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0106 - Hügel der Gehenkten

0106 - Hügel der Gehenkten

Titel: 0106 - Hügel der Gehenkten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Fluch über meine Lippen. Doch an Aufgabe dachte ich nicht.
    Der Blickwinkel war schlechter geworden. Zudem hatte sich eine dicke Wolke vor den Halbmond geschoben, so daß ich die Szene auf dem Hügel kaum erkennen konnte.
    Doch das Schreien des Mädchens sagte mir genug.
    Die Kleine wehrte sich verzweifelt. Und jeder Angstschrei entfachte in mir neue Wut.
    Ich dachte auch nicht mehr an Destero, den gefährlichen Dämonenhenker, sondern nur noch daran, wie ich das Girl aus den Klauen dieser Bestie befreien konnte.
    Kamen wir zu spät?
    Hinter mir keuchte Bill. Dann aber hatte er eine ausgezeichnete Idee.
    »Schieß doch, John! Vielleicht hältst du sie dadurch ab!«
    Verdammt, das war gut.
    Ich riß meine Beretta hervor und feuerte.
    Die Kugel traf zwar keinen, jaulte nur in den Nachthimmel, doch die Tatsache, daß geschossen worden war, sollte den Henkern Warnung genug sein.
    Hoffte ich wenigstens.
    Die letzten Schritte!
    Zu beiden Seiten wich das Grün. Ich sah nur noch verbrannte Erde.
    Noch einmal nahm ich alle Kräfte zusammen, warf mich förmlich nach vorn und schaffte auch die restlichen Yards.
    Keuchend stand ich auf der Kuppe.
    Vor mir wuchs der Galgen in die Höhe. Und in der Schlinge baumelte der Tote, vom Nachtwind hin- und herbewegt, der auch durch meine Haare wühlte.
    Das Mädchen lag auf dem verbrannt wirkenden Boden. Es hatte seinen Kopf in den angewinkelten Armen vergraben und schluchzte. Von Destero und der anderen Gestalt war nichts mehr zu sehen.
    Als hätte die Erde sie verschluckt, so rasch waren sie verschwunden. Doch daß die hiergewesen waren, daran gab es keinen Zweifel. Sie hatten ein grausiges Erbe hinterlassen.
    Den Toten…
    Jetzt kam auch Bill. Keuchend und verschwitzt blieb er stehen, wobei er sich verwundert umschaute.
    »Wo sind sie?« fragte er.
    Ich hob die Schultern.
    Dann stand ich neben dem Gehenkten.
    Er war tot. Ihm konnte kein Arzt der Welt mehr helfen.
    Ich winkte Bill Conolly zu, der sich um das Mädchen kümmerte, und gemeinsam hievten wir den Toten aus der Schlinge.
    Ich ging bis zur anderen Seite des Hügels und hielt Ausschau nach den Flüchtlingen.
    Sie waren nicht mehr zu sehen.
    Die fernen Berge grüßten als dunkle, drohende Schatten. Menschen sah ich keine.
    Ich wandte mich wieder um.
    Das Mädchen hatte sich aufgesetzt. Aber sie saß so, daß sie den Toten nicht zu sehen brauchte.
    Bill Conolly redete beruhigend auf sie ein, während das Girl immer wieder den Kopf schüttelte.
    Der Reporter schaute mich an und hob die Schultern. Diese Geste brache seine gesamte Hilflosigkeit zum Ausdruck.
    Wir ließen der Kleinen Zeit, sich ein wenig zu erholen. Dann setzte ich mich neben sie und fragte: »Wie heißen Sie?«
    Das Mädchen ließ die Hände sinken und drehte den Kopf. Erst jetzt sah ich, wie hübsch sie war. Sie hatte ein feingeschnittenes Gesicht und große, dunkle Augen, über die sich jetzt allerdings ein Schleier aus Tränen gelegt hatte.
    »Ich bin Saffi«, flüsterte sie.
    »Und wie weiter?«
    »Nichts, nur Saffi.«
    Das Haar fiel ihr gegen das Gesicht, und sie strich den schwarzen Vorhang zur Seite. Ihre Wangen waren tränennaß. Sie tat mir leid, aber ich mußte sie unbedingt fragen, denn ich hatte durch Zufall einen meiner großen Gegner gesehen.
    Destero!
    Nicht zum erstenmal begegnete ich ihm. Als wir gegen die Augen des Grauens kämpften, hatte er sogar bei den Conollys im Garten gestanden, damals allerdings mit einem Schwert bewaffnet.
    »Wer ist der junge Mann?« fragte ich sie.
    Saffi weinte wieder. »Ein Freund«, schluchzte sie nach einer Weile. »Er hat mich geliebt, aber mein Vater wollte von unserer Verbindung nichts wissen, deshalb hat er ihn getötet.«
    Ich war schockiert, und das gab ich ihr auch zu verstehen.
    »Ich kann es ja selbst nicht begreifen«, gab sie mit schwacher Stimme zurück, »aber es ist eine Tatsache. Er wollte mich umbringen.«
    »Nur weil er gegen die Verbindung war?« hakte ich nach.
    »Nein, nicht nur, sondern weil er aus Tullverine stammte.«
    »Was ist das?«
    Bill sprang in die Bresche. »Das ist der nächste Ort, von dem wir die Lichter gesehen haben.«
    Ich wollte es genau wissen. »Stimmt das?« fragte ich das Mädchen.
    »Ja.«
    »Wer ist Ihr Vater?«
    »Ein Zigeuner.«
    »Also ein Mensch«, folgerte ich, »und kein Dämon.«
    »Doch.«
    Diese leise gesprochene Antwort überraschte mich. Das Mädchen Saffi gab zu, einen Dämon als Vater zu haben.
    Unglaublich.
    Darüber mußte ich mehr wissen.
    Auch Bill Conolly

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