabgluten lassen. Bill machte sich auf unangenehme Zeiten gefaßt.
    Er setzte sich im Heck des rund neun Meter langen Bootes auf eine Kiste und musterte trübsinnig die Mannschaft, die Khan Raf Shuk für ihn angeheuert hatte.
    Fünf Leute, denen Bill unter normalen Umständen ausgewichen wäre. Genauso hatte er sich immer die Räuber und Messerstecher vorgestellt, vor denen in Fremdenführern gewarnt wird, wenn das Kapitel um die verwinkelten Altstädte der hoffnungslos überbevölkerten Metropolen des indischen Subkontinents geht. Um jene Viertel, in denen ein Menschenleben schon lumpiger zehn Rupien wegen in einer Blutlache versickert.
    Er hätte es gar nicht schlimmer treffen können.
    Bill tastete nach der Pistole, die Kon Siang ihm in Chittagong noch zugesteckt hatte und die dem Piloten selbst gehörte. In Bangladesh Waffen zu kaufen, war zwar nicht unmöglich, aber man mußte schon die notwendigen Beziehungen haben. Die Polizeiorgane griffen rigoros durch, wenn jemand versuchte, sich ohne Genehmigung mit Schießeisen zu versorgen.
    Trotzdem sah Bill Gewehre bei Khan Raf Shuk und seinen Leuten. Zwar waren es Uraltmodelle, doch er zweifelte keine Sekunde daran, daß sie ihren Dienst tun würden.
    Das Boot sah nicht aus, als ob es zum Fischfang benützt würde, wie die anderen, die Bill an der Mole entdeckt hatte. Wahrscheinlich verwendete es Khan Raf Shuk normalerweise ausschließlich für Schmuggelfahrten in die indischen Gewässer, und dafür war es zweifellos ideal. Es lag behäbig wie eine Ente auf dem Wasser und konnte noch dort weiterfahren, wo Polizeiboote mit tieferliegendem Kiel schon hoffnungslos strandeten.
    Als der erwartete Wind aufkam, wurde das Dreieckssegel gesetzt, und das Tuckern des Motors verstummte. Das Segel bauschte sich flatternd. Es war von Flicken und Flecken übersät.
    Die Männer verrichteten schweigend ihre Arbeit. Von Bill Fleming nahmen sie scheinbar keine Notiz.
    Aber eben nur scheinbar.
    Bill Fleming war schon von Berufs wegen ein vorzüglicher Beobachter. Deshalb entgingen ihm auch die verstohlenen, abtaxierenden Blicke nicht, die ihm zugeworfen wurden, wenn die Männer glaubten, er bemerke das nicht. Dann unterwarfen sich diese Galgenstricke auch keinerlei Hemmungen, die Gier in ihren Augen unverhüllt zur Schau zu tragen. Zamorras Freund stellte in bitterer Selbstironie fest, daß ihn gar nicht so viel von den Hühnern unterschied, die in ihren Holzkäfigen gackernd darauf warteten, abgeschlachtet zu werden.
    Und Kon Siangs Pistole, eine japanische Kirawa, hatte nur sechs Schuß im Magazin. Eine Kugel pro Mann.
    Eine Viertelstunde später war die Sicht klar, und im Norden wurde die dunkelgrüne Linie des Dschungels erkennbar. Sie hielten darauf zu. Das Boot kam überraschend schnell vorwärts. Der Wind stand überaus günstig.
    Grinsend kam Khan Raf Shuk mit einem Tablett auf ihn zugestakt.
    »Frühstückszeit, Sir«, sagte er und legte das Tablett auf einer Kiste neben Bill ab. »Wir kommen gut voran.«
    Bill nickte geistesabwesend. Für einen westlichen Gaumen nahm sich das, was sein Expeditionsleiter gebracht hatte, alles andere als einladend aus: Ranzige Hammelschwarte mit dünnen, getrockneten Maisfladen, ein Schälchen mit kaltem, unpoliertem Reis, der mit irgendwelchem Kleingetier vermischt war, und süß dampfender Milchtee.
    Bill entschloß sich, keinen Hunger zu haben.
    »Später«, meinte er, und Khan Raf Shuks Grienen vertiefte sich.
    »Es schmeckt

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