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0106 - Hügel der Gehenkten

0106 - Hügel der Gehenkten

Titel: 0106 - Hügel der Gehenkten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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nickte. »Wie du willst«, erwiderte er.
    Der Henker drehte sich wieder und packte sein erstes Opfer.
    Schwer schlug seine Hand auf die Schulter des Mannes. Als wäre Gulliver ein Stück Holz, so leicht zog er ihn zu sich heran. Dann griff er auch mit der anderen Hand zu.
    Ruuf war gespannt. Leicht geduckt stand er da. Sein Mund hatte sich zu einem triumphierenden Grinsen verzogen. Endlich wurde seine Rache erfüllt.
    Saffi konnte gar nicht hinschauen. Sie stand nur da, hielt den Kopf gesenkt, während die Tränen wie Perlen an ihren Wangen entlangrannen. Sie fühlte eine völlige Leere in ihrem Inneren. Die Schrecken dieser Nacht waren übermenschlich.
    Desteros Hände glitten am Körper des Delinquenten hinab.
    Leicht hob er sein Opfer hoch, der Kopf näherte sich der Schlinge, wo er genau hindurchpaßte.
    Da brach der Bann bei Gulliver O’Flynn.
    Wild schrie er auf. »Nein! Nicht! Laßt mich! Ich will nicht sterben!«
    Seine Stimme schallte über das Land. All seine Angst, seine Verzweiflung brüllte er hinaus, doch niemand achtete auf sein Rufen. Keiner hörte ihn.
    Er strampelte mit den Beinen, schlug mit den Armen, wehrte sich gegen sein Schicksal.
    Ohne Erfolg.
    Destero war zu stark.
    Mit geübtem Griff und blitzschnell streifte er ihm die Schlinge über den Kopf. Mit der linken Hand hielt er ihn noch fest, mit der rechten prüfte er den Sitz der Schlinge, nickte zufrieden und trat blitzschnell zurück.
    Das alte Seil straffte sich.
    Saffi stieß einen erstickten Laut aus.
    Gulliver O’Flynn strampelte noch einmal mit den Beinen und hing dann still.
    Es war vorbei.
    Endgültig…
    Nur noch das Rauschen des Nachtwinds war zu hören. Er sang seine ewige Melodie, die zu einem schaurigen Todeslied geworden war. Der Hügel der Gehenkten machte seinem Namen wieder alle Ehre.
    »O Gott, o Gott«, stöhnte Saffi. Ihr schwindelte plötzlich, die Knie gaben nach, und sie stand kurz vor dem Zusammenbruch.
    Ruuf, der Schamane, lachte nur. »Siehst du, was mit denen geschieht, die sich gegen mich stellen?«
    Saffi gab keine Antwort. Das Grauen preßte ihr die Kehle zu. Sie konnte nicht mehr.
    Ihr Vater rieb sich die Hände. Seine kalten blauen Kristallaugen strahlten noch heller. Wie eine Lanze deutete sein magerer rechter Zeigefinger auf Saffi, als er zu Destero, dem Henker, sagte: »Und nun ist sie an der Reihe!«
    ***
    Wir rannten!
    Ein Mensch war in Not. Er hatte geschrien, und da gab es für uns kein Halten mehr.
    Bill Conolly hielt sich dicht an meiner Seite. Der erste Teil des Weges war gut zu schaffen, da das Gelände bergab führte. Dann aber wurde es schwieriger, denn wir erreichten den Beginn eines Hügels.
    Bill hielt sich neben mir. Plötzlich stieß er einen Fluch aus.
    »Was ist?« fragte ich.
    Der Reporter deutete zur Hügelkuppe hoch.
    Ich blieb stehen und folgte der Richtung. Plötzlich hatte ich das Gefühl, einen Herzschlag zu bekommen.
    Umwabert von Nebelfetzen stand dort – ein Galgen!
    Ich schluckte, wischte mir über die Augen und schaute abermals hin.
    Das schaurige Bild blieb.
    Aber nicht nur den Galgen sahen wir, sondern auch einen Menschen, der in der Schlinge hing.
    »Das ist doch nicht wahr«, flüsterte Bill entsetzt.
    Ich ersparte mir eine Antwort. Statt dessen interessierten mich die Personen, die um das schaurige Gerüst standen.
    Da war einmal ein Mädchen, das sich verzweifelt gegen einen Mann wehrte, der es gepackt hielt.
    Und die dritte Gestalt, die kannte ich.
    Es gab nur einen, der so aussah.
    Destero, der Dämonenhenker!
    Auch Bill Conolly hatte ihn erkannt und sprach flüsternd seinen Namen aus.
    Ich nickte.
    Meine Hand rutschte unter das Jackett. Ich wollte die Beretta hervorholen und schießen, doch für einen gezielten Schuß war die Entfernung zu groß.
    Das schaffte ich nicht.
    Es blieb eine Möglichkeit.
    Hinlaufen und zu retten versuchen, was noch zu retten war. Bevor wir starteten, hatte der Mann das Mädchen bereits nahe an die Schlinge geschleift.
    Jetzt hörten wir auch die Schreie. »Vater, bitte! Laß mich, ich bitte dich. Ich will nicht sterben!«
    Mir blieb die Luft weg.
    Da wollte ein Vater seine Tochter aufhängen! Gab’s das wirklich?
    Konnte jemand so grausam sein?
    Anscheinend doch. Und vielleicht war dieser Jemand gar kein Mensch, sondern ein Dämon. Das würde vieles erklären.
    Ich sprintete den Hügel hoch. So schnell, daß Bill Conolly kaum mitkam.
    Das Gelände stieg ziemlich steil an. Manchmal rutschte ich wieder zurück, und dabei glitt jedesmal ein

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