0102 - Die Horde aus dem Jenseits
sehen…«
»Lehren Sie mich die Menschen nicht kennen, Fleming. Ich weiß, wie ich mit ihnen dran bin. Sie sind alle schlecht.«
»Anscheinend nehmen Sie dabei das Maß Ihrer eigenen Schuhe«, erwiderte Bill ärgerlich.
Page hob die Faust. »Ich warne Sie. Noch so ein Wort, und Sie fliegen raus! Oder ich ramme Sie ungespitzt in den Boden.«
»Wir sollten uns lieber eingehender mit dem Ereignis der vergangenen Nacht befassen, finden Sie nicht auch? Damit würden wir Walter Sherman einen nützlicheren Dienst erweisen, als wenn wir uns gegenseitig ein paar Beulen schlagen!«
»Ich habe dem, was ich Ihnen erzählt habe, nichts mehr hinzuzufügen. Walter Sherman ist verschwunden. Ich kann ihn nicht wieder herbeizaubern. Also was nerven Sie mich noch länger?«
»Er ist vor Ihren Augen dort draußen verschwunden«, sagte Bill eindringlich.
»Da draußen vielleicht«, erwiderte Page. »Aber ganz bestimmt nicht vor meinen Augen, sonst könnte ich mich daran erinnern.«
Bill trat ans Fenster. Er dachte sich dasselbe wie Nicole Duval, die zur gleichen Zeit mit Jerome Robertson sprach: Quintus hatte in Ken Pages Geist die Erinnerung an das rätselhafte Ereignis ausgelöscht. Gedankenverloren blickte Bill nach draußen. Welches teuflischen Tricks hatte sich Quintus bedient, um Walter Sherman verschwinden zu lassen? Wo war Sherman jetzt? War ihm überhaupt noch zu helfen?
Bills Blick heftete sich auf den Dorfbrunnen. Ihm gefiel das Meisterwerk. Vor allem die riesige, auf dem Steinsockel thronende Kröte faszinierte ihn. Sie wirkte so lebensecht.
Mit einemmal hatte der Amerikaner den Eindruck, die Kröte würde ihn höhnisch angrinsen. Teufel, hatte sie vielleicht etwas mit Walter Shermans Verschwinden zu tun? Bill Fleming wandte sich um und winkte Ken Page zu sich. »Würden Sie sich mal den Dorfbrunnen genau ansehen, Mr. Page.«
Ken Page trat neben ihn und blickte gleichfalls zum Fenster hinaus.
»Möchten Sie, daß ich Ihnen damit eine Freude mache, oder was?«
»Fällt Ihnen an dem Brunnen nichts auf?«
»Nein. Was sollte mir daran auffallen? Er stand schon so da, als ich noch nicht auf der Welt war. Er gehört zu meiner gewohnten Umgebung wie dieses Haus und der Dorfplatz.«
»Was ist mit der Kröte?«
»Es ist eben eine Kröte aus Stein. Weiter nichts.«
Bill nickte. »Vielen Dank, Mr. Page.«
Ken Page blickte ihn verwundert von der Seite an. »War das alles, was Sie von mir hören wollten, Mr. Fleming?«
»Ja. Das war’s.« Bill wußte nun, daß nur er das gemeine, herausfordernde Grinsen der Kröte sehen konnte. Für Ken Page sah das Steintier so aus wie immer. Mehr und mehr kristallisierte sich für Bill heraus, daß des Rätsels Lösung bei dieser steinernen Kröte liegen mußte.
Etwas machte in seinem Kopf plötzlich - klick.
Bill hatte abgeschaltet, ohne es bewußt zu registrieren. Er murmelte Ken Page einen knappen Gruß zu und verließ dann dessen Haus, ohne den Mann eines weiteren Blickes zu würdigen. Sein ganzes Sinnen war auf die geheimnisvolle Kröte ausgerichtet. Sie schlug ihn auf eine unheimliche Weise in ihren Bann. Er konnte sich gegen ihre magische Anziehungskraft nicht wehren.
Wie in Trance trat er aus Pages Haus, und im nächsten Augenblick geschah etwas Eigenartiges: die Menschen, die sich auf dem Dorfplatz befanden, ihn gerade überquerten oder ihn betraten, standen auf einmal still. Es war so, als hätte jemand die Zeit angehalten. Alle Leute, die Bill Fleming sehen konnte, verharrten wie leblose Puppen mitten in ihrer Bewegung. Die einen hatten den Mund offen, weil sie gerade gesprochen hatten. Die anderen hielten einen Arm oder ein Bein in einer etwas ungewohnten Stellung. Nichts regte sich. Schlagartig war alles Leben auf dem Dorfplatz erloschen.
Bill schaute sich perplex um.
Am Fenster stand Ken Page. Unbeweglich.
Aus dem Nachbarhaus war Nicole Duval getreten. Auch sie regte sich nicht. Bill war maßlos verwirrt.
»Nicole!« rief er.
Das Mädchen reagierte nicht. Er ging auf sie zu.
»Nicole, was ist mit dir?« Er faßte sie an. Seine Hand berührte ihr hübsches Gesicht. Es war hart und kalt wie lebloser Stein. Ihre Augen glänzten seelenlos wie Glaskugeln.
Quintus! schoß es Bill Fleming durch den Kopf. Dieses unheimliche Theater hatte der Dämon für ihn inszeniert. Alles, was nun passieren würde, war nur für Bills Augen bestimmt.
Er wandte sich mit einem schnellen Ruck um. Wut und Haß verzerrten sein markantes Gesicht. Die verdammte Kröte grinste hoch
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