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0103 - Im Bannstrahl des Verfluchten

0103 - Im Bannstrahl des Verfluchten

Titel: 0103 - Im Bannstrahl des Verfluchten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franc Helgath
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sich der Körper im Gegensatz zum Kopf nicht vollkommen materialisiert. Er blieb weiß und durchscheinend wie ein Nebel, wies jedoch feste, strenge Konturen auf.
    Ein langfallendes Gewand mit gotisch scheinendem Faltenwurf. Die Flügelärmel ragten fast bis zur Höhe der beginnenden Oberschenkel hinab.
    Das spöttische, höhnische Lächeln des Wesens behielt seinen Ausdruck bei, auch als Hörner oberhalb der Schläfen aus dem Kopf zu wachsen begannen. Es dauerte Sekunden, bis Kim Lisöjn erkannte, daß sich hier nur ein Helm aus dem Nichts bildete, der entfernt an die Kopfbedeckung von Wikingern erinnerte.
    Und die ganze Zeit über sagte diese Wesenheit nichts mehr, starrte nur auf ihn herab. Mit einer Überheblichkeit in der zur bösartigen Fratze verzerrten Mimik, als wolle sie ihm bedeuten, daß es nur eines Fußtritts bedürfe, um ihn zu zermalmen wie einen Regenwurm, der gerade aus der Scholle ins erste Licht des Frühlings bricht.
    Massiv wie der Schädel war auch der Pokal, den dieser Dämon in beiden Händen vor sich hielt. Er war aus purem Gold. Sehr groß auch.
    Da endlich setzten sich in Kim Lisöjn die Instinkte wieder durch. Sein Selbsterhaltungstrieb wurde geweckt.
    In dieser Sekunde endlich begehrte Kim Lisöjn auf. Es war um viele Sekunden zu spät.
    Trotzdem brüllte er auf, sprang hoch von seinem Stuhl und ballte die Fäuste in grimmigem, verzweifeltem Zorn. Mit bloßen Händen wollte er auf dieses Ungeheuer losgehen und achtete dabei nicht darauf, daß seine hochfahrenden Hände den Notizblock von der Schreibunterlage weg auf den Kamin zu wischten, wo die Blätter dem schon heruntergebrannten Feuer noch eine letzte Nahrung gaben.
    Kim Lisöjns wütende Schwinger wurden zu Heumachern, weil es an diesem Wesen, das sich neben seinen Apparaturen auftürmte, nichts Greifbares gab. Er berührte die Gestalt zwar, spürte jedoch nichts als eisige Kälte, die seine Finger augenblicklich starr und steif werden ließ.
    Jetzt lachte der Dämon auch wieder. Unbeschreiblich häßlicher und vor allem triumphierender als vorher.
    »Nun komm schon, Mensch aus der Zukunft. Dein ›Geistchen‹ dürstet nach dir!« Und dann schroffer: »Ich habe schon lange auf dich gewartet. Bei Thor! Wie lange habe ich schon auf dich gewartet.«
    Das Wesen stülpte die Öffnung des Pokals auf Kim Lisöjn zu, und die Öffnung schien riesengroß zu werden.
    Wie der Rachen eines Mörderwals, der sich anschickt, sein Opfer zu verschlingen.
    Kim Lisöjn glaubte, auf dem Grunde des Pokals einige Lichter zu erkennen. Dann löschte sein Bewußtsein aus. Ein paar gräßliche Schmerzen noch, und er hatte es überstanden.
    Sein Laboratorium war leer. Die Apparate summten, und im offenen Kamin wurde Asche aus seinen letzten Notizen.
    ***
    Wenn man ihren Weg auf der Karte verfolgte, dann hatten Professor Zamorra und Nicole Duval einen ziemlichen Umweg geflogen. Und trotzdem: Schneller hätten sie Helsinki auf keinem anderen Weg erreicht.
    Während des Flugs in der überhitzten und überfüllten Maschine hatten sie keinen Schlaf finden können. Die Hektik und die Strapazen des Tages forderten nun doch ihren Tribut. Nicole konnte die Ränder unter ihren Augen auch mit Puder nicht mehr ganz verdecken.
    Dazu gesellten sich Schwierigkeiten beim Zoll. Sie hatten es ausgerechnet mit einem besonders peniblen Beamten zu tun gekommen, der obendrein schon weit über jene Jahre war, in denen Nicole mit ihrem Charme noch hätte bestechen können.
    Dann sprach er weder ein Wort englisch noch französisch, was die Konversation nicht unbedingt erleichterte, weil Professor Zamorra wiederum bisher so selten nach Finnland gekommen war, daß er es nicht für nötig erachtet hatte, diese schwierige Sprache zu erlernen.
    Irgendwie schafften sie diese Hürde doch noch, und bei einem Schalter der Tourist Information Suomi wurden sie sogar mit ausgesuchter Höflichkeit behandelt. Der Mann hinter dem Tresen war wesentlich jünger als der hinter der Zollbarriere. Auch erwies er sich als polyglott. Sein Französisch konnte mit einem lustigen Akzent aufwarten.
    Tröstung schöpften Professor Zamorra und Nicole Duval aus diesem Umstand jedoch nicht. Nach wie vor brannte ihnen die Zeit auf den Nägeln. Doch der junge Mann konnte ihnen immerhin zu notwendigen Auskünften sowie zu einem Taxi verhelfen, das er über Funk vor das Flughafengebäude beorderte und das Zamorra und Nicole zum Bahnhof im Stadtzentrum bringen sollte. Helsinkis Flughafen ist davon etwas über dreißig

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