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0106 - Der Komet aus der Hölle

0106 - Der Komet aus der Hölle

Titel: 0106 - Der Komet aus der Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Appel
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Heiligen um das Jahr 1000 gegründet worden. In früheren Zeiten hatte es als eine Wunderstätte und ein Nationalheiligtum Scharen von gläubigen Pilgern angezogen, nach der Oktoberrevolution von 1917 war es in ein Museum verwandelt worden.
    Verschiedene Zerstörungen, zuletzt im 2. Weltkrieg, hatten die ältesten Gebäudeteile weitgehend vernichtet.
    Ein Tscheka-Hauptmann und zwei Soldaten mit Pelzmützen und Kalaschnikow-Schnellfeuerkarabinern warteten auf dem Stufenabsatz vor dem Eingang der Torkirche. Die Soldaten salutierten.
    »Genosse Dr. Kapnin«, meldete der Hauptmann, »das Höhlengewölbe steht zu Ihrer Verfügung.«
    Nikolaj Kapnin nickte. Er kannte sich hier aus. Zamorra, der seinen Handkoffer trug, Bill Fleming und der blasse schweigsame Major Techow folgten ihm, der Geheimdienst-Hauptmann in Zivil und die beiden Gefreiten schlossen sich an. Das Eingangstor fiel zu, der Lärm des Hubschraubermotors verstummte.
    Im Durchgangsgewölbe war es düster, über diesem, im Oberstock, befand sich das Kirchenschiff der Torkirche. Ein Eisengitter sperrte den Zugang zu den Höhlengewölben ab. Dr. Kapnin und seine Begleiter brauchten sich an dem Tisch, an dem die Eintrittskarten verkauft wurden, nicht aufzuhalten. An diesem Tag waren die Gewölbe für Besucher geschlossen, wie ein Schild in kyrillischen Buchstaben verkündete.
    Brennende Kerzen tauchten den großen Kuppelraum vor den Grabgewölben in ein lichtes Dämmer. Nikolaj Kapnin steuerte geradewegs auf jenen Höhlenabschnitt hin, in dem die Mumie des Popen Boromir bestattet war.
    Elektrisches Licht brannte in den Höhlen, die Luft war feucht und ein wenig stickig. In Nischen - manchmal befanden sich bis zu drei, vier übereinander - lagen mumifizierte Gestalten, einzeln oder zu mehreren, auf dem blanken Boden und in Sarkophagen.
    Viele Mumien waren überraschend gut erhalten, einige in kostbare Prunkgewänder gekleidet. In manchen Nischen standen Urnen oder waren Knochen aufgehäuft.
    »Warum zerfallen diese Leichname nicht?« fragte Bill Fleming flüsternd, so als befürchte er, jemanden zu stören.
    »Die Kalksteinhöhlen scheiden chemische Stoffe und Konservierungsgase aus«, antwortete Zamorra. »Eine Art Gerbsäure.«
    »Aha.«
    Der Pope Boromir hatte eine halbrunde Nische für sich allein. Sechs Kerzen brannten bei seinem Leichnam. Er lag auf einer Lederunterlage mit erhöhtem Kopfteil, seine Hände lagen über der Brust gefaltet. Gesicht und Hände waren dunkel, aber kaum vom Fleisch gefallen.
    Der Wundermönch hatte eine härene Kutte an. Ein langer, silbergrauer Bart fiel ihm bis auf die Brust, silbergraues Haar umrahmte sein Gesicht, das trotz der Mumifizierung vergeistigt wirkte.
    »Lassen Sie uns jetzt allein, Genossen«, forderte Dr. Kapnin den Tscheka-Hauptmann und die Soldaten auf.
    Als sie gegangen waren, bat Zamorra auch Nikolaj Kapnin und Jurij Techow, sich ein Stück zu entfernen. Nur Bill Fleming durfte bei ihm Zurückbleiben. Emst öffnete Zamorra seinen Handkoffer, den er die ganze Zeit mitgetragen hatte. Er war sich klar darüber, daß er etwas Schwerwiegendes tat, wenn er die Ruhe eines Toten störte. Aber er handelte nicht aus frevelhafter Neugier.
    Er legte mit tibetanischen Totenschnüren einen Kreis um die Mumie und besprengte sie mit dem Wasser der Quelle G’zath, die er bei einer Expedition ins Innere Afrikas aufgesucht hatte. Die Ruinen, in denen jene Quelle entsprang, sollten die der sagenhaften Stadt Ophir sein. Zamorra zeichnete mit Silberbronze ein Lebenssymbol auf die Stirn und die Herzgegend der Mumie.
    Er nahm sein Amulett, hob es empor und sprach eine streng geheime Beschwörungsformel. Nur ein innerlich gefestiger und integrer Mensch durfte sie aufsagen, denn mit einer Totenerweckung war eine starke geistige Erschütterung verbunden.
    Ein Durchschnittsmensch oder erst recht ein Labiler wäre dabei wahnsinnig geworden.
    »Boromir!« rief Zamorra mit in den Gewölben hallender Stimme. »Erhebe dich, das Leben kehre für kurze Zeit in dich wieder! Es gilt, eine dämonische Bedrohung von der Welt abzuwenden, darum, o Boromir, rufe ich dich!«
    Eine silbrige Aura umstrahlte Zamorras Amulett. Bill Fleming stand im Hintergrund und beobachtete gespannt. Er spürte, daß paranormale Kräfte pulsierten, daß Gewaltiges, geschah.
    Ein trockenes Husten erklang. Die mumifizierten Hände zuckten, die Augenlider des seit fast dreihundert Jahren toten Mannes bewegten sich. Boromir setzte sich auf, ein Leuchten umspielte für

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