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0105 - Rückkehr aus dem Geistergrab

0105 - Rückkehr aus dem Geistergrab

Titel: 0105 - Rückkehr aus dem Geistergrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhart Hartsch
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ihn jetzt zurückgeben. Hören Sie?«
    Lapin wand sich wie ein getretener Wurm. Unter Ächzen und Stöhnen brachte er nur ein einziges Wort heraus: »Brunnen.«
    Nicole brach sofort in Tränen aus. Sie hielt die Lage für völlig verfahren. Niemals konnte jemand rechtzeitig genug das Amulett bergen. Und wie sollten sie den Rasenden stoppen? Den Scharfrichter aufhalten, wenn sie kein Amulett hatten?
    Zamorra gab sich keineswegs geschlagen.
    »Ich werde jetzt ein Experiment starten, das wirklich die Kräfte eines Menschen fast übersteigt. Nur solche, die das Talent dazu haben und über Jahre die Fähigkeit ausgebaut und trainiert haben, können auf Erfolg rechnen.«
    »Professor, soll das heißen…?«
    Nicole schlug die Hände vor das Gesicht.
    Zamorra nickte nur. Er rannte zum Brunnen und deckte ihn ab. Er hockte sich auf den Rand. Kreuzte die Beine und korrigierte seinen Sitz mehrfach, ehe er sich zufriedengab.
    Dann begann er zu meditieren.
    Ahnungslos kehrte er Lapin den Rücken zu. Er hielt ihn für ungefährlich. Hatte er doch seinen, Zamorras Willen, durchgesetzt. Zwar nicht den Fremdeinfluß durch Houdain gebrochen, aber ihn doch so neutralisiert, daß der Abbé willig mit ihm zusammengearbeitet und das Versteck preisgegeben hatte.
    Plötzlich setzte sich der Abbé in Bewegung. Unsicher, mit geschlossenen Augen näherte er sich dem Brunnen. Er steuerte Zamorra an, als reite er auf einem unsichtbaren Leitstrahl. Niemand hätte in einem solchen Zustand auch nur zwei Schritte tun können ohne zu stürzen. Lapin aber bewegte sich mit schlafwandlerischer Sicherheit. Er schien durch die geschlossenen Augendeckel sehen zu können.
    Nicole begriff plötzlich, welche Gefahr Zamorra drohte.
    Der Meister konzentrierte sich ganz auf sein Vorhaben. Mittels Telekinese wollte er das Amulett bergen. Niemand konnte sich etwa an der rostigen Kette abseilen, ohne sich umzubringen. Geschweige denn auf Anhieb in dem brackigen Wasser das Amulett finden.
    »Halt! Was machen Sie denn da?!« schrie Nicole, kaum, daß sie die Absicht des Abbé erkannt hatte.
    Lapin reagierte überhaupt nicht.
    Nicole stürzte zu ihm, versuchte, ihn an der Schulter zu packen, um den Mann zu stoppen. Unbeirrbar wie ein Panzer setzte Lapin seinen Weg fort. Er wehrte sich nicht. Aber er schüttelte die Hand einfach ab und näherte sich von rückwärts dem ahnungslosen Zamorra, um ihn in den tiefen Brunnen zu stürzen.
    Zamorra aber spürte nichts, nicht einmal die Kühle des Wassers. Er bemerkte nicht den fauligen Geruch des Wassers. Seine Sinne hatten sich von der Außenwelt abgewandt. Er konzentrierte sich auf seine Aufgabe. Er besaß keine Antenne mehr für die tödliche Gefahr, die ihm drohte in Gestalt des Abbés.
    Nicole sah ein, daß sie gröberes Geschütz auffahren mußte. Sie sprang Lapin von hinten an und riß ihn zu Boden. Unwillig, wie unter ungeheuren Schmerzen, machte sich der Abbé frei. Seine geschlossenen Augen waren noch immer auf Zamorras Rücken gerichtet. Er ließ sein Opfer keine Sekunde aus den Augen. Er war erfüllt von dem übermächtigen Drang, den Mann hinabzustoßen. Der Teufel mochte wissen, welche Trugbilder ihm Houdain suggerierte, daß der friedliche Abbé so etwas unternahm. Jedenfalls entwickelte er übernatürliche Kräfte. Er scheuchte das Mädchen fort wie eine lästige Fliege, kam auf die Knie und dann auf die Füße.
    Nicole in ihrer Not sah sich nach einer geeigneten Waffe um und entdeckte einen Knüppel, den Kinder irgendwann als Fahnenstange benutzt haben mochten. Außer einer Reihe rostiger Heftzwecken saßen noch Fetzen eines roten Tuches daran.
    Nicole schlug mit aller Kraft zu.
    Lapin reagierte nicht.
    Nicole wiederholte den Schlag. Der Knüppel zerbrach. Obgleich Lapin aus einer Kopfwunde blutete, ließ er nicht ab von seinem Vorhaben. Er verteidigte sich nicht einmal. Selbstmörderisch setzte er seinen Weg fort.
    Langsam streckte er die Arme aus.
    Da tauchte über dem Rand des Brunnens ein übernatürliches blaues Leuchten auf, kreisförmig. Der Talisman schwebte über dem Wasser.
    Und fast zärtlich nahm Zamorra ihn an sich. Er streckte seine Hand aus, als nehme er eine große Gabe entgegen. Der Reif sprang ihm förmlich zwischen die Finger, die sich langsam schlossen.
    Kaum aber berührte Zamorra das Amulett, da ging eine erstaunliche Wandlung mit ihm vor sich. Er erwachte mitten aus der Meditation zur Betriebsamkeit. War plötzlich wieder hellwach. Es war, als signalisiere ihm das Amulett die drohende

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