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0106 - Hügel der Gehenkten

0106 - Hügel der Gehenkten

Titel: 0106 - Hügel der Gehenkten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Erde. Und Saffi sah auch die in das Erdreich herausgestochenen Stufen, die zum Galgen hinführten.
    Beinahe leichtfüßig schritt Gulliver O’Flynn die natürlichen Stufen hoch. Er schien sich sogar auf die bevorstehende Hinrichtung zu freuen.
    Saffi zögerte noch. Sie wollte ihrem Schicksal nicht freiwillig entgegengehen.
    Hart packte der Alte zu. Seine Finger gruben sich in das Fleisch der Schulter. Mit einem heftigen Ruck stieß er das junge Zigeunermädchen vor.
    »Hinauf mit dir!« fauchte er.
    Jetzt gab es auch für Saffi kein Zögern mehr. Sie schritt die Stufen hoch. Den Kopf hielt sie dabei gesenkt. Fast berührte das Kinn ihre Brust. Nur nichts sehen, nicht dem Schicksal und auch nicht ihrem Verlobten ins Auge schauen.
    Die letzte Stufe.
    Links und rechts von ihr lagen einige kleine Totenschädel. Die Knochen schimmerten beigebraun. Der Zahn der Zeit hatte an ihnen genagt und sie schon vermodern lassen.
    Eine schaurige Umgebung.
    Hier pfiff der Wind stärker und brauste um das alte Holzgerüst des Galgens. Die Schlinge pendelte hin und her. Sie schwang direkt über Saffis Kopf. Wenn sie einen Blick hochwarf, dann schauderte sie zusammen.
    Das Holz des Galgens knarrte und ächzte. Saffi schien es, als würden die Seelen der Gehängten aufstöhnen in ihrer verzweifelten Qual.
    Sie schluckte. Ein dicker Kloß saß in ihrer Kehle. Nur zwei Schritte entfernt stand Gulliver O’Flynn. Wie auch Saffi, so wartete er auf seinen Tod.
    Nur schien ihm diese Lösung nichts auszumachen. Er schrie nicht, er wehrte sich nicht – er stand nur da, hatte den Kopf leicht erhoben und blickte auf die Schlinge.
    Der Bann des Alten hielt ihn fest.
    »Geh vor!« befahl Ruuf. Gleichzeitig gab er Saffi einen Stoß der sie zur Seite taumeln ließ.
    Sie fiel nicht hin, konnte sich fangen, und als sie wieder ihren Blick auf den Galgen richtete, hatte sich etwas verändert.
    Ihr Vater, der junge Mann und sie waren nicht allein. Aus dem Nichts war noch eine Person erschienen.
    Destero, der Dämonenhenker!
    ***
    Er mußte es sein.
    Ruuf hatte ihn oft genug beschrieben, und er sah genau so aus.
    Über seinen Kopf hatte Destero eine dunkelrote Kapuze gestülpt.
    Bis zum Bauchnabel war sein muskulöser Oberkörper frei. An den Beinen trug er eine enge Hose, seine Füße steckten in Stiefeln, die vorn schnabelförmig gebogen zuliefen.
    Von seinem Gesicht waren nur die Augen zu sehen. Kalt und gnadenlos schauten sie durch die beiden Schlitze. Saffi sah darin den Tod leuchten.
    Jetzt konnte ihr nichts und niemand mehr helfen. Destero war da und würde seine grausame Aufgabe erfüllen.
    Aber wo war er hergekommen? Wenn Saffi genauer hinschaute, sah sie Nebelfetzen um seine Gestalt schimmern. Sollte er aus diesem Nebel entstanden sein?
    So konnte und so mußte es sein. Für Saffi gab es keine andere Lösung.
    Ruuf blieb vor Destero stehen und verneigte sich so tief, daß sein Kopf fast den Boden berührte.
    »Die Zeit der Rache ist gekommen«, sagte er dabei. »Vierhundert Jahre haben wir warten müssen, nun ist es endlich geschafft. Ich bringe dir dein erstes Opfer, großer Destero. Weitere werden folgen. Ich hole mir alle aus dem Dorf, denn sie haben mich damals gejagt und dafür gesorgt, daß ich getötet wurde, doch eine unheilige Macht beschützte mich, und als ich das zweite Mal geboren wurde, gelangte ich in diesen, meinen Körper. Vergessen habe ich nichts. Im Gegenteil, klar und frisch sind die Erinnerungen an die Vergangenheit, die dir, großer Destero, ebenfalls bekannt sein müssen.«
    Der Henker nickte. »Ja, es stimmt«, grollte er unter seiner schaurigen Kapuze.
    Ruuf deutete auf Gulliver O’Flynn. »Nimm ihn, Destero, er soll dein erstes Opfer sein!«
    Der Henker drehte sich so, daß er durch die Augenschlitze seinen Delinquenten anschauen konnte.
    Unbeweglich stand Gulliver auf dem Fleck.
    Destero nickte, dann wandte er den Kopf und schaute Saffi an.
    »Was ist mit ihr?«
    »Sie ist meine Tochter«, erklärte Ruuf.
    »Und weshalb hast du sie mitgebracht?«
    »Weil sie auch sterben soll!« stieß der alte Zigeuner haßerfüllt hervor, und seine blauen Kristallaugen sprühten Blitze.
    Da war selbst Destero überrascht. Er sagte zwar nichts, doch es war seiner Reaktion anzusehen. »Wieso?« fragte er nach einer Weile und ging einen Schritt zurück.
    »Weil sie mich hintergangen hat. Sie wollte mich niederschlagen wie einen räudigen Hund, aber da ist sie bei mir an den Falschen geraten. Ich strafe sie mit dem Tod.«
    Destero

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