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0106 - Wir sprengten die Garde

0106 - Wir sprengten die Garde

Titel: 0106 - Wir sprengten die Garde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wir sprengten die Garde
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einem alten Schulkameraden, über den ich zufällig erfahren hätte, dass er hier arbeite. Er sei neu eingestellt, und ich wollte ihn überraschen. Um aber sicher zu gehen, dass er es auch wirklich sei, müsste ich ihn natürlich zuerst einmal sehen. Schließlich gäbe es ja viele Leute, die Harry Brest hießen.
    Das Girl schluckte alles. »Wir haben zwei Neue bekommen«, sagte sie freundlich, »der eine heißt Harry Brest, der andere Will Kendal. Sehen Sie«, sie deutete durch das große Schiebefenster, durch das die Speisen aus der Küche kamen, »dort hinten, der Mann, das ist Will Kendal.«
    Ich sah einen schmächtigen Burschen, der sich mit einem Berg von Geschirr abplagte.
    »Und dort kommt Harry Brest.«
    Ein breitschultriger Mann erschien neben Will Kendal. Er blickte zufällig zu uns herüber. Sekundenlang ruhten unsere Blicke ineinander. Dann wandte er sich gleichmütig ab.
    »Das ist er nicht«, sagte ich bedauernd und drückte dem Mädchen einen Geldschein in die Hand.
    »Aber mein Herr«, sagte sie errötend, »Sie brauchen mir doch dafür nichts zu geben.«
    »Lassen Sie schon gut sein«, winkte ich lächelnd ab, »Ist für die Brautschuhe.«
    Draußen steckte ich mir erst einmal eine Zigarette an. Diesen Will Kendal würden wir wohl streichen können. Der Mann sah allzu harmlos aus. Dagegen Harry Brest, das war schon etwas anderes. Der harte Blick seiner Augen hatte mich stutzig gemacht.
    Ich schlenderte langsam weiter. So ein Schiff hat viele Gänge,Treppen und Winkel. Es ist nicht ganz einfach, sich da zurechtzufinden. Ich kam auch ein wenig aus der Richtung und landete in einer Gegend, die ich noch gar nicht kannte. Gerade, als ich um eine Ecke herumwollte, sah ich Harry Brest eine Treppe heraufkommen. Ich ging sofort in Deckung.
    Brest ging nach der anderen Seite des Ganges und verschwand hinter einer Abzweigung. Er hatte mich nicht bemerkt. Ich flitzte hinterher und kam gerade noch zurecht, um ihn in eine Kabine eintreten zu sehen.
    Der Gang war leer, und ich huschte zur Kabinentür. Presste mein Ohr an das Holz.
    »Was willst du hier, Jim?«, hörte ich eine jugendliche Stimme sagen.
    Ein tiefer Männerbass antwortete ihm. »Sag den anderen, dass sie vorsichtig sein sollen. Dieser Frank Morris, der Jonny erschossen hat, schnüffelte vorhin in der Küche herum. Der Junge wittert vielleicht etwas und will sich zum Helden des Tages machen.«
    »Dann lassen wir ihn verschwinden.«
    »Unsinn, Ken, es ist anders abgesprochen. Unser Plan ist zwar durch Jonnys Versagen durcheinander geraten, wir müssen aber an ihm festhalten, bis O’Connor uns neue Nachricht zukommen lässt.«
    »Ich werde also Stufe eins durchgeben«, sagte Ken.
    »Ja, tu das. Ich muss gleich wieder weg. In der Küche passen sie gut auf, dass man sich nicht von der Arbeit drückt.«
    Ich hatte genug gehört und sauste den Gang entlang, bis ich einen Winkel fand, der mir ausreichend Deckung bot. Sekunden später verließ Harry Brest die Kabine.
    Man hatte ihn mit Jim angeredet. Es musste also Jim Butler sein. Und der andere war Ken Stanley. Das war ein unwahrscheinliches Glück. Drei Mann kannte ich nun also schon. Ich wartete, bis sich Jim Butler entfernt hatte und ging wieder zurück.
    Zaghaft klopfte ich an die Kabinentür.
    »Wer ist draußen?«, fragte Ken Stanley.
    »Der Steward«, antwortete ich. »Ich soll Ihnen ein Schreiben abgeben.«
    Die Tür wurde geöffnet, und ein junger Bursche stand vor mir.
    »Ken Stanley?«, fragte ich.
    »Ja.« Da merkte er seinen Fehler und erkannte mich. Er wollte die Tür zuwerfen, doch ich stemmte mich dagegen und drückte sie nach innen. Ein Blick überzeugte mich, dass niemand sonst anwesend war. Ich trat in die Kabine und warf die Tür mit dem Fuß wieder zu.
    Ken Stanley wollte in die Tasche greifen.
    »Lass das, mein Junge«, warnte ich ihn, »auf solche Bewegungen reagiere ich sauer.«
    »Was wollen Sie von mir?«, fragte Ken und versuchte, sich ein energisches Aussehen zu geben. Es sah wenig überzeugend aus. Er mochte ungefähr zweiundzwanzig sein, und es wunderte mich im Stillen, wie dieser junge Bursche an O’Connor geraten war.
    »Wir wollen uns ein wenig unterhalten. Setzen wir uns.«
    Ken Stanley rührte sich nicht.
    »Du kennst mich doch?«, fragte ich.
    »Ich habe Sie nie gesehen.«
    »Aber Jim Butler hat dir doch eben erst erzählt, dass ich Jonny Snyder erschossen habe.«
    »Ich kenne keinen Jonny Snyder und keinen Jim Butler«, sagte er.
    »Gut, wie du willst, dann muss ich

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