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0106 - Hügel der Gehenkten

0106 - Hügel der Gehenkten

Titel: 0106 - Hügel der Gehenkten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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aber im Magen ein wohliges Gefühl der Wärme.
    Ich nickte anerkennend.
    Ted Orvell stellte sein Glas hart zurück. »Sie werden sicherlich einige Fragen haben«, meinte er. »Ist es Ihnen recht, wenn wir noch eine kompetente Person an den Tisch holen, die die Geschichte des Dorfes am besten kennt?«
    »Natürlich«, antworteten Bill und ich wie aus einem Munde.
    Der Bürgermeister drehte sich und winkte der hexenartigen Frau.
    »Komm her, Alte«, sagte er.
    Die Frau kicherte und schlurfte näher. Als sie Platz genommen hatte, stellte Orvell sie uns vor.
    »Das ist die alte Kullina. Wenn sich jemand hier auskennt, dann sie. Sie weiß nicht nur über den Dorfklatsch Bescheid, sondern auch über andere Dinge.«
    Das war gut. Bevor ich die Frau jedoch fragte, erklärte ich, welch einen Job ich hatte.
    »Ein Exorzist«, kicherte die Kullina.
    »Fast«, lächelte ich.
    »Steht der Galgen schon?« fragte sie und beugte sich so weit vor, daß ich ihren Schweißgeruch wahrnehmen mußte.
    »Ja.«
    »Dann ist es soweit!« rief sie.
    »Moment.« Ich fiel ihr ins Wort. »Erst einmal möchte ich etwas sagen.«
    Die Alte schwieg.
    Ich berichtete, was uns widerfahren war. Beschönigte nichts und ließ auch nichts aus.
    Schweigend und aufmerksam lauschten die Menschen. Die Augen wurden immer größer. Bald standen auch ihre Mäuler offen, und in manchem Blick spiegelte sich die Angst.
    »So sieht die Lage aus«, sagte ich zum Schluß und nickte der Alten zu. »Jetzt sind Sie an der Reihe.«
    Die Kullina bestellte erst einmal einen Schnaps, den sie auch in doppelter Ausführung bekam. Dann begann sie zu erzählen, wobei sie hin und wieder an dem Glas nippte.
    »Vor vierhundert Jahren war es, da terrorisierte dieser Schamane unsere Gegend. Ich habe es in den alten Berichten gelesen. Er muß ein grausames Regiment geführt haben. Wer ihm nicht gehorchte, der wurde zum Galgenhügel geführt und dort gehängt. Aber nicht von dem Schamanen selbst, sondern von einem Henker, der immer auftauchte, wenn wieder ein Opfer fällig war. Dieser Henker traute sich nie in den Ort hinein. Er stand nur auf dem Hügel. Um Mitternacht, wenn der Mond sein kaltes Licht auf den Galgen warf, sah man ihn. Groß, mit einer blutroten Kapuze über dem Kopf. Und manchmal steckte in seinem Gürtel ein gewaltiges Richtschwert. Aber das hat er nie benutzt, er hat seine Opfer immer nur gehängt.«
    Ich fragte dazwischen: »Wie hieß der Schamane?«
    »Ruuf!«
    Saffi zuckte zusammen. »Ja«, hauchte sie, »das ist er. Das ist mein Vater.«
    Sie begann wieder zu weinen.
    Die Alte starrte das Mädchen mit einem Blick an, als wollte sie es fressen. »Hat dein Vater Ruuf geheißen?«
    »Sie haben es doch gehört«, antwortete ich anstelle des Girls etwas unwillig.
    »Dann ist er zurückgekehrt, so wie es die Geschichte vorherbestimmt hat.«
    »Erzählen Sie uns mehr darüber.«
    »Wie ich schon sagte, der Schamane hat es schlimm getrieben. Zahlreiche Menschen gehen auf sein Konto. Nie hat jemand etwas gegen ihn unternommen, aber dann faßten ein paar junge Mönche aus dem Kloster den Entschluß, seinem Treiben ein Ende zu bereiten. Sie fingen ihn und stachen ihm die Augen aus, bevor sie ihn töteten. Seit diesem Tage hatten die Menschen hier Ruhe, doch niemand vergaß, was der Schamane noch kurz vor seinem Tod angedroht hat.« Die alte Kullina senkte die Stimme jetzt zu einem Flüstern. »Irgendwann in ferner Zeit würde er in einem anderen Körper zurückkommen und furchtbare Rache nehmen. Er wollte das vollenden, was er in seinem ersten Leben nicht geschafft hatte. Alle Bewohner des Dorfes töten. Mit einem hat er begonnen, andere werden folgen…«
    Die Gäste hatten atemlos dem Bericht der Alten gelauscht. Jetzt duckten sie sich noch mehr zusammen, denn die letzten Worte waren ihnen unter die Haut gefahren. Und die alte Kullina nickte schwer.
    »Ja, so ist es«, murmelte sie, nahm das Glas und leerte es auf einen Zug.
    Der Bürgermeister schaute mich an. »Was meinen Sie dazu, Oberinspektor?«
    »Ich glaube daran.«
    »Auch an den Henker?«
    »Natürlich, wir haben ihn doch selbst gesehen.«
    »Was schlagen Sie vor?«
    Die Frage war gut. Über eine Antwort hatte ich mir bereits Gedanken gemacht, doch Bill Conolly kam mir zuvor.
    »Ich würde sagen, daß sich die Menschen nur in ihren Häusern aufhalten.«
    Ted Orvell nickte. »Was sagen Sie dazu, Oberinspektor?«
    »Haben Sie eine Kirche?«
    »Ja.«
    »Ist es möglich, daß sie die Bewohner dazu kriegen, sich eine

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