0103 - Asmodinas Todesengel
weitgeschnittene Leinenbluse mit ausgebauschten Ärmeln und kleinem Kragen paßte genau.
»Darf ich die Sachen anprobieren?« wandte sie sich an die Verkäuferin.
»Natürlich. Ich gehe vor.«
Die Verkäuferin geleitete Damona zu den Umkleidekabinen und zog den Vorhang auf.
Damona betrat die Kabine, zog den Vorhang wieder zu und entledigte sich ihrer Kostümjacke. Auch in der Kabine war die Musik zu hören. Ein gepolsterter Stuhl stand bereit, und an der mit Stoff bespannten Wand hing ein Spiegel.
Die Lampe an der Decke blendete nicht.
Damona zog auch ihre Bluse aus. Sie trug einen dünnen BH, der ihre Brüste ein wenig anhob. Und in dem schmalen Tal des Busens lag der schwarze Stein, den sie von ihrer Mutter Vanessa, einer echten Hexe, geerbt hatte.
Mit diesem Stein hatte es eine besondere Bewandtnis. Er war eine Art Indikator, der Damona anzeigte, ob, wann und wo Kräfte des Bösen in der Nähe lauerten.
Gleichzeitig konnte sie durch diesen Stein auch in Verbindung zu ihrer toten Mutter treten, und so war dieses Kleinod ihr wertvollster Besitz.
Er war auch im Spiegel zu sehen und glänzte matt. Den Stein gab Damona nie aus der Hand, er hatte ihr bereits zu große Dienste erwiesen und besaß eine Kraft, die sie bis zum heutigen Tag noch nicht richtig erforscht hatte.
Zuerst schlüpfte sie in den Rock. Er paßte, als wäre er für sie geschneidert worden. Auch in der Taille saß er genau richtig, und der Saum reichte fast bis zu den Knöcheln. Damona wußte auch schon, wo und wann sie ihn tragen wollte. Im Sommer, wenn es die großen Gartenfeste gab, dafür war der Rock genau passend.
Sie griff nach der Bluse und streifte sie über ihren lackschwarzen Haarschopf. Auch dieses neue Kleidungsstück saß. Es brauchte nicht geändert zu werden.
Damona King war zufrieden.
Sie zog beide Sachen wieder aus und schlüpfte in ihren Kostümrock. Als sie ihre Bluse über den Kopf streifen wollte, erstarrte sie mitten in der Bewegung.
Etwas störte sie.
Eine Gänsehaut rann über ihren Rücken. Verursacht durch einen Kälteschauer, der jedoch nicht von draußen kam, sondern aus einer anderen Richtung.
Der Stein strahlte ihn ab.
Ihr Stein!
»Passen die Sachen?« vernahm sie von draußen die Stimme der Verkäuferin.
Damona erwachte wie aus einem Traum. Sie antwortete nicht schnell genug, und das Girl mit dem Puppengesicht steckte seinen Kopf durch den Vorhangspalt.
Hastig drehte sich Damona um. »Ja, ja, es geht schon klar«, erwiderte sie.
Die Verkäuferin zog sich zurück.
Damona King war über die Störung ein wenig ungehalten. Sie wollte sich weiter auf das Phänomen konzentrieren und dabei versuchen, es zu ergründen.
Die Kälte breitete sich aus. Sie strich nicht nur über ihren Rücken, sondern wanderte hoch zur Schulter, erfaßte ihren Hals und ging über auf die Brust.
Dort verschmolz sie mit dem Stein, und im nächsten Augenblick hatte Damona das Gefühl, dieser Stein würde die Kältewellen mit doppelter Intensität abstrahlen und durch ihren Kreislauf jagen. Sie begann plötzlich zu zittern, die Haut veränderte sich, sie wurde blauweiß und schillerte.
Damona atmete schwer.
Auf einmal konnte sie sich so gut wie nicht mehr bewegen. Wenn sie ein Bein hochheben wollte, hatte sie dabei das Gefühl, Zentnerlasten hingen an ihren Waden. Mit den Armen erging es ihr um keinen Deut besser, doch zum Glück arbeiteten ihre Gedanken klar und deutlich.
Sie mußte den Stein ablegen!
Es war die einzige Möglichkeit, einem neuerlichen Kälteschock zu entgehen, den sie unter Umständen nicht überlebte.
Damona hob die Arme. Sie versuchte es zumindest, doch es fiel ihr mehr als schwer. Den linken bekam sie überhaupt nicht in die Höhe, den rechten nur mit ungeheurer Mühe.
Sie stöhnte auf. Vor Schmerzen und vor Glück, als sie mit ihren Fingern die Kette berührte, die den Stein hielt. Jetzt hatte sie bereits einen Teilsieg errungen.
Damona biß die Zähne zusammen. Sie gab nicht auf, obwohl das eisige Gefühl in ihrem Innern wieder zunahm.
Dabei raste ihr Herzschlag. Sie spürte ihn gegen die Rippen trommeln, und das Echo rief ein dumpfes Pochen in ihrem Kopf, dicht unter der Schädeldecke, hervor.
Damona stöhnte auf. Sie wankte zurück, fiel mit dem Rücken gegen den Spiegel, sammelte alle Kräfte und intensivierte ihre verzweifelten Bemühungen.
Endlich hielt sie die Kette zwischen den Fingern.
Ein kleiner Erfolg nur, doch für sie ein Fortschritt. Damona atmete schnell und keuchend. Sie wehrte
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