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0106 - Hügel der Gehenkten

0106 - Hügel der Gehenkten

Titel: 0106 - Hügel der Gehenkten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Einwohner von Tullverine warnen. Sie durften nicht mit offenen Augen in ihr Verderben rennen. Denn daß die beiden zurückkehren würden, war sonnenklar.
    Ich stand auf.
    Saffi schaute mich an. »Wo wollen Sie hin?«
    »Nach Tullverine.«
    Sie zeigte auf den Toten. »Und was geschieht mit ihm? Sie können ihn doch nicht liegenlassen.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Wir nehmen ihn mit.«
    Saffi preßte ihre Hand gegen die Lippen und begann wieder zu weinen. Ich nickte Bill zu.
    Der Reporter verstand.
    Gemeinsam hievten wir den Toten hoch, und Bill half mir, ihn über meine linke Schulter zu legen. Bevor wir gingen, warf ich noch einen Blick auf den Galgen.
    Dabei hatte ich das Gefühl, nicht zum letztenmal an diesem Ort gewesen zu sein.
    Darin sollte ich mich auch nicht getäuscht haben…
    ***
    Der Tote wurde schwer.
    Zu Beginn hatte sich die Last ertragen lassen, doch jetzt wurde sie zur Qual.
    Ich biß die Zähne fest zusammen. An eine Aufgabe dachte ich nicht. Ich wollte es durchstehen.
    Wir gingen auf direktem Weg dem Ort entgegen. Die Lichter schienen kaum näherzurücken. Meine Füße schleiften durch das Gras, schwer ging mein Atem.
    »Soll ich ihn mal tragen?« fragte Bill Conolly. Er hatte Saffi an die Hand genommen und schritt vor mir her.
    »Nein, es geht schon. Vielen Dank.«
    Das Zigeunermädchen hatte den Kopf gesenkt und weinte leise vor sich hin. Saffi hatte viel durchgemacht, mehr als ein Mensch vertragen konnte. Ein Wunder, daß sie nicht durchdrehte. Aber wer so ein Leben führte wie sie, der konnte Schicksalsschläge einstecken, ohne daran zu zerbrechen.
    Endlich gelangten wir auf die Straße.
    Für eine kurze Pause blieb ich stehen und merkte selbst, wie sehr ich schwankte. Die Strecke vom Hügel bis hierher hatte mich doch ziemlich geschlaucht.
    Saffi deutete nach links. »Dort hinten steht unser Zigeunerwagen«, erklärte sie.
    Ich schaute in die entsprechende Richtung und glaubte, die Umrisse zu sehen.
    »Ob er sich dort versteckt hat?« fragte Bill.
    Die Idee war gar nicht so schlecht. Aber die Zeit blieb uns nicht.
    Wir würden später nachschauen. Erst einmal ins Dorf und die Menschen warnen.
    Wir gingen in die entgegengesetzte Richtung. Ich spürte in meiner linken Schulter kein Gefühl mehr. Alles war taub, als würde es gar nicht mehr zu mir gehören.
    Die Straße wurde breiter. Einzelne Gehöfte schälten sich aus der Dunkelheit. Mehr Lagerschuppen und Heuschober.
    Dann sahen wir die ersten Häuser.
    Lichter hinter den Scheiben. Da die Uhr noch nicht Mitternacht zeigte, waren viele Menschen noch auf den Beinen. Nur draußen war niemand zu sehen. Irgendwo in der Ferne knatterte der Motor eines Zweirads. Dann wurde es wieder still.
    Saffi hatte erzählt, daß wir im Gasthaus sicherlich noch Menschen antreffen würden.
    Das war auch unser Ziel.
    Wir schritten durch den Ort. Unter unseren Füßen befand sich jetzt rissiges Pflaster, oft unterbrochen von reifengroßen Löchern, in denen noch das Wasser vom letzten Regen schwamm.
    Manchmal glaubte ich, hinter den Gardinen Bewegungen zu sehen, doch ich konnte mich auch getäuscht haben.
    Eine Kirchenglocke schlug an.
    Elfmal.
    Noch eine Stunde bis Mitternacht…
    Was würde sich an der Tageswende ereignen? Tauchten dann die beiden Dämonen wieder auf? Würden Destero und der Blinde erscheinen? Saffi hatte uns auch den Namen ihres Vaters genannt.
    Ruuf.
    Dieser Name weckte keine Erinnerungen in mir. Ich hatte ihn noch nie gehört. Er klang für mich seltsam fremd, irgendwie gälisch oder keltisch. Und ich wußte, daß bei diesen Völkern die Schamanen hoch im Kurs standen. Ihr Zauber sollte die Geschicke eines Stammes beeinflussen und die Mächte gütig stimmen.
    Wir sahen auch geparkte Wagen am Straßenrand. Die Fahrzeuge wirkten fast wie Fremdkörper. In der Dunkelheit sahen die Fassaden der Häuser grau und trist aus. Manche Dächer standen weit vor, einige hingen schief. Sie hatten Wind und Wetter Tribut zollen müssen.
    Schließlich erreichten wir die Ortsmitte.
    Und ich sah auch das Gasthaus.
    Es lag auf der rechten Seite des viereckigen Marktplatzes. An der rechten Seite des Hauses begann ein alter Zaun, in dessen Gefüge einige Latten fehlten. Hinter den Fenstern der unteren Etage brannte Licht. Über der Tür strahlte eine Laterne ein ovales Schild an.
    Burger’s Inn »Heißt der Wirt so?« fragte ich das Mädchen, als wir auf das Gasthaus zuschritten.
    »Keine Ahnung.«
    Ich nickte.
    Bill und Saffi hielten sich neben mir. Als ich vor

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