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0103 - Im Bannstrahl des Verfluchten

0103 - Im Bannstrahl des Verfluchten

Titel: 0103 - Im Bannstrahl des Verfluchten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franc Helgath
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erinnerte sich lediglich dumpf daran, daß dieses monströse Wesen ihm eine Art Pokal übergestülpt hatte und er in ihm versunken war wie ein schwerer Stein in der Mitte eines kalten tiefen Sees, um hier in dieser Hütte wieder zu erwachen.
    Ein anderer Ausdruck fand sich nicht für jene Behausung, in der man ihn untergebracht hatte. Um ihn herum unglaublicher Dreck und Gestank, als hätte man vor ihm ein Tier hier verwesen lassen. Der feuchte Boden war bedeckt von Unrat und vermodertem Stroh, aus dem sich neugierig immer wieder die schnuppernden Schnauzen von Ratten hoben, deren kleine, böse Augen ihn gierig anglitzerten. Mit fahrigen, unkontrollierten Bewegungen hatte er sie schon ein paarmal in ihre Verstecke zurückgescheucht, doch in der letzten halben Stunde wurden die Nager immer dreister. Seine Widerstandskraft erlosch mehr und mehr. Wie ein Grablicht, dessen Flamme dem Boden entgegenbrennt, um im eigenen Wachs zu ertrinken.
    Von der Landschaft draußen war nicht viel zu sehen, denn sie war durch eine hölzerne Palisadenwand verbaut. Kim Lisöjn konnte nur annehmen, daß er in einer Art Wehrdorf gefangengehalten wurde, wobei sein Verschlag direkt an der Außenwand errichtet war.
    Der Verschlag wurde obendrein streng bewacht. Die Wachen waren bisher zweimal gewechselt worden, und nachdem er noch bei Dunkelheit erwacht war, zog sich der Himmel jetzt wieder mit schwarzen Wolken zu. Das bedeutete, daß er bereits einen Tag hier ausgeharrt hatte, denn ein eigenes Gefühl für die Zeit war ihm schon längst abhanden gekommen.
    Dazu fühlte er noch den Hunger in seinen Gedärmen wüten, beinahe die Sucht nach etwas Warmem, das ihm das Gefühl geben würde, er lebte noch, so widersinnig seine ganze Umgebung auch war.
    Kim Lisöjn hatte eine Menge gelesen. Was er wußte, ließ nur den Schluß zu, daß er nicht mehr in seiner Zeit lebte, wenn er sich überhaupt noch auf dem heimischen Planeten befand.
    War letzteres der Fall, mußte diese dämonische Wesenheit in etwa die Zeit um die erste nachchristliche Jahrtausendwende zurückgeholt haben. Genau jene Ära also, in die er auch das Alter des von ihm gefundenen Schädelknochens eingeordnet hatte.
    Das wiederum bedeutete, daß er sich jetzt in einem Wehrdorf der »Fenna« befand, der Urbevölkerung Finnlands, die auf kulturellem Steinzeitniveau jedoch bereits die Seefahrt beherrschte. Ihnen wurden sogar noch kannibalistische Praktiken nachgesagt, und jüngsten Ausgrabungen zufolge war diese Vermutung gar nicht so abwegig.
    Zum unzähligsten Male an diesem Tage knirschte Kim Lisöjn mit den Zähnen. Eine größere Bewegungsfreiheit blieb ihm nicht, denn er war zu allem Überfluß auch noch gefesselt und von Stricken eingeschnürt wie eine altägyptische Mumie von ihren Leinenbändern.
    Hingeduckt wie lauernde Tiere standen weitere, jedoch größere und vor der Kälte verschlossene Hütten entlang der zugespitzten Palisadenwände.
    In der Mitte des quadratisch angelegten Gevierts erhob sich ein Bau, der als einziger aus Steinen errichtet war und im kargen Licht der Wintersonne sogar eine schmückende Ornamentik hatte erkennen lassen. Die Bewohner dieses Wehrdorfs kamen dem Bau nie näher als zehn Schritte. Für sie schien das eine Art Tabuzone zu sein, die man nicht betreten durfte.
    »Bei Thor!« hatte dieses Dämonenwesen gesagt, bevor es ihn vom Experimentiertisch wegholte. Thor, Odin, Wotan, alles altgermanische Gottheiten. Wahrscheinlich hatte er es hier doch mit Menschen aus der Wikingerzeit zu tun, doch dieser Gedanke barg keinen Trost für ihn.
    Wikinger waren sogar für abgebrühte Gemüter unvorstellbar grausam gewesen, wenn sie sich gegen ihre Feinde wandten.
    Und Freunde sperrte man nicht in einen zugigen Verschlag und ließ sie verhungern.
    Nein - Kim Lisöjn glaubte an keine Zukunft mehr. Er erhoffte sich allenfalls einen schnellen Tod, und gerade den schien man ihm nicht bereiten zu wollen.
    Er wurde für irgend etwas noch gebraucht.
    Aber für was?
    Als Menschenopfer für die archaischen Gottheiten dieses Volkes?
    Kim Lisöjn wunderte sich, daß er trotz der klammen Kälte und der Gefühllosigkeit seiner Glieder noch erschauern konnte.
    Draußen wurden die ersten Feuer entzündet. Gestalten scharten sich darum, die der Phantasiewelt eines auf Horrorfilme spezialisierten Maskenbildners hätten entsprungen sein können.
    Kim Lisöjn hätte wer weiß was darum gegeben, wenn plötzlich Jupiterlampen erstrahlt wären und die Megaphonstimme des Regisseurs

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