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0106 - Hügel der Gehenkten

0106 - Hügel der Gehenkten

Titel: 0106 - Hügel der Gehenkten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Dämonen haben keinerlei Gefühle.
    Sie waren wie Roboter, die man auf das Böse programmiert hatte.
    Da sie keine Menschen waren, war es auch kein Mord, wenn man sie vernichtete.
    Der Gedanke zuckte plötzlich in ihrem Kopf auf, und Saffi erschrak selbst darüber.
    Aber ihr Vater war kein Mensch, sondern eine Bestie.
    »Weiter, weiter!« hetzte er den jungen Delinquenten. Er konnte es kaum erwarten, an den alten Galgen zu gelangen.
    Saffi blieb zurück.
    Sie war das schnelle Laufen nicht gewöhnt, ihr Atem ging schwer und keuchend. Manchmal stolperte sie auch oder rutschte nach hinten, denn das Gras war naß vom Tau der Nacht.
    Der Nachtwind bewegte sie hin und her. Von der Ferne aus betrachtet, sah sie ziemlich morsch aus.
    Sie hatte schon um Hälse unglücklicher Opfer gelegen, das wußte Saffi. Ihr Vater hatte immer wieder von diesem Hügel der Gehenkten gesprochen, wobei seine Augen glänzten wie im Fieber.
    Und nun wollte er selbst einen Mann aufhängen. Oder hatte er nicht schon Menschen gehängt? Sie hatte ihn nie nach seinem Alter gefragt, doch wenn man ihn reden hörte und wie er über die damaligen Dinge sprach, so mußte und konnte man annehmen, daß er in der Tat schon vor vierhundert Jahren gelebt hatte.
    Unglaublich – jedoch nicht unwahrscheinlich.
    Gulliver O’Flynn bedeutete Saffi viel. Obwohl sie ihn erst so kurze Zeit kannte. Aber er hatte sich ihr gegenüber anders benommen als die meisten Männer. Die wollten nur das eine, und wenn sie sich weigerte, wendeten sie Gewalt an.
    Aber Gulliver war so anders. So vornehm, ein regelrechter Kavalier, dachte sie.
    Und er sollte sterben!
    Am Galgen enden, wie ein schmutziger Verbrecher.
    Nein, das durfte nicht sein.
    Niemals.
    Sie hob den Kopf.
    Einige Schritte vor ihr liefen die beiden Männer. Nichts deutete darauf hin, daß sie Feinde waren, doch Gulliver stand unter dem Bann des Alten.
    Das Mädchen warf einen Blick nach links. In der Ferne – von ihr aus gesehen noch vor dem Dorf – tanzten zwei winzige Lichter.
    Dort rollte ein Fahrzeug die Straße entlang. Das nützte ihr auch nichts. Der Wagen würde in das Dorf fahren, und damit hatte es sich. Saffi war und blieb mit ihren Problemen allein.
    Plötzlich stolperte sie.
    Da der Hügel schräg nach oben lief, kam sie sehr schnell mit den ausgestreckten Händen auf und konnte sich gut abstützen. Dann erkannte sie den Gegenstand, über den sie gestolpert war.
    Ein Ast!
    Er war ziemlich dick, bildete auf die Spitze zu eine Krümmung und teilte sich dort wie eine Gabel.
    Saffi nahm den Ast auf. Dies geschah automatisch, ohne groß zu überlegen.
    Durch diese Unterbrechung hatten die beiden Männer einen etwas größeren Vorsprung gewonnen. Saffi beeilte sich, ihn aufzuholen.
    Und dann tat sie etwas, worüber sie noch nie in ihrem Leben überhaupt einen Gedanken verschwendet hatte. Sie sprang vor, hob dabei den rechten Arm und hieb wuchtig zu.
    Saffi traf genau.
    Das Astende knallte seitlich gegen den Kopf ihres Vaters. Sie selbst hörte den dumpfen Aufprall, und eigentlich hätte Ruuf jetzt von den Beinen gefegt werden müssen, doch er blieb stehen. Ja, er ging sogar noch zwei Schritte weiter.
    Dann drehte er sich um.
    Und er sah seine Tochter mit seinen grausamen Augen an und mit einem Blick, der Saffi bis in die Seele brannte.
    Sie stand starr vor Schreck. Der Ast rutschte ihr aus der Hand und fiel zu Boden.
    Ihr Vater aber öffnete seinen Mund. Ein dumpfes, grollendes Lachen drang aus seiner Kehle und schnitt bis in die Seele des jungen Zigeunermädchens.
    »Warum hast du das getan?« fragte der Alte, als sein Lachen abbrach. »Willst du auch hängen?«
    Saffi schüttelte den Kopf. Sagen konnte sie nichts, sie war einfach stumm.
    »Ich habe dich etwas gefragt!«
    Saffi hob den rechten Arm und deutete auf Gulliver O’Flynn, der stehengeblieben war und die Szene mit leerem Blick beobachtete. Er bemerkte überhaupt nicht, was vor sich ging. Der Student stand völlig unter dem Bann des Zigeuners.
    »Du wirst ihn hängen sehen«, flüsterte Ruuf rauh. »Du wirst zuschauen, und sobald er tot ist, knüpfe ich dich auf, denn du bist nicht mehr meine Tocher, du hast mich geschlagen.«
    »Aber ich…«
    »Kein Wort mehr, du kommst mit!«
    Da nickte Saffi. Unter dem Blick der kalten blauen Kristallaugen schmolz ihr Widerstand langsam dahin. Gehorsam wie ein Lamm folgte sie ihrem Vater.
    Bis zur Hügelkuppe war es nicht mehr weit. Schon gab es keinen grünen Rasen mehr, sondern nur verbrannte rostbraune

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